Unser größtes Abenteuer in Kolumbien haben wir uns bis zum Ende aufgespart: Seit wir realisiert haben, dass Kolumbien so ein seltsames, langgezogenes, trapezförmiges Stück Land am südöstlichen Ende hängen hat, welches bis zum Amazonas reicht, hat uns der Wunsch nicht in Ruhe gelassen, dorthin zu fliegen. Tatsächlich gehört Kolumbien nur ein kurzes Stück des Amazonas, welches es Peru in sicher nicht einfachen Verhandlungen abgerungen hat. Der Amazonas hat als Handelsweg wenig von seiner Bedeutung eingebüßt und Kolumbien muss mit allerlei Versprechungen gelockt haben was den Ausbau der Infrastruktur und den Erhalt dieses riesigen Naturschatzes betrifft.
Am südlichsten Ende Kolumbiens gibt es also eine kleine Stadt, Leticia, welche direkt an der Grenze zu Brasilien liegt und auf brasilianischer Seite als Tabatinga quasi nahtlos weitergeht. Offenbar kann man hier sogar ganz ohne Einreiseformalitäten über die Grenze gehen, was den Verkehr innerhalb der Zwillingsstadt erleichtert. Wir haben das aber nicht ausprobiert, sondern sind nach Ankunft am Flughafen schnurstracks Richtung Anleger, denn wir wollten ja noch viel tiefer in den Dschungel! Wir hatten von einer guten Freundin von mir den Kontakt zu Heike bekommen, die mit ihrem kolumbianischen Mann José ein Gästehaus in einem der indigenen Dörfer betreibt. Unser Ziel: San Martín de Amacayacu.
Vor Abfahrt: Marktvergnügen
Auch Schnellboote fahren nach Fahrplan (und das offenbar pünktlicher als wir es von anderen öffentlichen Verkehrsmitteln in Europa gewöhnt sind…) und daher hatten wir noch einiges an Zeit, bevor wir auf den Amazonas durften. Somit wurde aus unserem „schnurstracks“ ein „am Markt kann man bestimmt gut essen“. Gesagt, getan und nicht getäuscht. In einer kleinen Markthalle gab es neben allerlei wundervollem Obst, riesigen Amazonasfischen und frisch geschlachtetem Hühnchen in einer kleinen Garküche typisch brasilianische Gerichte. Wir Gringos haben mit unseren drei Wörtern Spanisch für viel Grinsen gesorgt, wurden aber ganz herzlich und zuvorkommend erst mit einer köstlichen Suppe, dann mit einem großen Teller voller Reis, schwarzer Bohnen, Gurke und wahlweise Fisch oder Rind versorgt. Halleluja war das lecker!
Gestärkt marschierten wir dann zum Hafen, der im Wesentlichen aus einigen schwimmenden Docks und allerlei verschiedenen Booten und Bötchen besteht, die sich am Ufer des Amazonas drängeln. Hier fiel Jans Blick dann auch das erste Mal auf Stelzenhäuser und ich glaube, in dem Moment war es schon um ihn geschehen und er dem Amazonas verfallen. In diesem Klima hat es wenig Zweck, Häuser aus Beton zu bauen oder direkt auf dem Boden. Da durch die Feuchtigkeit und den nahen Fluss immer alles in Bewegung ist, würden solche Häuser schnell Risse bekommen und irgendwann einstürzen. Also baut man kurzerhand aus Holz und auf Pfählen und gibt den Gebäuden damit wenigstens die Chance, mit dem Boden mitzuwandern.
Nun waren wir also mitten im Dschungel, am längsten und wasserreichsten Fluss der Welt und waren wie immer, wenn so etwas passiert, völlig perplex von der Organisation (und der Bürokratie), die es bis in die entlegensten Winkel unserer Erde geschafft hat: Jeder Fahrgast muss sich im Voraus anmelden und die Namen werden dann vor der Abfahrt einzeln aufgerufen und abgehakt. Heike hatte das dankenswerterweise übernommen, denn wir hätten ja nicht einmal gewusst, wo wir uns dafür hätten melden müssen.
Auf dem Amazonas
Das Gepäck „sicher“ auf dem Dach des Schnellbootes verstaut, die Plätze bis zum letzten Mann belegt, ging es los und wir mussten uns tatsächlich immer wieder die Augen reiben und uns gegenseitig daran erinnern: Wir sind wirklich auf dem Amazonas! Dieser Fluss ist so unglaublich groß und breit, dass es einem fast die Sprache verschlägt. Wüsste man es nicht besser, würde man auf den Fotos meinen, wir hätten einen See, und zwar einen verdammt großen, befahren.
Auf dem Fluss trieben kleine und größere Inseln aus Pflanzen vorbei, gelegentlich auch ein größerer Baumstamm. Krokodile und ähnliches sahen wir nicht, aber das hatten wir auch nicht erwartet. Zumal wir uns am Ende der Regenzeit hier befanden und der Amazonas damit seinen Höchststand hatte. (Wenn er auch mit knapp zwölf Metern Wasserstand noch drei bis vier Meter unter der zu dieser Jahreszeit eigentlich zu erwartenden Wassermarke lag. Stellt euch das mal vor: im Amazonas könnte gerade ein vierstöckiges Haus verschwinden!) Damit waren die niedriger gelegenen Gegenden natürlich völlig überschwemmt und die Tiere hatten noch mehr Platz, um sich zu verstecken. Im Gegenzug aber konnten wir umwerfende Landschaften genießen.
Willkommen im Dschungel
Das Schnellboot fuhr noch weiter den Amazonas hinauf, aber nach knapp zwei Stunden Fahrt mussten wir umsteigen in kleinere Boote, um einen Seitenarm, den Rio Amacayacu, hinaufzufahren. Hier lernten wir auch eine unglaublich nette und sympathische, vierköpfige englische Familie, die Gunnings kennen, die das gleiche Ziel hatten wie wir und mit denen wir in den kommenden Tagen viel Spaß haben würden.
Weitere 20 Minuten später wurden wir dann an der kleinen Landungsbucht San Martíns (in Wirklichkeit nicht mehr als ein paar Meter Sand am Wasser) von dieser großen, lebhaften, blonden Niederländerin begrüßt, die ich sofort ins Herz schloss.
Casa Gregorio
Das Gästehaus übertraf unsere größten Erwartungen. Nicht weil es so wahnsinnig luxuriös ist, sondern ganz im Gegenteil: Casa Gregorio befindet sich wirklich mitten im Dorf und sieht nicht anders aus als die Häuser, die die Einwohner für sich selbst bauen würden. Wände, Böden, Decken sind aus dunklem, tropischem Hartholz (hier darf man das, ist schließlich direkt vor der Haustür), die Dächer sind mit Wellblech verkleidet, um Wasser sammeln zu können und alles steht auf Stelzen. Überraschenderweise sind die Häuser sogar zweistöckig.
Die Einrichtung ist einfach und völlig ausreichend. Strom gibt es morgens und abends für ein paar Stunden, es sei denn der Mann, der den Generator bewacht, hat am Vorabend zu lange gefeiert, dann gibt es vielleicht erst mittags oder gar keinen Strom. Und wenn Kolumbiens Fußballnationalmannschaft bereits am Nachmittag ein Testspiel absolviert, dann läuft der Generator auch schon um 15:00, damit sich das ganze Dorf um die Fernseher scharen und lauthals mitfiebern kann. (Beide Fälle hatten wir während unseres Aufenthalts erlebt und beides hat uns einfach nur erheitert.)
An Internet war im Haus ohnehin nicht zu denken. Dafür musste man Richtung Fußballplatz laufen, der direkt neben der kleinen Schule und der noch kleineren Kirche liegt. Auf der anderen Seite des Platzes steht eine rote Telefonsäule. Dort gab es Internet. Manchmal.
Kurzum, das alles war einfach perfekt für unser Dschungelabenteuer!
Dorfleben
Bei einem ersten Rundgang durch San Martín lernten wir das Dorf ein bisschen näher kennen. Die Bewohner gehören dem Stamm der Tikuna an, sind also, auch wenn es zunächst nicht so aussieht, da viele von ihnen nicht anders gekleidet sind als die Menschen in der Stadt, Indigene Kolumbiens. Auch unsere Guides, die uns durch den Amazonas begleiteten, gehören dazu.
Beeindruckt hat mich vor allem das Miteinander der Menschen hier. Das Fußballfeld ist ein gutes Beispiel dafür. Nachmittags und abends ist das Feld fast ununterbrochen belegt. Es gab einen richtigen Plan, wer wann mit welcher Mannschaft spielen durfte. So war José beispielsweise jeden Tag von 16:00 bis 18:00 auf dem Platz. Und ein Großteil der restlichen Bewohner, jung und alt, trifft sich derweil hier zum Plaudern, Schauen und natürlich zum Surfen (die rote Telefonsäule, an der es den besten Internetempfang gibt, steht ja nebenan).
Auch sonst scheinen die Menschen ein tolles Gemeinschaftsgefühl zu haben. Die vielen Kinder spielen sowieso überall und in immer unterschiedlichen Gruppen. Und auch wir, die wir ganz klar als Ausländer zu identifizieren sind, wurden überall freundlich und mit einem Lächeln begrüßt.
Exkurs: Interessenskonflikte am Amazonas
Wie fast überall in Kolumbien gründet aber auch dieses scheinbar so einfache Leben auf einer sehr komplexen und widersprüchlichen Geschichte, die uns Heike am Abend versucht, näher zu bringen: Als Kolumbien diese Region in den frühen 1920er Jahren übernahm, ging das mit dem Versprechen einher, die Gegend zu entwickeln, also für Sicherheit und eine gewisse Infrastruktur zu sorgen. Das allerdings geht üblicherweise nur, wenn es vor Ort auch Menschen gibt und das war damals fast nicht mehr der Fall. Denn die von Europäern und anderen Neuankömmlingen mitgebrachten Krankheiten raffte fast die gesamte indigene Bevölkerung dahin.
Um wieder eine belastbare Population aufzubauen und einige Siedlungen zu etablieren, siedelte die Regierung daher einfach Indigene aus anderen Teilen des Landes hierher um. Dass diese Menschen trotzdem kaum Rechte besaßen, versteht sich von selbst. Jahrzehnte später besann sich der Staat aber plötzlich seiner Ureinwohner und derer prekären Lage (nicht nur im Amazonasgebiet). 1991 erhielten sie dann im Zuge einer neuen Verfassung so etwas wie grundlegende Rechte und vor allem einen Schutzstatus. Unter anderem konnten sie ihre Länder wieder für sich beanspruchen und kein Außenstehender durfte Ihnen dort hineinreden.
Was aber tut man, wenn die eigenen Vorfahren eigentlich aus ganz anderen Teilen des Landes stammten? Beantragt man, dass einem die Gebiete rund um die jetzigen Siedlungen zugeschrieben werden – schließlich lebt man hier auch bereits seit ein paar wenigen Generationen – oder die Ländereien, auf denen die Vorfahren früher gewohnt haben, wohin man heute aber kaum noch Verbindung hat? Ein Dilemma, welches am Amazonas in einer sehr unpräzisen Formulierung des Antrags resultierte und weshalb der Staat mehr oder weniger nach Gutdünken entschied, welche Gebiete nun (wieder) den Indigenen gehörten.
Um das Schlamassel perfekt zu machen, hatte die Regierung bereits 1975 große Teile des Amazonas zu einem Nationalpark gemacht. Dieser überschnitt sich nun teilweise mit dem, was den Indigenen zugeschrieben wurde. Wessen Rechte (und Pflichten) aber wiegen stärker – die der Indigenen oder die des Nationalparks? Dürfen die Indigenen tatsächlich alles auf ihren Ländern tun oder darf der Nationalpark Bedingungen stellen?
Wir haben an dem Abend noch recht lange mit Heike darüber diskutiert, denn eine einfache Lösung zu diesem Problem gibt es nicht. Es läuft wohl darauf hinaus, dass alle Beteiligten immer wieder und sehr viel miteinander reden müssen, damit weder die Bevölkerung noch die Natur zu sehr leiden. Umso mehr, als die Indigenen mit Hilfe der mündlich überlieferten Geschichten der Stammesältesten und moderner GPS-Technologie erst jetzt die richtigen Grenzen ihrer hiesigen Länder kartografiert haben und diese Gebiete ebenfalls zugeschrieben bekommen möchten.
In diesen Prozess sind Heike und vor allem José eng eingebunden und für uns war es gut nachvollziehbar, wie spannend das für sie sein muss. Denn hier am Amazonas geschieht gerade etwas, was in den meisten Gegenden der Welt bereits vor Jahrzehnten, wenn nicht Jahrhunderten passiert ist. Das birgt natürlich die Chance, manches besser zu machen. Am Ende aber wird es immer ein Interessenskonflikt sein, der im schlimmsten Fall dazu führt, dass sowohl den Menschen als auch der Natur (und damit natürlich indirekt wieder den Menschen) großer Schaden zugefügt wird.
Mit all diesen Gedanken im Kopf erlebt man ein Abenteuer wie das unsere am Amazonas noch einmal ganz anders. Dass der Regenwald und der Fluss unendlich wichtig für unseren Planeten und dass sie nach wie vor und trotz aller Schutzmaßnahmen stark gefährdet sind, wussten wir ja bereits vorher. Mit diesem zusätzlichen Aspekt der Interessen der Indigenen im Kopf ging es an den folgenden Tagen mitten hinein in die wunderbare Dschungel- und Flusslandschaft.
Von laufenden Bäumen und rosa Delfinen
Und was für schöne Erlebnisse wir hatten! Nordwestlich ging es durch die Nebenarme und die überfluteten Gebiete des Amazonas nach Puerto Nariño. Dabei fuhren wir auch durch einen Wald von wandernden Bäumen. Das ist nicht nur ein netter Name, die Bäume wandern tatsächlich, indem sie in eine Richtung immer wieder neue Wurzeln ausbilden, und sich so langsam fortbewegen. Leider entschied sich der größte von ihnen vor nicht all zu langer Zeit, in sich zusammen zu fallen. Die noch aufrecht stehenden, bzw. laufenden Bäume reichten aber aus, um eine fast magische Stimmung zu erzeugen.
Auch die berühmten Flussdelfine des Amazonas haben wir zu Gesicht bekommen. Im Amazonas schwimmen sogar zwei verschiedene Spezies: Eine Art, die ältere von beiden, sieht etwas seltsam aus mit einer nur kurzen Rückenflosse und einer großen Beule am Kopf, die als Sonar fungiert. Diese Delfine färben sich im Laufe ihres Lebens von grau zu rosa um. Es gibt Exemplare, die sind komplett rosa! Leider sind sie ziemlich scheu und springen auch nicht viel, so dass wir sie nur einmal erahnen konnten.
Mit der anderen Gattung, den grauen Delfinen hatten wir mehr Glück. Diese sehen ihren Verwandten auf dem offenen Meer deutlich ähnlicher und leben auch noch nicht so lange im Amazonas. Auch sie färben sich manchmal rosa, das beschränkt sich allerdings auf den Bauch. Zu unserer Freude springen diese grauen Delfine auch gerne mal ein bisschen. Zwar war der Fotoapparat trotzdem nicht schnell genug, aber auf Video haben wir ein paar von ihnen „erwischt“!
Von leckerem Eis und Naturkundeunterricht
Puerto Nariño selbst ist ein etwas größeres Dorf mit 2.600 Einwohnern, dessen größte Sehenswürdigkeiten ein Wasserturm, der als Aussichtsturm dient, hausgemachtes Eis und ein kleines, niedliches Unterwassermuseum sind.
Der Wasserturm ist nett, aber die eigentliche Attraktion ist das phantastische Eis, welches darunter verkauft wird. In Kolumbien wird die Rohmasse für solches hausgemachtes Eis übrigens in Plastikbecher gefüllt, in welches ein Holzstäbchen gesteckt wird, bevor das alles gefroren wird. Ein bisschen erinnerte mich das an das Fruchtzwerge-Eis, welches wir früher als Kinder gemacht haben.
In dem Unterwassermuseum duften wir leider keine Fotos machen. Wir hatten nämlich etwas völlig anderes erwartet, als das, wohinein wir dann eintauchten und hätten euch das gerne auch gezeigt: Das Museum besteht aus nur zwei Räumen. Im ersten schweben Pappmascheefiguren der verschiedenen Tiere, die im Amazonas leben. Wenn man diesen Raum betritt, dann fühlt man sich wirklich ein bisschen, als wäre man unter Wasser. Im Nebenraum sind dann verschiedene kunstvolle Figuren ausgestellt, die all die Legenden symbolisieren, die am Amazonas erzählt werden. Leider reichte unser Spanisch nicht aus, um diese richtig zu verstehen, aber unsere Fantasie hatte angesichts der Figuren leichtes Spiel. All das ist sehr liebevoll und ansprechend ausgeführt und präsentiert.
Die Organisation, die das Museum betreibt, hält auch Vorträge in den Schulen des Departamentos und organisiert Veranstaltungen, um nicht nur den Kindern die Notwendigkeit nahezubringen, diese Lebensräume zu schützen.
Nächtlicher Streifzug
An unserem zweiten Abend stand noch eine Nachtwanderung auf dem Programm. Diese führte eigentlich nur einmal um das Dorf San Martín herum, also auch durch die Obst- und Gemüsegärten, die natürlich ganz anders aussehen als bei uns (ich sag nur: Bananen- und Papayabäume!). Trotzdem ist es spannend, so durchs Dunkel zu stapfen. Vom Regenguss am Tag war der Boden noch glitschig-matschig und wir lernten die zur Verfügung gestellten Gummistiefel jetzt so richtig schätzen. Neben der berühmten Nacht-Ananas (kleiner Scherz) sahen wir allerhand kleines Getier, welches sich nachts heraustraut (oder vielleicht durch das Taschenlampenlicht nur sichtbarer wird). Darunter einige Spinnen, sogar eine Tarantula und eine kleine Schlange, die sich aber schnell durchs Geäst aus dem Staub machte. Auch ein paar Stabinsekten, etwas, das aussah wie ein wandelndes Blatt und ein oder zwei Echsen fanden wird. Eins unserer Highlights war allerdings ein seltsames, weißes larvenähnliches Tier, nicht länger als 5 mm, welches sich schützt, indem es so lange weißen Schaum ausblubbert, bis es darin völlig verschwindet. Was auf den ersten Blick aussieht wie Eier von irgendeinem Insekt ist in Wirklichkeit das Blubberblasen“haus“ dieses kleinen Kerlchens.
Von Primärwald und Fischereiversuchen
Hatten wir bisher vor allem die überfluteten Gebiete und den Dschungel darum herum gesehen, ging es am folgenden Tag noch weiter hinein in dieses grüne Chaos. Wir durften etwa zwei Stunden durch Primärwald wandern. Dieser völlig unberührte Wald sieht auf den ersten Blick vielleicht nicht so spektakulär aus, aber das hier ist die echte „grüne Hölle“, wobei ich unser Erlebnis nicht als Hölle bezeichnen würde, ganz im Gegenteil. Während wir immer tiefer hineintauchten begleiteten uns das Gebrüll einer Gruppe Affen, die wir in dem Dickicht jedoch nie richtig zu Gesicht bekamen. Überhaupt hätten wir nicht nur dort vermutlich an fünf Tapiren und sieben Faultieren vorbeilaufen können, ohne sie auch nur zu erahnen.
Zurück im Boot suchte unser Guide Frank eine ruhige Stelle und wir durften unser Anglerglück versuchen. Jan und ich werden wohl keine großen Angler werden und müssten uns im Dschungel auf rein pflanzliche Nahrung beschränken. Frank aber zog nach einer halben Stunde einen kleinen Katzenfisch aus dem Wasser. Er war allerdings so nett und fragte uns, ob wir ihn behalten wollten oder zurückschmeißen. Wir votierten für Letzteres (er war ohnehin viel zu klein, um eine vernünftige Mahlzeit abzugeben, sagte Jan.) Danach sagte ich allerdings nichts mehr, als die Fische meinen Köder abnagten und zog es vor, einfach nur den nackten Haken ins Wasser zu halten.
Wenig später hatte Frank erneut Glück und angelte einen Piranha! Diesmal überließen wir ihm die Wahl über das Schicksal des Fisches. Piranhas kann man allerdings nicht einfach den Haken aus dem Maul holen, während sie noch zappeln. Warum, liegt vermutlich auf der Hand. Das kleine Raubtier musste sich daher im Wasser allein freizappeln, was ihm auch erstaunlich schnell gelang.
Von Aras und Affen
Das Schöne an so einem Angelausflug ist die Ruhe, die einen dabei umfängt. Auch die Natur um einen herum scheint irgendwann vergessen zu haben, dass man dort sitzt und vor sich hinträumt. Alsbald jedenfalls zog eine kleine Schar Aras über uns hinweg und ließ sich lauthals schreiend in einem Baum in der Nähe nieder. Verschiedene andere Vögel gesellten sich hinzu, inklusive der von Jan so heißersehnten Tukane. Und schließlich zog sogar eine Gruppe Affen scherenschnittartig durch die Bäume.
Töpfern wie die Indigenen
Auch an diesem Abend gab es noch Programm. Eine der Dorfbewohnerinnen kam vorbei und brachte etwas Ton mit. Sie ist zusammen mit einer anderen Frau derzeit noch die einzige, die dort das Handwerk des Töpferns betreibt. Das liegt daran, dass aus einem Grund, der sich uns leider nicht erschloss, der Ton als etwas Böses angesehen wurde. Kleine Kinder und Schwangere beispielsweise durften nicht in die Nähe der Lehmgruben. Heute wird das wohl nicht mehr so eng gesehen und weil durch die Touristen eine vermehrte Nachfrage nach Töpferkursen und -produkten herrscht, bildet sie nun auch weitere Frauen zu Töpferinnen aus. Jan und ich durften ebenfalls beide ein Gefäß töpfern, welches nun im Amazonas mindestens eine Woche von der Sonne gebacken, anschließend poliert und zum Verkauf angeboten wird.
Nicht Lebewohl, sondern auf Wiedersehen!
Unsere Tongefäße konnten wir zwar nicht mitnehmen, Heike überreichte uns zum Abschied am nächsten Morgen aber völlig überraschend ein anderes Souvenir: Zwei wunderschöne Armbänder, die aus Samen und Blattfasern gefertigt wurden. Sie sagte, wir seien noch Armband-Jungfrauen und sollen, wenn wir wiederkommen, den ganzen Arm voll haben. Ja, wiederkommen wäre wirklich schön und wenn es nach uns geht, dann werden wir das definitiv tun, vielleicht sogar im Rahmen eines etwas längeren Volunteerings?
Wenn man eure Bilder und Video so sieht, weiß ich jetzt auch warum die Wakenitz auch Amazonas des Nordens genannt wird. Gut Delfine und Papageien gibt es da nicht. Aber die Vegetation ähnelt sich schon sehr. Schöner wäre die Bootsfahrt bestimmt noch gewesen, wenn das Boot nicht so laut gewesen wäre. Aber für ein Kayak ist die Strömung wahrscheinlich zu doll.
Klang wieder nach einen tollen Erlebnis. Und wenn die Weltreise so weitergeht, dann könnt ihr euch später gar nicht mehr für ein Land entscheiden…..
Ja, die Motorengeräusche wird man leider so bald nicht los. Dafür sind vor allem auch die Strecken zu lang. Wenigstens im wandernden Wald, bei den Delfinen und beim Angeln sind wir lange ohne Motor vor uns hingetrieben.
All unsere bisherigen Erlebnisse fanden ja in Kolumbien statt, also ist die Wahl noch sehr einfach. ? Aber ich weiß, was Du meinst…
Boah, jetzt bin ich wirklich neidisch. Aber Moment, hieß es nicht mal irgendwann, dass eure Artikel kürzer werden als meine? ?
Puh, lass das bloß nicht Jan hören. Nachdem ich geschimpft hatte, dass er so lange Artikel schreibt, breche ich hier alle Rekorde. ? Der Amazonas ist es aber auch wert, oder?
Jep, ist er. ? Könnte ruhig noch länger sein. An den Bildern kann man sich nicht satt sehen und der kleine Film ist wunderbar. Motorengeräusch störte mich nicht weiter, das Gluckern des Wassers und die Sicht über den Bug des Bootes hinweg vermittelten den Eindruck, ich säße mit darin. Aras , rosa Delfine, Affen, Spinnen, was habt ihr für ein Glück, das alles sehen zu können. Exoten frei in der Natur, jetzt weißt du, warum ich den Zoo nie mochte .? Die Stelzenhäuser gefallen mir auch sehr, was habt ihr schon für verrückte Quartiere gehabt, das allein ist ja schon ein Abenteuer.
Ach und da gibt es noch eine Kleinigkeit: Falls ihr an Bio-Kokosöl kommt (das feste), dann kaufen, eincremen, ist nicht nur super für die Haut, sondern wehrt auch stechende und beißende Insekten ab, die mögen den Geruch nicht. ?
Hallo Mama,
das ist ein guter Tipp, mal schauen, ob wir hier etwas bekommen. Sollte ja möglich sein bei so vielen Kokospalmen. Die Mücken und Bremsen sind nämlich schon ziemlich fies. Gerade sind wir in Quito, das liegt so hoch, dass es wenig Viehzeug, aber das wird sich ja bald wieder ändern.
Hallo ihr zwei, das Video ist schon toll – man bekommt einen Eindruck vom Amazonas-Urwald. Besonders spannend war es, als der Motor aus war, und man die Geräuschkulisse hörte. Andreas platzt übgrigens vor Neid wegen der Flussdelfine…..
Hallo Steffi,
leider kommt man ohne Motorboot nicht so weit auf dem Amazonas, aber wir haben die Momente, in denen der Motor aus war, auch am meisten genossen. Es ist wirklich beeindruckend, wie laut es im Urwald tatsächlich ist. Und dann erst nachts – da muss man einen gesunden, tiefen Schlaf haben.
Wir kommen übrigens gerade von den Galápagos-Inseln zurück. Vielleicht zeigst Du Andreas den Blogeintrag dazu (folgt bald!) besser nicht, sonst platzt er womöglich wirklich 😉
Ihr Lieben, wir beneiden Euch um Eure Erlebnisse, auch wenn das wahrscheinlich nicht “unsere” Gegend wäre. Aber die kommt ja noch (Ozeanien…) und freuen uns, dass Ihr uns so nahe daran teilnehmen lasst. Alles Liebe
Micha und Barbara
Hallo Ihr zwei,
mal sehen, vielleicht schaffen wir es ja noch, Euch auch für Südamerika zu begeistern 😉 Mein absolutes Highlight haben wir nämlich gerade erst erlebt und bald folgt auch der Blogeintrag. Ich glaube, das wäre auch etwas für Euch gewesen…
Ansonsten freuen wir uns riesig darüber, dass Ihr uns folgt und den Blog genießt!
Alles Liebe, derzeit aus Quito!