Fleurieu Peninsula & McLaren Vale

Fleurieu Peninsula & McLaren Vale

 

Da das Wetter zunehmend ungemütlicher wurde, hatten wir uns am Vortag dagegen entschieden, eine Nacht im Nationalpark zu verbringen. Wir nutzten die Zeit lieber, um ein gutes Stück näher an Adelaide heranzukommen.

So waren wir also auf einem gerade noch gratis Campingplatz auf der Fleurieu Peninsula gelandet. Um aus Richtung Coorong Nationalpark hierher zu kommen hätten wir eigentlich einen großen Umweg fahren müssen. Zwischen dem Park und der Peninsula tummeln sich nämlich allerlei Flüsse und natürliche Häfen und es gibt fast keine Brücken.

Deshalb standen wir auch irgendwann am Nachmittag unverhofft vor offenem Wasser, und das, obwohl wir brav dem Navi gefolgt waren. Einziger Weg hinüber: Die Fähre, die gerade abgelegt hatte. Na super, das würde uns ja ein Vermögen kosten. Zu allem Überfluss war nirgends eine Informationstafel zu sehen. Also fragten wir zwei Einheimische, die nebenan ihren Hund bespielten. Die erklärten uns doch glatt, dass die Fähre kostenfrei sei! Und sogar 24 Stunden am Tag durchfährt!

Der Wochenendspielplatz von Adelaide

Die Fleurieu Peninsula liegt direkt südlich von Adelaide und ist ein beliebtes Ausflugsziel für Wochenendler. Kein Wunder, befinden sich hier doch einige der besten Weingüter Südaustraliens, sowie Oliven- und Mandelplantagen. Etwas weiter östlich gibt es Surfstrände, nette kleine Städtchen und viele Aussichtspunkte, von denen man Wale vorbeiziehen sehen kann. Die Küste wird deshalb auch Encounter Coast genannt, also „Küste der Begegnungen“

Wir befanden uns leider außerhalb der Walmigration, die nur bis maximal Oktober geht, machten uns also keine Hoffnungen auf Wale. Einen kleinen Halt an der Küste wollten wir aber trotzdem machen, bevor es zum Wein ging.

Victor Harbor und Granite Island

Victor Harbor ist das größte Städtchen an der Encounter Coast und war kein großer Umweg. An diesem Wochenende war es hier noch trubeliger als sonst, denn das alljährliche Schoolie Festival fand gerade statt. Dies ist eine Veranstaltung für alle Highschool-Absolventen des Jahres der näheren, sowie weiteren Umgebung. Im Grunde heißt das, dass die Stadt von Jugendlichen in Schuluniform und Feierlaune überrannt wird. Trotz der strengen Auflagen bezüglich Alkoholkonsums kommt es natürlich immer wieder zu Exzessen, aber davon bekamen wir erst im Radio etwas mit. Wir waren ja nur für einen kurzen Ausflug hier.

Der führte uns auf das Victor Harbor vorgelagerte Granite Island. Eine 632 Meter lange Brücke verbindet die Insel mit dem Festland. Diese Strecke kann man nun zu Fuß zurücklegen oder eine Pferdekutsche auf Schienen nehmen. Richtig gelesen! Wir entschieden uns zwar für die sportlichere Variante, aber vor allem deshalb, um einen besseren Blick auf die Kutsche zu haben, als sie an uns vorbeifuhr.

Auf Granite Island selbst soll es eine Pinguinkolonie geben, für die wir natürlich zur falschen Uhrzeit dort waren, und Seelöwen. Letztere waren ebenfalls gerade unterwegs. Kein Wunder bei der inzwischen wieder einsetzenden Wärme. Immerhin ein steinernes Exemplar hielt noch Wache. Und die Aussichten auf dem Rundweg über die Insel waren auch so bezaubernd.

Dazwischen lockerten verschiedene Skulpturen die Wanderung auf. Wie das bei Kunst so ist, muss man nicht alles mögen und ein paar Stücke trafen auch nicht unseren Geschmack. Die wirkten ganz einfach fehl am Platz. Andere wiederum begeisterten uns, denn diese fügten sich perfekt in die Umgebung ein, nahmen Bezug auf sie und die eine oder andere hätten wir beinahe übersehen. Ein tolles Zusammenspiel zwischen Natur und Kunst.

Die erste Weinverkostung seines Lebens

Mit Meeresluft in der Nase wollten wir nun Richtung McLaren Vale, dem unbestrittenen Herz der hiesigen Weinregion. Weit kamen wir allerdings erstmal nicht. Die Alexandrina Cheese Company lockte uns und nach einer kleinen Kostprobe dort nahmen wir ganz einfach die nächste Einfahrt zu einer Winzerei.

Das war jetzt zwar noch nicht das McLaren Vale, aber was soll’s! Jan sollte endlich seine erste Weinverkostung bekommen, hatte ich beschlossen. Nachdem ich im Yarra Valley Wein trinken durfte, war er nun an der Reihe, auch wenn er sich anfangs sichtlich unwohl fühlte. Aber auch deshalb reist man: Um Neues zu erleben und zu lernen und um wenigstens ab und zu seine Komfortzone zu verlassen.

Für die erste Weinverkostung seines Lebens war dieser spontane Abstecher genau richtig. Wir fanden uns nämlich in einer kleinen, gemütlich eingerichteten Scheune wieder. Die sympathischen Besitzer vom Mt Jagged Wines schenkten selbst aus und legten Wert auf Ungezwungenheit und Authentizität. Als sie hörten, dass es Jans erste Verkostung sei, freuten sie sich richtig.

Die Weine von Mt Jagged Wines ließen ebenfalls nicht zu wünschen übrig. Sie waren – zumindest Jans Urteil zufolge – angenehm zu trinken und ausreichend verschieden, dass nicht alles gleich schmeckte. Hier mochten wir sogar den Sparkling Red, quasi einen roten, süßen Perlwein. Dies ist eine Besonderheit Australiens und für europäische Geschmäcker eher gewöhnungsbedürftig. Im Yarra Valley fanden wir den noch richtig gruselig, aber hier war der Sparkling Red weniger pappsüß und deutlich erfrischender. Das richtige Getränk zu Weihnachten! Kurzerhand erstanden wir eine Flasche, um sie gut gekühlt am Heiligen Abend zu öffnen, wenn es hier wahrscheinlich über 30 °C sein würden.

Die ersten Tropfen des McLaren Vale

Nachdem dieser Einstieg in die Welt der guten Weine so gut gelungen war, hatte Jan durchaus Lust auf mehr, dann aber bitte wie geplant im McLaren Vale. Auf Gutdünken fuhren wir den ersten Ausschank an, dessen Name immerhin auch in unserem Reiseführer genannt wurde: Alpha Box & Dice. Die haben keine eigenen Weinfelder, sondern kaufen von ausgewählten Weinbauern die Ernte, um diese dann zu Wein zu verarbeiten. So können sie viel experimentieren und sich quasi das Beste vom Besten aussuchen. Zumindest wurde uns das so erzählt.

Geschmacklich überzeugten Jan die Weine nicht so sehr. Aber immerhin ist die Weinverkostung dort ein Erlebnis, denn nicht nur die Räumlichkeiten sind verspielt-alternativ, sondern auch die Labels der Flaschen. Diese werden von immer wieder anderen Künstlern und Designern gestaltet. Ein bisschen erinnerte uns das an das Garage Project, diese Craftbeer-Brauerei in Wellington, in die Maja so gerne geht.

Da alle Ausschänke – wie überhaupt die meisten Geschäft in Australien, mit Ausnahme von Supermärkten – um 17:00 schlossen, sputeten wir uns nun ein bisschen. Als dritte und letzte Weinstation für heute kehrten wir bei Foggo ein, was anfangs wenig einladend war, weil der Besitzer doch sehr mürrisch wirkte. Vielleicht wollte er einfach nur Feierabend machen, aber das ganze Ambiente wirkte etwas altbacken. Wie eine alte Fußball-Dorf-Kneipe, in der noch die Wimpel von 1970 hängen.

Immerhin wurde der Winzer etwas gesprächiger, als wir über Umwege aufs Tauchen zu sprechen kamen. Da taute er so richtig auf und erzählte uns die dollsten Horrorgeschichten über Haibegegnungen und dergleichen. Es zeigt sich immer wieder: Man muss nur das richtige Thema finden, schon kitzelt man aus jedem Menschen eine Geschichte heraus.

Abendkonzerte

Leicht betüdelt ließ sich Jan von mir auf den nächsten Campingplatz bringen. Der war zwar beinahe ausgebucht, abends aber gespenstisch verlassen. Alle Urlauber, so die Besitzerin des Platzes, waren auf einem von gleich zwei Rockkonzerten. Uns sollte es recht sein. Aus der Ferne bekamen wir sogar etwas von einem der Konzerte mit und wir hatten die offene Küche (mit gleich drei Barbecue-Platten!) für uns.

Auch das abendliche Konzert von geschätzten 500 Kakadus, die sich mit der Abenddämmerung in den Bäumen niederließen, genossen wir allein. Und das ist ganz und gar nicht sarkastisch gemeint! Diese Vögel mögen zwar laut sein, aber solche Konzerte wünschte ich mir auch daheim. Wenn mehrere hundert weiß gefiederte Schreihälse sich über einem ihr Nachtlager suchen, dann möchte man mit niemandem tauschen. Das ist einfach unbeschreiblich toll.

Weiter geht’s!

Als wir im Yarra Valley waren, durfte ich mich zwei Tage durch die Weine dort kosten. Gleiches wollte ich nun auch Jan ermöglichen. Also ging es in aller Frühe weiter. (Ja, beim Weinverkosten muss auch mal die 12:00-Regel gebrochen werden.) Die erste Winzerei an der wir vorbeikamen und die um die Uhrzeit schon geöffnet hatte war Gemtree. Beim Betreten wurde uns allerdings etwas unwohl. Alles so fein und schick hier! Da kamen wir zwei abgeranzte Backpacker uns ordentlich fehl am Platze vor.

Aber Rückzieher galten nicht, also forsch voran. Und siehe da: Der Chef des Ausschanks war ebenfalls Deutscher! Auch wenn dieser über die gesamten anderthalb Stunden, die wir dort waren, nicht so richtig locker wurde – das muss wohl am Amt liegen – entspann sich schnell ein sehr interessantes und kurzweiliges Gespräch. Wir lernten beide allerhand über den Weinanbau. (Auch, dass man diesen nach dem Mondkalender betreiben kann, was sich äußerst positiv auf die Qualität auswirke. Wir lassen das mal so stehen.)

Ganz nebenbei bekam Jan ein paar unglaublich gute Weine zu kosten. Bei manchen musste ich zumindest auch einmal nippen, so genial rochen die! Und neben dem Pinot Noir und dem Shiraz, die wir in Australien bereits sehr zu schätzen gelernt hatten, gehört der Cabernet Sauvignot nun auch zu meinen Lieblingsrebsorten. Zumindest der südaustralische.

Zum Abschluss im McLaren Vale

Zwei Tipps für die heutige weitere Weinreise hatten wir von dem Herrn bei Gemtree bekommen: Zu den Kay Brothers und zu Samuel’s Gorge sollten wir noch gehen. Bei beiden soll es wunderliche, alte Herren geben, die nicht nur Inhaber bzw. Gründer der jeweiligen Winzerei sind, sondern echte Unikate, die trotz ihres fortgeschrittenen Alters noch gerne den einen oder anderen Wein ausschenken. Leider haben wir beide nicht kennenlernen dürfen.

Dafür haben wir aber bei Kay Brothers noch einmal wirklich hervorragenden Wein getrunken und uns so in einen Portwein verliebt, dass wir glatt eine Flasche erstehen mussten. Mal sehen, wie wir die nach Deutschland bekommen. Der Port wird, wie auch Muskatwein, der mir aber wie immer viel zu süßlich-schwer war, in großen Fässern direkt hinter der Theke angesetzt. Darum gibt es zu beiden auch nur Durchschnittsalter: Oben kommt neuer Wein drauf, unten wird abgezapft. So ist das, was man dann zu trinken bekommt, irgendwas zwischen 30 und 2 Jahre alt.

Bei Samuel’s Gorge dann schmeckten die Weine irgendwie alle gleich. So zumindest Jan’s vernichtendes Urteil. Dafür aber war die Aussicht umso schöner. Wie in Italien an einem lauen Nachmittag haben wir uns gefühlt.

Alles in allem war also Jans erster Ausflug auf unbekanntes Weinterrain (und ganz weit raus aus seiner Komfortzone) ein voller Erfolg und ich glaube, er hat durchaus Lust auf mehr bekommen. In den meisten Fällen geht sowas ja doch viel legerer zu, als man vorher dachte. Da dürfen dann sogar Backpacker mittrinken.

Deutsche Wurzeln

Die Küstenorte auf der Fleurieu Peninsula sagten uns alle nicht zu. Zu sehr fühlte ich mich dort wie in einem Ostseekurort. Zu windig war es mir außerdem. Und auch wenn Port Noalunga eine weitere Empfehlung gewesen war, hatte es mir dort überhaupt nicht gefallen. Vielleicht war heute einfach nicht mein „Ostseekurort“-Tag.

Wir beschlossen jedenfalls flugs, wieder ins Landesinnere zu fahren und zwar zu einem Ort, von dem uns im Gegenzug schon beinahe abgeraten wurde, weil er so touristisch sei. Wir wagten es trotzdem, denn wenn man schon einmal in der Nähe der ältesten noch erhaltenen deutschen Siedlung Australiens ist, dann muss man als Deutscher einfach einen Blick riskieren.

Tatsächlich hat Hahndorf eine ganz spannende Geschichte: 1839 wurde es von lutherischen Flüchtlingen aus Preußen gegründet, die bald auch in die Umgebung expandierten. Während des ersten Weltkrieges wurde Kriegsrecht über Hahndorf verhängt. Man fürchtete wohl, die australischen Nachkommen deutscher Einwanderer, die ihr Heimatland verlassen hatten, weil sie dort aus religiösen Gründen um ihr Leben fürchten mussten, könnten plötzlich ungeahnte Vaterlandsliebe entwickeln. Hahndorf wurde sogar in „Ambleside“ umbenannt, bekam seinen alten Namen aber interessanterweise 1935 zurück.

Und das heutige Hahndorf? Ja, es ist kitschig und ja, es gleicht manchmal fast einer Parodie auf Deutschland. (Oder wie soll man das mit den „German hotdogs“ a.k.a. Bratwurst im Brötchen sonst verstehen?) Aber die Häuser entlang der Hauptstraße sind wirklich nett und das eine oder andere Schaufenster hielt eine witzige Überraschung für uns bereit. Kurz vor Ladenschluss (natürlich um 17:00) huschten wir noch schnell in eine Bäckerei hinein. Hier gab es zwar keine Rumkugeln, dafür aber Schweinsohren, die fast wie in Deutschland aussahen, allerlei Interpretationen von deutschem Apfel- und Käsekuchen, ein bisschen beinahe deutsches Weihnachtsgebäck, aber leider, leider kein vernünftiges Brot. Na, was soll’s. Dann halt ein süßes Teilchen auf die Hand.

4 Comments

  1. Die Hoffnung auf richtiges Brot haben wir schon vor einigen Monaten aufgegeben, von daher hielt sich die Enttäuschung glücklicherweise in Grenzen.
    Um dem entgegenzuwirken haben wir uns bei unseren Freunden Jutta und Sven auch schon eine ordentliche Brotzeit gewünscht, nachdem wir zurückkommen. 🙂

  2. Jan sieht aber schon ganz professionell aus, bei seiner ersten Weinverkostung.
    Hahndorf ist sicher auch irgendwie skurril, sieht eher nach Mischmasch aus, denn nach typisch deutschem Dorf.
    Auch die Fensterauslage ist ja nicht unbedingt deutsch ?.
    Ein netter Ausflug war es aber ganz bestimmt.

    Kirsten55
    1. Es war ein sehr spannender Ausflug, auch wenn Hahndorf wirklich wenig Deutsch ist, trotz aller Mühe die sie sich sort geben.

      Profiweinverkoster? Na ja, die Haltung vielleicht. Die Zunge hält in jedem Fall nicht mit einem Profi mit. Eher mit einem Holzklotz.

      Jan

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