Vor zwei Tagen hatten wir Seelöwen in der Brandung spielen sehen, aber wir wollten mehr! Der heutige Tag stand deshalb ganz im Zeichen des Seelöwen (und der Trabrennpferde, aber davon später mehr). Auf unserem Weg die Küste entlang kamen wir nämlich an zwei Buchten vorbei, an denen man eine gute Chance auf diese seltenen Tiere haben sollte.
Nachdem ich in aller Herrgottsfrühe aus dem Campervan geschmissen wurde, um Fotos vom wieder einmal bildschönen Sonnenaufgang zu machen, ging es auch schon los.
Seelöwenhinterhalt
Erster (ernstzunehmender) Halt: Surat Bay. So früh am Morgen war hier noch nicht viel los, obwohl das Wetter endlich besser zu werden versprach. Wir machten uns auf den ausgeschilderten Weg, nur um bereits nach wenigen Metern laut von der Seite angefaucht zu werden. Was habe ich mich erschrocken! Da im Gras direkt am Weg lag ein junger Seelöwe – ob Weibchen oder Männchen ließ sich nicht wirklich ausmachen – und den hatten wir wohl gestört. Hätte er (oder sie) sich nicht bemerkbar gemacht, wir wären glatt vorbeimarschiert.
So aber war guter Rat teuer. Denn dass wir nach Meinung des Seelöwen nicht auf dem Weg weitergehen sollten, war ziemlich offensichtlich. Wir hätten damit ohnehin den vorgeschriebenen Sicherheitsabstand von 10 Metern zu schlafenden und 20 Metern zu wachen Tieren verletzt.
Kurzerhand kletterten wir also über ein paar Steine hinunter an den Strand. Wie gut, dass die Flut das auch erlaubte. Danach konnten wir ungestört unseren Weg fortsetzen. Dieser führte teilweise am Strand entlang, teilweise durch die Dünen. Weitere Seelöwen sahen wir zwar nicht mehr, aber immerhin die Spuren von zwei Tieren, die sich mit Tagesanbruch offenbar schnurstracks Richtung Meer begeben hatten.
Auch von Hector- oder anderen Delfinen keine Spur. Trotzdem war es ein schöner Spaziergang hier am Meer. Und auf dem Rückweg begegneten wir dem jungen Seelöwen auch glatt noch einmal an gleicher Stelle und mit gleicher Laune. Manche lernen eben doch nicht aus.
Schafscheuchen
Für mehr Action sorgten kurz darauf eine Schafmama mit ihren zwei Lämmern. Wie an so vielen Stellen standen auch diese auf der falschen Seite des Zauns. Wie genau all diese Schafe es immer wieder über/durch/unter den Zaun schaffen, bleibt uns ein Rätsel, es scheint aber beliebter Lämmersport zu sein. In diesem Fall blieb wenigstens die Familieneinheit zusammen.
Was diese drei allerdings weniger klug machten war, nicht einfach stehenzubleiben als wir vorbeifuhren. Stattdessen sprangen sie in leichter Panik mitten auf die Straße und liefen dann auf dieser immer weiter vor uns her. Nun bewege mal jemand ein Schaf dazu, stehenzubleiben und einen Campervan vorbeizulassen, wenn es schon im Fluchtmodus ist. Na, das war vielleicht etwas!
Irgendwann haben sie es dann doch begriffen und wir konnten unsere Fahrt mit etwas mehr als Schafgeschwindigkeit fortsetzen.
Kannibalen?!
Wir wollten ja noch ein paar Tiere mit einem höherem Intelligenzquotienten als dem von Schafen sehen. Dass damit keine Menschen gemeint sein können wird klar, wenn man die Geschichte hinter dem Namen der Cannibal Bay hört: Einer der ersten europäischen Entdecker fand in dieser Bucht Menschenknochen. Nun fiel ihm kein anderer Grund dafür ein als dass es hier Kannibalen gegeben haben musste. (Oder vielleicht immer noch gab?) In Wirklichkeit begruben die Maori hier früher ihre Toten, eine etwas andere und deutlich harmlosere Geschichte. Die Bucht aber hatte ihren Namen weg.
Auch an dieser Bucht waren wir wieder ganz allein unterwegs und konnten nach Herzenslust über den breiten Sandstrand wandern. Aber hier machte kein Seelöwe von sich aus auf sich aufmerksam. Da war schon Jans Adlerauge gefragt, um die beiden Gesellen zu entdecken, die sich da in einer Höhle aus Gras und Zweigen ihr Nest gebaut hatten.
Der Sommer kommt
Dank unseres frühen Aufstehens war es erst Nachmittag als wir über den nächsten Freedom-Campingplatz nachdachten. Ein solcher, recht kleiner Platz fand sich fast am Ende der Southern Scenic Route und kurz vor Dunedin. In Brighton hatten wir wieder leichten Zugang zum Strand, wenn auch keinen direkten Blick darauf.
Wie gut aber, dass wir so früh dran waren! Zum einen wurde es hier nämlich noch richtig voll. Wir merkten, dass wir uns langsam auf die Hochsaison zubewegten, als zu späterer Stunde immer mehr Campervans, Wohnmobile und einfache PKWs hier eine Übernachtungsmöglichkeit suchten und einige unverrichteter Dinge weiterziehen mussten.
Zum anderen hatten wir das erste Mal seit Wochen, gefühlt seit Monaten, wieder richtigen Sonnenschein. Das war ja beinahe Strandwetter! So zögerten wir auch nicht lange, sondern schnappten uns kurze Hosen, Tücher und Bücher und legten uns in den Sand. Für ein Bad in den Wellen war es uns zwar definitiv noch zu kalt, aber wir genossen ganz einfach die Sonne und sahen den wenigen Menschen hier dabei zu, wie sie Sandburgen bauten, ihre Hunde ausführten oder ihre Traber am Strand trainierten.
Ganz offenbar wird dieser lange, lange Strand nämlich nicht nur von den Bewohnern Brightons zum Ausspannen genutzt. Er scheint auch ideal zu sein für Ausritte und Sulky-Fahrer. (Ein Sulky ist der kleine Wagen, in dem beim Trabrennen der Fahrer sitzt und der vom Pferd gezogen wird. Hier beim Training ließen die Fahrer zwei weitere Pferde neben dem Wagen hertraben. Das sparte vermutlich Zeit. Wer genau hinsieht kann aber erkennen, dass bei jeder Dreiergruppe immer ein Pferd schummelte und lieber galoppierte als trabte.)
So herrlich entspannt und faul haben wir jedenfalls schon sehr lange keinen Nachmittag mehr verbracht. Eine Wiederholung darf gerne weniger lange auf sich warten lassen.
Ich drücke euch die Daumen für langanhaltend besseres Wetter (dann auch in Australien). 🙂
Also das mit dem Daumendrücken hat mal gar nicht geklappt. ? Seit Tagen regnet und stürmt es. Wir hoffen auf Besserung in Australien…
Die Pferde an dem Strand, das sind ganz tolle Bilder.
Übrigens: Eure Karte ist hier angekommen! Danke euch (auch für das Bild vom Kiwi, der sich Flügel bauen will. ? )
Sehr gerne. ?
Wir auf ja froh, dass wir hier in einem Land sind, aus dem die Karten auch wieder ankommen. Zwei ganze Schwünge sind aus Südamerika nämlich nicht angekommen. ?