Dunedin: Streetart statt Albatrosse

Dunedin: Streetart statt Albatrosse

Am Ende der Southern Scenic Route liegt Dunedin. Und Dunedin wiederum liegt auf dem Verbindungsstück zwischen Festland und der Otago Peninsula. Letztere ist nur 35 Kilometer lang, was sich aufgrund der engen, sich windenden Straßen (und der vielzähligen Fotostopps) auf gut eine Stunde Autofahrt ausdehnt. Sogar eine ganze Ecke mehr, wenn man, wie wir, erst einmal die Route nimmt, die in einer Vollsperrung endet.

Die Otago Peninsula ist vor allem für die Möglichkeit, ganzjährig allerlei Meeresbewohner und -vögel zu sehen. Leider wurden vor einigen Jahren fast sämtliche Buchten und Strände für die Öffentlichkeit abgeriegelt. Aufgrund des immer stärker wachsenden Tourismus konnte das Wohlergehen der Tiere wohl nicht anders geschützt werden. Die meisten Tierbeobachtungsspots sind maximal noch mit einer bezahlten Tour begehbar. Trotzdem wollten Jan und ich zumindest einmal einen Blick riskieren.

Wir fuhren also zunächst – mit oben angedeutetem kleinen Umweg – bis ganz ans Ende der Halbinsel, an den Taiaroa Head. Hier findet sich die weltweit einzige Festlandkolonie von Albatrossen (und dann auch gleich noch vom zweitgrößten Albatros, dem Königsalbatros). Auch diese Kolonie ist nur im Rahmen einer sündhaft teuren Tour zu besuchen. Obwohl Jan sich für kaum einen anderen Vogel so begeistern kann wie für den Albatros und diese Kolonie wirklich, wirklich gerne gesehen hätte, war uns das einfach zu teuer. Außerdem gab es um diese Jahreszeit weder nistende Albatrosse noch Jungtiere zu sehen, die Kolonie wäre also gar nicht so spektakulär gewesen. Vermuten wir.

Wenn man lange genug wartet, so soll es aber auch außerhalb des Geländes möglich sein, fliegende Albatrosse zu sehen. Nun, heute war es vielleicht einfach nicht windig genug. (Da Albatrosse ziemlich groß und schwer sind, nutzen sie viel lieber Aufwinde und allerlei andere Winde, als selbst mit den Flügeln zu schlagen.) Wir warteten jedenfalls vergeblich.

Viele Vögel, komische Vögel, abwesende Vögel

Stattdessen trösteten wir uns einfach mit der riesigen Möwenkolonie, die hier ebenfalls zu Hause ist. Und wenn ich „riesig“ schreibe, dann meine ich „gigantisch“. Schon von weitem konnten wir das Geschrei und Geflatter hören und als wir aus dem Auto stiegen… Naja, Chanel No. 5 war das jedenfalls nicht. Es ist aber tatsächlich ganz spannend und interessant, solche eine Kolonie eine Weile zu beobachten. Ein bisschen fühlten wir uns auch an die Galápagos-Inseln erinnert. Die hiesigen Möwen fanden nämlich auch nichts dabei, direkt neben dem Weg zu nisten. (Waren allerdings deutlich weniger entspannt als ihre ecuadorianischen Genossen, wenn man ihnen dann auf eben diesem Weg zu nah kam.)

Neben den Möwen nisten hier auch drei Arten von Scharben, was kein Ungeziefer ist, sondern ebenfalls ein Meeresvogel. Diese hatten an einer Stelle eine richtige Reihenhaussiedlung angelegt. (Oder spricht man dann von Reihennestsiedlung?)

Wir dachten auch, wir hätten ein Pärchen Reiher oder Kraniche entdeckt. Erst Tage später, beim Durchsehen der Fotos, stellten wir fest, dass es sich bei diesen weißen Stelzenvögeln um Löffler gehandelt hatte. Was für eine Überraschung!

Neben den Albatrossen sind die Zwergpinguine die Stars der Halbinselspitze. Deren Strand ist tagsüber theoretisch auch zugänglich, wenn nicht gerade die Biologen die Nester kontrollieren. Das passiert einmal wöchentlich und zwar freitags. Ihr könnt euch sicher denken, an welchem Wochentag wir dort waren.

Das war aber gar nicht so schlimm, denn tagsüber sind die kleinen Kerlchen ohnehin draußen im Meer. Sie lassen sich erst nach Einbruch der Nacht an Land blicken. Das wird hier (wahrscheinlich notgedrungen) ebenfalls ordentlich vermarktet. Aber auch auf diese Show (komplett mit Zuschauertribüne!) hatten wir keine Lust, also traten wir schließlich den Rücktritt an.

Dunedin

Die bereits erwähnte Vollsperrung verwehrte uns auf dem Rückweg leider auch den Zugang zum Sandfly Beach. Nicht dass wir so viel Sehnsucht nach diesen kleinen Quälgeistern gehabt hätten. Aber an diesem Strand soll es gelegentlich Seelöwen und Gelbaugenpinguine geben. Glücklicherweise hatten wir beide ja bereits gesichtet und daher war die Trauer nicht all zu groß.

Wir machten das beste draus, fuhren nach Dunedin und erkundeten endlich mal wieder eine „richtige“ Stadt. Dunedin hat zwei für neuseeländische Verhältnisse eher ungewöhnliche Merkmale. Das Auffälligere von beiden ist der gotische Baustil, der die Stadt prägt.

Da Neuseelands Besiedelungsgeschichte eine verhältnismäßig junge ist, findet sich im Land fast kein Gebäude, das älter als 200 Jahre ist. Dementsprechend langweilig ist das Stadtbild in den meisten Orten. Da sind solche Gebäude wie der hiesige Bahnhof, das alte Gefängnis und die eine oder andere Kirche eine richtige Augenweide. Selbst wenn sie nicht „original“ gotisch sind.

Zu Fuß durch ganz viel Kunst

Die andere Besonderheit Dunedins ist weniger offensichtlich, gab uns aber Anlass, den Stadtkern zu Fuß zu erkunden. Es gibt hier nämlich eine recht aktive Streetart-Szene. Wer uns kennt, oder unsere Blogeinträge aus Bogotá, Medellin oder Lima noch im Kopf hat, der weiß, dass wir große Streetart-Fans sind. Mit Hilfe dem in der i-Site erhältlichen Plan drehten wir also unsere Kreise um den achteckig angelegten zentralen Platz. Dabei entdeckten wir noch weitere Streetart-Gemälde, die gar nicht auf dem Plan eingezeichnet waren. Die Szene lebt und vergrößert sich also.

Zu meinen persönlichen Highlights gehörten auf diesem Spaziergang die Gemälde vom britischen Künstler Phlegm. (Ich übersetze das jetzt mal nicht, aber der Name zeugt schon von viel Humor oder Selbstironie.) Seine überdimensionalen, fein gezeichneten, meist schwarz-weiß gehaltenen Bilder integrieren lokale Elemente und Tiere in seine eigenen, mystischen Welten.

Überhaupt nahmen viele der aus aller Welt vertretenen Künstler Bezug auf neuseeländische Geschichte oder die Kulisse vor Ort. Aber das macht natürlich auch gute Streetart aus: Sie sieht nicht nur gut aus, sondern sie kommentiert, provoziert auch mal, ist gerne politisch und fast immer kritisch.

Was uns außerdem auffiel war, dass die meisten der Arbeiten sehr, sehr groß waren. Ob es daran liegt, dass die Neuseeländer (oder die Dunediner?) entspannter mit der Neugestaltung ihrer Fassaden sind? Oder vielleicht ist der Grund auch schlicht und ergreifend, dass es hier so viele große, langweilige Wände gab. Warum auch immer, die Streetart-Künstler haben jedenfalls diese Gelegenheit mit beiden Händen ergriffen und begonnen, die Stadt mit- und umzugestalten. Und für uns ein Highlight unserer Reise hier geschaffen.

6 Comments

    1. Nein, die haben wir nicht gehört. Musste es gerade googeln. What a mess! Aber ist das Bild noch da? Wir haben nämlich nichts gesehen. Wobei wir natürlich auch keine Fans sind.

      Ja, dass wir hier keine Albatrosse gesehen haben, war schade. Aber wir haben uns mit den Möwen die Zeit vertrieben. Und ein paar haben wir später auf dem Meer bei Kaikoura gesehen. Keine Kolonie, aber immerhin.

  1. großartig-Peninsula! Gut,daß es Vogelschutzgebiete auch dort gibt.
    Jan hätte ich gewünscht auch einem solchen Giganten,wie einem Albatros, zu begegnen.
    Ihr werdet sicher noch Glück damit anderswo haben.
    Viel Freude in Dunedin! O.Karin

    karin tschammer
    1. Danke, liebe Oma!
      Wir hatten ja auf den Galápagos-Inseln schon das große Glück, ganz nah an Albatrosse heranzukommen. Und ein paar Tage später haben wir zumindest vom Schiff aus welche sehen können, auch wenn es dort nicht mit Fotos geklappt hat.

    1. Das war es wirklich. Und ich war so froh, mal wieder Streetart zu sehen. Das scheint in Neuseeland noch noch so verbreitet zu sein, was vielleicht auch am Mangel an großen Städten liegt. In Christchurch haben wir aber wohl nochmal Gelegenheit, Streetart zu sehen.

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