Die Südwestküste ist die Gegend, die zu den abgelegensten in Neuseeland gehört. Geographisch gesehen ist die nur kurz The Coast, also „die Küste“ genannte Region eigentlich noch recht zentral gelegen. Die „südlichen Alpen“ aber trennen sie effektiv vom Rest des Landes. Kaum Einwohner, nur eine einzige Straße, die den südlichen Abschnitt der Westküste mit dem Rest verbindet (und die erst 1965 eröffnet wurde!) und natürlich kaum Telefon- geschweige denn Internetempfang. Trotzdem gehört die Westküste auf den Reiseplan jedes Neuseelandreisenden. Und wenn man Einheimische nach ihren Tipps für die Südinsel fragt, sagen 95% von ihnen: Fahrt die Westküste runter!
Nur so bis ganz ans Ende dieser Küste fahren kaum Besucher. Hinter dem Haast Pass geht es eigentlich noch ein ganzes Stück weiter, bis man dann an die Jackson Bay kommt. Aber das liegt den meisten wohl zu weit ab vom Schuss. Wir jedenfalls wollten diesen dem Vernehmen nach sehr schönen Straßenabschnitt nicht verpassen und machten die Jackson Bay zu unserem heutigen Etappenziel.
Ship Creek
Neuseeland wäre aber nicht Neuseeland, wenn wir auf dem Weg dorthin nicht noch an dutzenden Fotomotiven und pittoresken Stopps vorbeigefahren wären. Gerade die Küste wird nicht müde, uns immer wieder neue, schöne Buchten und Klippen zu zeigen.
Einer unserer Stopps führte uns zur Ship Creek. An diesem wilden, einsamen Strand gibt es gleich zwei sehr schöne, informative und glücklicherweise kurze Spaziergänge. (Wir hatten heute ja noch etwas vor!) Der erste führte uns mitten hinein in ein Sumpfgebiet, welches einigen der letzten zusammenhängenden Kahikatea-Beständen eine Heimat gibt. Diese auch als „weiße Pinien“ bezeichneten Bäume sind die höchsten Neuseelands und bedeckten ehemals riesige Flächen im ganzen Land.
Dieses Land wurde jedoch von den europäischen Siedlern als Weide- und Ackerland benötigt. So wurden die Kahikatea-Bäume zu abertausenden gefällt und die Sümpfe trockengelegt. Später, mit dem Aufblühen der lokalen Milchwirtschaft, machten ihr leicht zu bearbeitendes Holz und ihr langer, gerader Wuchs sie zu bevorzugtem Baumaterial für Transportkisten. Käse und Butter wurden in diesen bis in die ganze Welt verschifft. Ein demütigendes Ende für so majestätische Bäume.
Ganz besondere Delfine
Die zweite kurze Wanderung könnte kontrastreicher nicht sein. Sie führte nämlich durch die Dünen, über eine dahinter liegende Lagune und am Strand entlang. Der Strand selbst ist schon etwas besonderes und ich mag gerne glauben, dass es Menschen gibt, die ihren Kopf nicht einmal heben, sondern lieber die vielen bunten Steine sondieren. Aber was entgeht einem da! Denn dieser Strand ist bekannt dafür, dass sich hier gerne Hector-Delfine tummeln.
Diese kleinsten Delfine der Welt gehören auch zu den seltensten. Sie kommen nur in den Gewässern Neuseelands vor und zählen gerade einmal noch 7.000 Tiere. Von anderen Delfinen sind sie sogar von Laien schnell zu unterscheiden, denn ihre Rückenflosse ist ganz rund.
Obwohl Hector-Delfine sehr scheu und sensibel sind, halten sie sich gerne in Küstennähe auf, kommen manchmal bis auf wenige Meter an den Strand heran und schwimmen nie weiter als acht Kilometer aufs Meer hinaus.
Und kaum waren wir am Strand, sahen wir sie auch schon: Ein, zwei, drei und immer mehr Delfine, die entlang der Küste in den Wellen nach Nahrung jagten. Wenn wir jetzt nur zwei Neoprenanzüge dabei hätten!
Jackson Bay
Die Fahrt zur Jackson Bay ist tatsächlich so schön (und so einsam) wie uns beschrieben wurde. Beinahe hat man das Gefühl, der Wald steht gleich auf der (erstaunlich gut asphaltierten) Straße, so dicht stehen die Bäume hier.
Und dann, nach gut 50 Kilometern, fährt man ziemlich unversehens in das kleine Örtchen Jackson Bay ein und fragt sich, warum Menschen hier draußen leben wollen. Natürlich ist es schön und windumtost und ruhig. Aber das war es ja auch ein bisschen weiter nördlich und da ist die nächste Tankstelle nicht so weit weg.
Jackson Bay war einmal eine Robbenfangstation und damals sicher weitaus belebter. Heute aber gibt es hier nicht mehr viel außer ein paar Bootsanlegern, einem kleinen Imbiss und einigen Häusern, die nicht aussehen, als könnten sie Kälte und Regen viel entgegen setzen. Also schon ziemlich idyllisch, für so einen kurzen Besuch.
Eine 20-minütige Wanderung führte uns über eine flache Landenge auf die andere Seite des Jackson Head an einen Strand, an dem es wohl auch Seebären geben soll. Heute ließen sich diese zwar nicht blicken, dafür konnten wir aber bei Ebbe ganz hervorragend auf den großen Felsen dort herumklettern, was irgendwie auch ziemlich cool war.
Wow, da wart ihr ja wirklich im Nirgendwo. Aber ich beneide euch drum. Dort kann man dieses Gefühl haben, der einzige Mensch weit und breit zu sein…
Ganz so alleine waren wir erstaunlicherweise nicht. Aber ziemlich einsam ist es, stimmt. ? Das gehört ja zu den Dingen, die ich so an Neuseeland genieße – wenig Menschen und vor allem wenig nervige Menschen. ?
Diese Holzwege finde ich schön, sind das schon “Wege” die zum Schutz der Bäume gebaut wurden?
Wird eigentlich versucht, die Kahikatea aufzuforsten, oder funktioniert das nicht?
Es war jedenfalls offensichtlich ein wunderschöner Spaziergang.
Die Kahikatea sind ja glücklicherweise nicht vom Kauri dieback betroffen, trotzdem sind diese Wege sinnvoll, damit nicht jeder auf den Wurzeln rumtrampelt. Das tut schließlich keinem Baum gut. Ob das aber der primäre Grund für den Bau der Stehe war oder doch der Fakt, dass es sonst kaum möglich wäre, trockenen Fußes durch diese Sumpflandschaft zu kommen?
Bezüglich der Aufforstung bin ich mir leider gerade mich sicher, was wir darüber auf den Infotafeln gelesen haben. Ich denke schon, dass das ginge, diese Bäume wachsen halt nur so wahnsinnig langsam.