Die letzte Nacht war eine unruhige. Nur weiß ich nicht, ob ich mich wirklich darüber beschweren kann. Denn die Störenfriede, die immer wieder unsere Nachtruhe gestört haben, waren zwei Kiwis und zwei Pfaue. Ja, richtig: Wir haben Kiwis gehört! Ja, auch richtig: Es gibt an diesem Campingplatz neben einer Menge Schafe mit sehr, sehr knuffigen Lämmern auch Pfaue. Und die können laut sein.
Aber nur keine Müdigkeit vorschützen, denn heute sollte Gletschergucken auf dem Programm stehen! Also auf Richtung Süden zu den zur World Heritage Area gehörenden Gletschern Fox und Franz Josef. (Kleiner Exkurs in Gletscherbenamsungskunde: Eigentlich hießen diese beiden Gletscher einmal Victoria und Albert, was zumindest zu einander passte. Dann aber kam Mitte des 18. Jahrhunderts ein vermutlich österreichischer Geologe des Weges und benannte einen der Gletscher einfach um, nach dem damaligen österreichisch-ungarischen Kaiser. Wenige Jahre später besuchte dann der Premierminister William Fox die Gegend und prompt durfte auch der zweite Gletscher neue Namensschilder beantragen. Ja, so schnell kann es gehen, wenn man sich als Gletscher nicht wehren kann.)
Leider war die Wettervorhersage für heute ziemlich durchwachsen. Genau genommen brauchte es für diese Erkenntnis keine Vorhersage: Es regnete beständig und ordentlich kalt war es zudem. Wir warfen daher (und nach Konsultation der örtlichen i-Site am Franz Josef Glacier – wir lieben diese Informationszentren inzwischen geradezu!) unsere Pläne um und entwarfen neue: Um den Tag noch maximal zu nutzen, würden wir heute zum Fox Glacier wandern. Der sollte eventuell sichtbar sein, trotz der niedrig hängenden Wolken. Den Franz Josef wollten wir uns dann am nächsten Tag vorknöpfen.
Fox Glacier
Dick eingemummelt und uns nach einem Regenschirm sehnend machten wir uns auf den Fußmarsch zum Aussichtspunkt, von dem man den Gletscher sehen können sollte. 1,3 Kilometer geht es zunächst beständig und später steil bergauf. Die Landschaft ist geprägt von Geröll und steilen Berghängen und zumindest in diesem Wetter eher beeindruckend als wirklich schön. Immer wieder kamen wir an Stellen vorbei, an denen Erdrutsche große Geröllhaufen aufgeworfen hatten. Einen Großteil des Weges war Stehenbleiben aufgrund der Erdrutschgefahr sogar verboten – und das bei dieser Steigung, wenn man doch zu gerne mal stehenbleiben und Luft schnappen würde!
Ein bisschen abwechslungsreicher wurde der Weg dadurch gestaltet, dass in unregelmäßigen Abständen Informationstafeln darauf aufmerksam machten, bis wo der Gletscher vor gar nicht so langer Zeit noch ragte. Auch wenn es – für Gletscher in jüngerer Vergangenheit eher untypisch – auch immer Phasen des Wachstums gegeben hat, ist das Eis insgesamt doch rasch und vor allem deutlich zurückgegangen. Der Gletscherrand der 1970er Jahre liegt viele hundert Meter vor der Aussichtsplattform (und die wiederum ist immer noch einen halben Kilometer vom Gletscher entfernt). Und noch nie war der Gletscher so klein wie heute. Ein eindrückliches, alarmierendes Beispiel für das, was sich klimatechnisch auf unserem Planeten tut.
Lake Matheson
Am Gletscher standen wir noch im Regen, jetzt klarte es langsam auf. Außerdem war bereits der Nachmittag hereingebrochen. Es gab also keine Ausrede mehr, nicht auch noch zum Lake Matheson zu fahren. Dieser ist eigentlich ein Gletschersee, aber durch die Ablagerungen von Erde, Blättern und Humus hat sich sein Wasser dunkel gefärbt. An klaren, windstillen Tagen wird er darum zu einem bildschönen Spiegelsee, in dem sich Mount Cook und Mount Tasman spiegeln. Die besten Chancen dazu soll man frühmorgens und abends haben.
Der gut einstündige Spaziergang um den See war wirklich schön und führte wieder durch ganz unterschiedliche Vegetation. Lange Zeit sahen wir gar nichts vom See, weil wir durch grünen Regenwald liefen. Dann plötzlich zu unserer Linken ein Steg hinunter ins Wasser und: perfekte Spiegelungen! Kein Wunder, dass Fotos des Lake Matheson geradezu ikonisch für Neuseeland sind.
Franz Josef Glacier
Auch für den Franz Josef gibt es Aussichtspunkte. Wir hatten uns aber für einen anderen Weg entschieden, um einen Blick auf diesen Gletscher zu erhaschen. Am kommenden Tag, mit glücklicherweise zunächst besserem Wetter, nahmen wir den Alex Knob Track in Angriff. Sechs Kilometer geht es nur bergauf, 1.000 Höhenmeter insgesamt.
Wir stiegen wieder durch verschiedenste Vegetationszonen: Zunächst durch Regenwald, dann irgendwann, als wir bestimmt schon zwei Stunden unterwegs waren, wichen die moosbehangenen, verschlungenen Bäume urplötzlich kleineren Bäumen ohne Moos. Dafür trug jeder von ihnen mehrere große Aufsitzerpflanzen. Und kurz darauf wechselte die Szenerie wiederum drastisch: Nun liefen wir durch karge, kleine Büsche und bald säumten nur noch Gräser und ähnliches unseren Weg.
Nach einem letzten, sehr anstrengenden Kilometer standen wir schließlich oben auf dem Alex Knob und erhaschten noch einen kurzen Blick auf die unter uns (!) liegenden Zunge des Franz Josef Gletscher, bevor sie wieder hinter dichten Wolken verschwand. Wie gut, dass wir bereits beim Aufstieg immer mal wieder einen super Blick auf sie hatten. Denn ab jetzt wurde das Wetter auch wieder ungemütlicher – passend für den langen, langen Abstieg.
All die steilen, steinigen Stellen und die Baumwurzeln, die wir auf dem Hinweg hochklettern mussten, all die tiefen Schlammlöcher durften wir nun abwärts wieder – vorsichtig, vorsichtig – überwinden. Ich gebe zu, ich war ein wenig erleichtert, als wir wieder flachen Boden unter den Füßen hatten und das sogar vor dem Regen! Wie gut, dass wir uns so früh aus unserem Camperbett gequält hatten.
Und unseren Campingplatz am Meer hatten wir uns jetzt wirklich verdient!
Hihi, den Alex Knob Weg hab ich auch ein ganzes Stück hoch gemacht. Der ist recht…abenteuerlich. Aber den Fox Glacier hatte ich damals nicht gesehen. Da habt ihr ja wirklich zwei gletscherreiche Tage gehabt. Schade, dass das Wetter so schlecht war…
Naja, wir haben das beste draus gemacht und hatten ja zwischendurch doch ein wenig Glück mit dem Wetter. Wer weiß – wenn es den ganzen Tag über sonnig gewesen wäre, hätten wir am Lake Matheson vor lauter Menschen vielleicht nicht so tolle Fotos machen können.
Aber der Alex Knob ist wirklich abenteuerlich. Rein vom Gelände her sicher einer der anspruchsvolleren Wanderungen, die wir hier gemacht haben.
Wieder sehr schöne Scherenschnittbilder ^^ wie lange habt ihr für das Türmchen gebraucht? Um wieviel Uhr geht bei euch zur Zeit die Sonne unter? Gab es da einen Unterschied zur Nordinsel?
Das Türmchen hat glücklicherweise jemand anders für uns gebaut. Wir haben nur mit dem bereits vorhandenen Material gearbeitet. ? Es war aber auch zu kalt, um es dort für größere Bauprojekte auszuhalten.
Zur Zeit geht die Sonne gegen 19:30 / 20:00 unter. Der Unterschied zwischen ganz oben und ganz unten beträgt etwa 20 Minuten. Die größte Umstellung hatten wir eigentlich, als vor ein paar Wochen die Sommerzeit eingeläutet wurde. Hier werden dann nämlich auch die Uhren verstellt. Das gibt uns jetzt abends mehr Zeit, um einen Campingplatz für die Nacht zu finden, was echt gut ist und unsere Tage deutlich entspannt hat.
was für eine verwunschene Landschaft in der ihr da unterwegs seid! Da kann man sich vielleicht sogar verlaufen,wenn auch noch Nebelschwaden aufziehen. Ihr hattet aber Glück mit der Sicht auf die Gletscherzungen.
Diese lange Wanderung war sicher anstrengend aber bei diesen schönen Fotos hat es sich doch gelohnt!
Alles Gute! OKarin
Der Tongariro Alpine Crossing ist wirklich nicht zu unterschätzen, vor allem wegen des Wetters. Wie Du schon geschrieben hast, kann es richtig schnell umschlagen, neblig werden und/oder schneien. Wer dann nicht vorbereitet ist oder rechtzeitig umgedreht ist, der kriegt mächtig Probleme. Leider haben wir einige Leute dort oben gesehen, die waren überhaupt nicht vorbereitet: Nur Sneaker an den Füßen und einen halben Liter Wasser dabei. Die hatten Glück, dass das Wetter so gut durchgehalten hat. Ein paar Tage später, als dieses schlechter war und dann auch rasant umschlug, ist tatsächlich wieder ein Tourist dort umgekommen. Ein Todesfall, der vermeidbar gewesen wäre. Wir hatten uns vorher genau informiert und waren gut vorbereitet. Darüber waren wir später, als wir von diesem Unglück hörten, umso erleichterter.
Die Spiegelbilder sind ja genial. Und diese tief hängenden Wolken, schöne Fotos wieder einmal. Und noch mehr Türmchen.
Zu eurem Trost: Hier wird es jetzt immer kälter und nasser, so dass es nicht mehr sehr angenehm ist. Nach dem Wahnsinnssommer bekommen wir vielleicht einen ebenso extremen Winter, während ihr langsam aber sicher in die Wärme reist.
Eigentlich kann man ja aus jedem Wetter etwas machen, mindestens ein gutes Foto.
Aber auf den Sommer freuen wir uns schon riesig! Wir haben gerade ein paar Tage “Probesommer” genießen dürfen. Da war ich fast so weit, die lange Hose einzumotten. Aber jetzt fahren wir wieder durch schönsten Regen… So abwechslungsreich wie die Landschaft ist in Neuseeland halt auch das Wetter.