Happy New Year in Sydney

Happy New Year in Sydney

Es gab da diesen Moment, als wir unsere Reiseroute zusammenstellten. Es war ziemlich bald klar, dass wir November und Dezember in Australien verbringen würden. „Dezember“ lässt natürlich bei jedem Mitteleuropäer die Alarmglocken schrillen. Während es uns relativ egal war, wo wir Weihnachten sein würden, war für mich klar: Wenn wir zu Silvester in Australien wären, dann doch bitteschön nicht irgendwo, sondern in Sydney! Es spricht für Jan, dass er lediglich eine Augenbraue nach oben zog und wir ab diesem Moment mit Sydney planten.

So setzten wir uns am ersten Weihnachtsfeiertag in einen Flieger, der uns über Nacht auf die andere Seite Australiens bringen sollte. Immerhin vier Stunden dauerte das. Sicherlich einer der längsten nationalen Flüge der Welt. Ganze drei Stunden Zeitverschiebung kamen dann noch einmal oben drauf.

Wir landeten also am zweiten Weihnachtsfeiertag in aller Früh in Sydney und hatten auch schon einen wunderbaren Plan für diesen Tag. Zunächst aber mussten die typischen und immer irgendwie nervigen Reiseformalitäten erledigt werden. In diesem Fall waren das „mit dem öffentlichen Nahverkehr anfreunden“ und „im Hotel einchecken“. Ja, ist langweilig, aber gehört halt zum Reisen dazu. Normalerweise ist das alles auch kein Thema. Dieses „Hotel“ jedoch…

Außen hui…

Die Grundidee dahinter war eigentlich genial: In den Sommerferien wurden zwei der lokalen Colleges in Hotels umfunktioniert, sogenannte Pop-Up-Hotels. Das Gebäude des St. John Colleges ist von außen unglaublich schön und man fühlt sich gleich nach England teleportiert. Das Problem: Die Zimmer sind wirklich unter aller Kanone und nicht einmal einen Bruchteil der 100 AU$ pro Nacht wert, die wir dafür zahlen mussten.

Stellt euch ein 70er Jahre Studentenwohnheim vor, welches seitdem nicht mehr renoviert wurde. Die einzigen, die sich hier wohl fühlten, waren die omnipräsenten Kakerlaken. Und wegen des nicht vorhandenen, aber einkalkulierten Frühstücks lagen wir auch noch drei Wochen später im Clinch mit dem Hotel-Management.

Da es in Sydney zu dieser Zeit natürlich keine bezahlbaren Unterkünfte mehr gab, blieb uns nichts weiter übrig, als möglichst wenig Zeit in unserem Zimmer verbringen und allabendlich Jagd auf unsere sechsbeinigen Mitbewohner zu machen. Wenn sich noch jemand fragt, warum Jan der beste Reisepartner der Welt ist, dann sei diesem Zweifler gesagt: Ohne ihn hätte ich in dieser Zeit mindestens drei Nervenzusammenbrüche und fünfzig Ekelanfälle erlitten. Jan aber schnappte sich Insektenspray und eine gehörige Portion Humor und erledigte das Problem, sobald es sich zu zeigen wagte.

Solchermaßen auf Sydney eingestimmt hätte es uns nicht gewundert, wenn nun ein Reinfall dem nächsten gefolgt wäre. Glücklicherweise ist genau das Gegenteil eingetreten. Und mit einer Woche Zeit im Gepäck hatten wir genug Gelegenheit, Sydney und Umgebung kennen- und mögen zu lernen.

Weihnachten, Klappe die zweite

Heute aber hatten wir noch etwas anderes vor. Zufälligerweise waren Matthias und seine Freundin Jana auch gerade in Sydney. Die beiden hatten Weihnachten mit Janas Bruder gefeiert, der in einem dieser schicken Vororte von Sydney wohnt. Weil die Familie nun ausgeflogen war, hatten uns Matthias und Jana kurzerhand zu einem nachträglichen Weihnachtsessen eingeladen.

Klar, dass es Australien-typisch Barbecue geben sollte. Aber zuvor sorgten die beiden noch für einen üppigen Kaffeeschmaus, komplett mit Stollen, Fruchtkuchen und Scones. Und weil zu diesen schicken Vororten offenbar auch immer mindestens ein Strand in bequemer Gehdistanz liegt, lag der kurze Schnorchel-Strandausflug auf der Hand.

Nachdem wir nun quasi zweimal Weihnachten gefeiert hatten können wir mit Überzeugung sagen: Sommerliche Weihnachten sind anders, aber ganz gewiss nicht schlecht. Und mit Freunden feiert es sich halt doch schöner als mit Fremden.

Erste Schritte in Sydney

Jetzt aber: Sydney! Das eine Bild, das sicher jeder vor Augen hat, der diesen Namen hört, ist das vom Opernhaus am Hafen. Auf diesen Anblick und den der Harbour Bridge freuten wir uns natürlich ganz besonders. Dass Sydney noch unglaublich viel mehr zu bieten hat, hatte uns schon ein Blick in unseren Reiseführer verraten. Zwei Free Walking Tours, denen wir uns anschlossen, bestätigten das.

Da wurden wir durch das Queen Victoria Building geführt – heute eine beeindruckende (und beeindruckend teure) Shoppingmall – in dem heute ein Brief der Queen aufbewahrt wird, der erst im Jahr 2085 geöffnet werden soll.

Der 309 Meter hohe Sydney Tower lockte immer mal wieder aus dem Augenwinkel. Die Aussicht von dort oben soll zwar toll sein, uns war der Blick von der Harbour Bridge jedoch spektakulär genug. (Fun Fact: Im oberen Teil des Turms befindet sich ein 162 Kubikmeter großer Wassertank, der als Stabilisator dient. Man könnte auch sagen, der Sydney Tower habe einen Wasserkopf…)

Einfach nur … wow!

All das verblasste aber tatsächlich, als wir schließlich auf den Hafen von Sydney zuliefen und den ersten Blick auf das Opernhaus werfen konnten. Das ist ein Moment, den wir so schnell nicht vergessen werden. Das Opernhaus von Sydney gehört zu den ganz, ganz wenigen Gebäuden, die wahrscheinlich fast jeder Mensch auf der Welt sofort erkennen und zuordnen kann. Außerdem sieht es tatsächlich so spannend, verrückt und schön aus, wie man es von den Bildern kennt. Einmal selbst davor zu stehen, das hätten wir uns vor zwei Jahren wohl nicht vorstellen können.

Später schlenderten wir noch auf eigene Faust über die Harbour Bridge und von hier ließen sich die Ausmaße dieses natürlichen Hafens noch besser erahnen. Die Skyline Sydneys auf der einen Seite, das dicht und bunt bebaute, gegenüberliegende Ufer, dazwischen die Brücke. Die Oper auf einem kleinen Vorsprung direkt am Circular Quay und dahinter der botanische Garten. Überall auf dem Wasser Fähren, Kreuzfahrtschiffe, Jachten und Segelboote. Und trotz dieses Trubels wirkte die Szenerie auf mich beruhigend, weitläufig, harmonisch. Wir haben sehr viel Zeit hier oben verbracht und einfach nur beobachtet und gestaunt.

Ein bisschen Historie

Wir lernten bei unseren Touren auch allerhand über die Geschichte Sydneys und einflussreiche Persönlichkeiten, die die Geschicke der Stadt bestimmten. Der Name „Macquarie“ beispielsweise, also der des letzten Gouverneurs von New South Wales, findet sich heute noch in den Bezeichnungen für Straßen, Gebäude, Parks, Buchten und ganzen Ortschaften. Ein einflussreicher Mann, der Anfang des 19. Jahrhunderts die Geschicke Sydneys und ganz Ostaustraliens bestimmte und formte.

Dabei hätte es Sydney um ein Haar gar nicht gegeben. Denn nachdem James Cook 1770 in der nahegelegenen Botany Bay angelegt hatte und diese Bucht daheim in England in höchsten Tönen gelobt hatte, war eigentlich dieser Ort für die erste Siedlung der englischen Krone auserkoren worden. Der Kapitän der sogenannten First Fleet, also der „ersten Flotte“ war aber ganz und gar nicht begeistert, als er hier ankerte. Vor allem der Mangel an Frischwasser machte ihm zu schaffen. Kurzerhand ließ er weiter gen Norden segeln, wo er bald den „besten Hafen der Welt“ fand.

Wie jede Besiedelungsgeschichte der Welt startete auch diese mit einigen dunklen Kapiteln. Die drei Aborigine-Völker, die es in dieser Gegend einmal gegeben haben muss, waren innerhalb kürzester Zeit beinahe komplett verschwunden. Die meisten fielen den Pocken zum Opfer, nachdem die Eingeborenen bei verschiedenen Scharmützeln bereits besiegt und verdrängt worden waren.

The Rocks

Mit der First Fleet landeten hauptsächlich Gefangene aus Englands Gefängnissen an sowie Soldaten um diese zu bewachen. Man kann sich gut vorstellen, dass es mit dem Umgangston und den Sitten in der jungen Siedlung nicht weit her war. Im Viertel The Rocks, heute einem sehr trendigen und heißbegehrten Teil der Stadt, wurden die Gefangenen untergebracht. Auf drei Seiten vom Meer umschlossen, mussten die Soldaten nur noch auf der landeinwärts gelegenen Seite ihre eigenen Quartiere bauen (lassen) und hatten theoretisch alles unter Kontrolle.

Dass sich auf so altehrwürdigem Grund und Boden gleich drei Kneipen befinden, die von sich behaupten, der älteste Pub Sydneys zu sein, wundert da nicht. Genau so wenig wie die teils schaurigen Geschichten, die wir über die Bewohner von The Rocks erfuhren. Nach den Gruselgeschichten aus dem Gefängnis von Fremantle bestätigte sich nur, dass die romantischen Vorstellungen von den ersten Siedlern in Australien eine Erfindung der Neuzeit sein müssen.

Uns jedenfalls gefiel die heutige Version von The Rocks deutlich besser. Da schwamm nämlich auch kein Unrat durch die engen Gassen und um unser Leben fürchten mussten wir ebenfalls nicht. Dafür hatten wir einen tollen Ausblick auf Harbour Bridge und Opernhaus im Licht der untergehenden Sonne.

Grünes

Was haben wir sonst noch so in Sydney getrieben, während wir auf das große Feuerwerk warteten? Ganz kurz gesagt: Richtig, richtig viel!

Wir waren im Botanischen Garten und haben uns das Opernhaus, die Harbour Bridge und den Hafen von dieser Seite angeschaut. Außerdem gab es dort eine faszinierende Ausstellung über und mit fleischfressenden Pflanzen. Das Ganze war stilecht im sogenannten Calyx untergebracht, das die angeblich größte begrünte Innenwand der südlichen Hemisphäre besitzt. Beeindruckend ist diese 50 Meter lange und 6 Meter hohe Wand allemal, denn es handelt sich um einen vertikalen Garten, der je nach Ausstellung immer wieder neu bepflanzt wird.

Buntes

Wir haben uns auch ein wenig Kunst in der New South Wales Art Gallery angeschaut. Entgegen unserer Erwartungen bewegte uns dort weniger die Kunst der Aborigines. Vielleicht, weil diese in einem kleinen Raum ganz im untersten Geschoss untergebracht war und für uns nicht so sehr viel Neues zeigte.

Vielleicht aber auch, weil wir zuvor die Ausstellung von William Kentridge gesehen hatten. „that which we do not remember“ war spannend, abwechslungsreich und richtig intelligent gemacht. Mehrdimensionale Videoinstallationen führten zu Collagen führten zu experimentellen Videoprojektionen und visualisierten Gedichten. Selbst Jan, der sonst ja weniger für moderne Kunst zu haben ist, fühlte sich hier mindestens gut unterhalten.

Am Ende trafen wir in der Art Gallery sogar gleich mehrere alte Bekannte wieder. Zunächst stand uns plötzlich Matthias gegenüber, der mit Jana auch gerade in dem Museum war. Und dann „grüßte“ uns kurz vor Toreschluss ein silbern glänzender James Cook, dessen Ebenbild wir doch schon einmal gesehen hatten…

Fischiges

Um zum größten Fischmarkt der südlichen Hemisphäre (und immerhin dem drittgrößten der Welt) zu kommen, standen wir früh auf. Ganze 14.500 Tonnen Fisch gehen hier alljährlich über die Theke. Das sind mindestens 40 Tonnen pro Tag! Und diese 40 Tonnen verschwinden nicht etwa nur in den Restaurants und Küchen Australiens. Der richtig gute Fisch wird von hier in die ganze Welt verschifft (beziehungsweise geflogen, nehmen wir an.)

Leider lässt sich ohne eine teure Tour, für die wir aber trotz der frühen Stunde ohnehin zu spät dran gewesen wären, nicht hinter die Kulissen schauen. Aber die schiere Vielfalt und Fülle von Meeresgetier, die in den öffentlichen Auslagen zu sehen und zu kaufen war, hat uns schon sehr beeindruckt. Unglaublich, was das Meer so an Lebensformen hervorbringt (und was der Mensch davon so alles vertilgt). Mir taten die Tiere zwar trotzdem ziemlich leid, aber als Unterrichtsstunde in Meeresbiologie taugt so ein Fischmarkt allemal.

Szenisch Überlaufenes

Innerhalb des Stadtgebietes von Sydney gibt es verschiedene Küstenwanderungen. Küste hat Sydney schließlich genug mit all den Buchten und Seitenarmen des natürlichen Hafens, an dessen Ende das Stadtzentrum liegt. Auf dem Manly Scenic Walk mussten wir uns zunächst daran gewöhnen, dass diese „szenischen“ Wanderungen natürlich trotzdem vor Menschen wimmelten und überall Häuser und Segelboote zu sehen waren. Das war schon etwas anderes als die einsamen, idyllischen Wanderungen, die wir andernorts unternommen hatten. Trotzdem haben auch diese Exkursionen ihren Reiz. Immerhin sahen wir neben den sehr schönen Aussichten über verschiedene Buchten auch alte Steingravuren der Aborigines und einige scheue, sowie zwei sehr neugierige sogenannte Wasserdrachen.

Für die zehn Kilometer des östlichen Teils des Manly Scenic Walk fuhren wir zur Spit Bridge und wanderten von dort Richtung Manly. Dieser „Vorort“ von Sydney liegt auf der anderen, nördlichen Seite des Hafens und ist quasi die letzte Bastion vor dem offenen Meer. Hier liegt auch der zweitberühmteste Strand Sydneys, Manly Beach. Dieser war unser Ziel für die heutige Wanderung und von hier wollten wir – etwas erschrocken angesichts der Menschenmassen – die Fähre zurück zum Stadtzentrum nehmen.

Perfekter hätten wir unsere Rückfahrt nicht timen können. Denn dadurch, dass wir als allererste in der Schlange zur Fähre standen, konnten wir uns bei besten Sonnenwetter die allerbesten Positionen sichern. Die Fährfahrt nach beziehungsweise von Manly ist nämlich mindestens genau so ein Highlight wie die Wanderung, die wir gerade durchgezogen hatten.

Die Generalprobe

Der Hauptgrund, weshalb wir überhaupt in Sydney waren, war natürlich das Silvesterfeuerwerk. Was allerdings nicht jeder weiß ist, dass man nicht auf den Jahreswechsel warten muss, um ein Feuerwerk in Sydney zu sehen. Jeden Samstag wird im Darling Harbour ein natürlich deutlich kleineres Feuerwerk gezündet. (Ja, wirklich, jeden Samstag. Es sei denn, der letzte Samstag im Jahr fällt auf Silvester, nehmen wir mal an.)

Selbstverständlich war dieses Feuerwerk nicht zu vergleichen mit dem, was uns nur zwei Tage später geboten wurde. Aber für ein Gratisfeuerwerk war es wirklich nett. Außerdem hatten wir so die Gelegenheit, noch einen Blick auf den Darling Harbour zu werfen. Dieser liegt direkt neben dem Circular Quay mit dem Opernhaus, aber auf der „falschen“ Seite der Harbour Bridge. Darling Harbour glänzt ansonsten vor allem durch eine unzählbare Masse von Bars, Restaurants und anderen touristischen Etablissements, wäre normalerweise also eher nicht so „unsere“ Gegend.

Blaue Berge

Weil in Sydney der Nahverkehr vergleichsweise teuer ist, sonntags aber fast nichts kostet, legt der kostenbewusste Besucher seine großen Ausflüge auf den letzten Tag der Woche. Für den einzigen Sonntag, den wir in der Stadt verbringen würden, hatten wir uns deshalb einen Abstecher in die Blue Mountains vorgenommen.

Die „Blauen Berge“ beginnen etwa 65 Kilometer landeinwärts von Sydney und steigen bis auf 1.100 Höhenmeter an, was in Australien durchaus beachtlich ist. Ihren Namen erhielten sie aufgrund des bläulichen Dunstes, der häufig über den Bergen liegt. Dieser kommt vom Öl der Eukalyptusbäume, die einen Großteil der Täler und Kluften bedecken. Dieser dichte Eukalyptusbewuchs ist außerdem einer der Gründe, weshalb die Gegend als UNESCO Welterbestätte gelistet ist.

Die Blue Mountains lassen sich im Zuge eines Tagesausflugs besuchen und das läuft dann klassischerweise so ab wie bei uns. Wirklich gerecht wird man den Bergen damit aber nicht. Inzwischen wissen wir es besser und würden beim nächsten Mal mindestens zwei oder drei Tage hier verbringen. Dann hätten wir auch nicht nur nach Katoomba, quasi dem Tor zu den Blue Mountains, fahren oder von dort aus nur den Pfad nehmen können, den alle nehmen.

Hinzu kam, dass wir am 30. Dezember natürlich nicht die einzigen waren, die auf die Idee mit diesem Tagesausflug kamen. So gesehen hatten wir eigentlich richtig viel Glück. Denn nicht nur bekamen wir in jedem Bus und in jedem Zug, den wir hin und zurück nahmen, einen Sitzplatz, wir hatten uns auch eine Wanderung ausgesucht, die mit ihren über 900 Stufen die meisten anderen Touristen abschreckte. Nachdem wir uns also an den Massen vorbeigequetscht hatten, die an den Three Sisters und an der Honeymoon Bridge anstanden, hatten wir die Treppe mit dem passenden Namen The Giant Stairway mehr oder weniger für uns.

Blaue Täler

Apropos Namen: Es geht die Legende, dass die Three Sisters tatsächlich einmal drei Schwestern waren, die von einem Zauberer zu Stein verwandelt wurden. Das geschah ausnahmsweise mal nicht aus einem bösen Motiv heraus, sondern um die Schwestern vor den Avancen von drei jungen Männern zu schützen. Dummerweise verstarb der Zauberer, bevor er die Schwestern wieder zurückverwandeln konnte.

Warum die Honeymoon Bridge so heißt können wir nur erahnen. Vermutlich noch so ein Ort, an dem man ganz romantisch Küsschen austauschen und Fotos machen kann. Jan und ich haben die Brücke rechts liegen gelassen und sind weiter Treppe gelaufen. Mit dreihundert wartenden Personen im Rücken geht die Romantik ohnehin flöten.

Einmal an der Basis der „Drei Schwestern“ angekommen schüttelten wir unsere Knie aus und freuten uns über den weitestgehend geraden Weg. Gut, wir haben schon schönere Aussichten gehabt, aber genießen konnten wir es trotzdem. Zumindest, bis es am anderen Ende des Rundwegs wieder nach oben ging. Diese 900 Stufen wollten ja auch wieder erklommen werden. Ein Abstecher in die Scenic World bot uns noch einmal Aufschub. Völlig unerwartet tauchten dort auch noch Dinosaurier im Wald auf. Erst im Zoo von Perth und nun hier – die Australier mögen ihre Dinos offenkundig. (Was vielleicht auch daran liegt, dass selbst die australischen prähistorischen Riesenechsen und -säugetiere anders waren als die der übrigens Kontinente…)

Alsbald rissen wir uns von Dinosauriern und „Ausgrabungsstätten“ los, ließen auch die Seilbahn und die steilste Gleisstrecke der Welt zurück und kämpften uns Meter für Meter zurück in die Höhe. Der Rückweg entlang der Klippen bot als Belohnung weitere wunderbare Aussichten, wenn auch unter ähnlich beengten Verhältnissen wie zu Tagesbeginn.

Organisationsgeschick

Das Geschick, das die Australier unter Beweis stellen, wenn es darum geht, große Menschenmassen sicher, ruhig und schnellstmöglich von A nach B zu bringen ist erstaunlich. Die Rückfahrt von Katoomba nach Sydney dauerte zwar etwas (Schienenersatzverkehr!), aber ehrlich gesagt waren Jan und ich bei all den Besuchern skeptisch gewesen, ob es in ganz Sydney überhaupt genug Busse geben würde. Beim Umstieg vom Zug in die Busse wurden wir eines Besseren belehrt. Dutzende Fahrzeuge standen bereit und wurden ganz gesittet nach und nach gefüllt.

Angesichts dieser Leistung war uns dann auch nicht mehr ganz so Bange, was für Szenen sich am Silvesterabend in der Stadt abspielen würden. Immerhin anderthalb Millionen Menschen wurden zum Feuerwerk am Hafen erwartet! Der weitaus größte Teil davon würde sich am südlichen Ufer einfinden und die allermeisten würden versuchen, auf einen der kostenfreien Plätze mit einigermaßen guter Aussicht zu kommen.

Ursprünglich hatten wir geplant, uns ebenfalls unter diese Massen zu mischen und im Morgendämmern mit Picknickkorb und -decke bewaffnet an irgendeinem Tor zu stehen, nur um Stunden später eingelassen zu werden und rennenderweise auf die besten Plätze zuzustürmen. Doch, das hatten wir ernsthaft vor. Bis wir in Sydney ankamen und uns so nach und nach die Lust auf dieses Abenteuer verging. Aus logistischen Gründen (Picknickkorb? Essen? Trinken? Wie sollen wir das bei der Hitze und ohne Küche denn überhaupt bewerkstelligen?) und weil wir sicher noch einmal nach Sydney kommen werden, bestimmt aber nicht zu Silvester, bastelten wir uns schließlich einen Alternativplan.

Zirkus im Garten

Auf der Suche nach Tickets zu schönen Orten, an denen man in Ruhe und ohne langes Anstehen das Feuerwerk genießen können würde, stolperten wir über „Harbour Hoopla“. Diese Veranstaltung sollte teils Vintage-Zirkus, teils Freiluft-Picknick im Botanischen Garten sein. Einlass ab 18:00, mitzubringen war neben einer Decke nichts und ein paar Tickets gab es auch noch. Perfekt! Je länger wir darüber nachdachten, desto besser gefiel uns die Idee und schließlich lebt man nur einmal, richtig?

So konnten wir am 31. Dezember also ganz gemütlich ausschlafen und mussten uns um nichts Gedanken machen. Pünktlich eine Stunde vor Einlass standen wir in der Schlange (ja, ein bisschen Schlange stehen musste schon sein), wurden aber von verschiedenen Akrobaten sehr gut unterhalten. Dem Zirkus-Motto entsprechend liefen hier allerlei Messerwerfer, Stelzenläufer und Jongleure umher und trieben ihre Späße mit dem Publikum.

Mit unseren Picknickpaketen unter dem Arm suchten wir uns dann rasch ein gutes Plätzchen am Hang des botanischen Gartens und schlossen schon einmal Bekanntschaft mit den umliegenden Gästen. Ein Pärchen aus Dänemark, eine Familie aus England – genug Menschen, die auf unser Deckchen aufpassen würden, während wir die anderen Attraktionen auf dem Gelände unter die Lupe nahmen.

Der Himmel knallt auch ein bisschen

Dass Sydney – und damit auch wir – zwischendurch von zwei furchtbar starken Gewittern mit entsprechendem Regenfall heimgesucht wurde, konnte unsere gute Laune nicht trüben. Ab einem gewissen, ziemlich schnell eintretenden Punkt waren wir so nass, dass es tatsächlich keinen Unterschied mehr machte, ob wir uns vor dem Regen versteckten oder nicht. Nur unser Essen versuchten wir, einigermaßen trocken zu halten. Glücklicherweise war es ja noch recht mild und von solchen Wassermassen wollten wir uns heute ganz sicher nicht den Tag verderben lassen!

Selbst die Doppeldeckerflugzeuge, die über dem Hafen ihre Loopings drehten, ließen sich nicht vom Wetter beirren. Warum jedoch das Löschboot fleißig Wasser in die Luft bließ, blieb uns ein wenig ein Rätsel. Als ob die nicht schon nass genug gewesen wäre…

Zwischen und nach den Regengüssen widmeten wir uns also unserem mehrgängigen(!) Mahl, ließen uns in verrückten Kostümen ausstaffieren, ergatterten Eiscreme und heiße Pies, übten das Jonglieren mit Tellern, Bällen und Diabolos und tanzten ein bisschen im Regen. Nur die Wahrsager, die waren vom Regen leider davongeschwemmt worden. Eigentlich schade, ich hätte doch zu gerne gewusst, was 2019 so für uns bringen wird. Wenigstens konnten wir uns unsere Vorsätze für das neue Jahr erdrehen: „Erfülle eine Fantasie!“ (Jan) und „Erreiche Dein Ziel!“ (Maria). Wenn das mal keine Ansage ist.

Und weil wir mit all diesen Aktivitäten nicht schon genug Programm hatten, gibt es in Sydney um 21:00 ein erstes, kleineres Feuerwerk. Die Idee dahinter ist, dass auch die Kleinsten ein bisschen Feuerwerk sehen können, selbst wenn sie vor Mitternacht ins Bett müssen. (Außerdem hält es die Massen beschäftigt.)

10, 9, 8, 7, 6, 5, 4, 3, 2, 1, Happy New Year!

Am Opernhaus muss es irgendwo eine Bühne gegeben haben, auf der ebenfalls noch Programm gezeigt wurde. Unter anderem ein traditioneller Gruß der Ältesten der Aborigines dieser Gegend. Davon bekamen wir und sicher die meisten der Anwesenden 1,5 Millionen leider nichts mit.

Andere Darbietungen, wie die erwähnten Flugzeuge und das Löschboot, fanden deshalb großen Anklang. Noch schöner, weil noch viel stimmungsvoller, war die Einfahrt der Schiffe im inneren Teil des Hafens. Festlich beleuchtet glitten sie zwischen Opernhaus und Brücke dahin und spiegelten sogar beim Feuerwerk selbst Farben und Effekte wider.

Und dann natürlich das Feuerwerk selbst. Über zwölf Minuten lang wurden 8,5 Tonnen Feuerwerkskörper gezündet, womit es (wieder einmal) zum größten Feuerwerk der Welt wurde. Aber Zahlen allein können natürlich nicht beschreiben, wie es sich anfühlt, zu Silvester in Sydney zu sein, mit all diesen Menschen das neue Jahr zu begrüßen und dann dieses Meisterwerk der Pyrotechnik zu sehen.

Weil unsere Kameras kaum einfangen konnten, wie toll es war (und weil wir viel lieber gestaunt haben, als Fotos zu machen), sind wir sehr froh, dass es dort draußen noch ein paar professionelle Videos des Feuerwerks gibt. Worte würden dem ja ohnehin nicht gerecht werden.

Ein neuer Tag, ein neues Jahr

Fast das erste, was wir im neuen Jahr machten, war, das Sydney Opera House aus der Nähe anzuschauen. Nun könnte man meinen, dass nur wenige Stunden, nachdem hier dieses riesige Fest gefeiert wurde, der gesamt Hafen noch abgesperrt wäre. Aber weit gefehlt. Die Australier sind wirklich gut darin, solche Riesenveranstaltungen zu managen.

Auch aus der Nähe ist das Opernhaus beeindruckend. Aber aus der Ferne hat es uns irgendwie noch ein bisschen besser gefallen.

Den restlichen Tag widmeten wir wieder der Küste Sydneys beziehungsweise seiner Umgebung. Heute sollte es in den Süden gehen, zu Sydneys bekanntestem Strand, Bondi Beach. Hierfür nahmen wir wieder nicht den direkten Weg, sondern ließen uns mit dem Bus zum Coogee Beach bringen. Die eigentlich lange Busfahrt kam uns viel kürzer vor, weil wir mit einem sympathischen, älteren Australier ins Gespräch kamen, der äußerst belesen und interessiert an der Welt war. Das werden wir an Australien, genau wie an Neuseeland, wohl vermissen: Die Menschen, die einem hier so völlig offen und freundlich, ohne Hintergedanken begegnen und die ehrlich interessiert an den Geschichten anderer Leute sind.

Von Coogee geht es sechs Kilometer entlang der Küste nach Bondi. Auch hier waren wir natürlich nicht die einzigen, der Weg war aber trotzdem deutlich entspannter. Wahrscheinlich waren nicht nur wir noch ein wenig geflasht vom Vorabend. So wanderten wir also an kleinen Stränden und Buchten vorbei, an einem ziemlich spektakulär gelegenen Friedhof und landeten anderthalb Stunden später am Strand von Bondi. Dort begrüßten uns erwartungsgemäß die Massen. Deshalb hielten wir uns auch gar nicht lange auf, sondern nahmen lieber spontan den Bus nach Watson Bay.

Der erste Sonnenuntergang

Diese Bucht liegt quasi gegenüber von Manly auf der anderen Seite der Hafenzufahrt. Außerdem versprachen wir uns von der dahinterliegenden Landzunge, dem South Head, einen guten Blick auf die Skyline Sydneys. Schöner, als von hier den Sonnenuntergang zu sehen, hätte der erste Tag des neuen Jahres nicht zu Ende gehen können. Die Fährfahrt zurück setzte dem dann noch ein kleines Glitzerkrönchen auf.

Ein vielversprechender Anfang für 2019. Hoffen wir, dass es mindestens so gut weitergeht – für uns und natürlich auch für euch alle da draußen, die immer noch daran interessiert sind, was wir so treiben auf unserer Weltreise! Möge das neue Jahr nur Gutes für euch bringen!

10 Comments

  1. da hattet ihr das interessanteste und abenteuerlichste Weihnachten und Sylvester eures Lebens-möchte ich meinen. Der Kampf mit den Kakerlaken war sicher gruslig,doch ich hoffe,ihr mußtet nicht zu lange in diesem schönen und ungastlichen Haus nächtigen. Wie gut hie und da Freunde zu treffen und eingeladen zu werden.
    Dein ausführlicher Sydney-Bericht begeistert mich ,danke! Bleibt gesund und habt weiter viel Freude!
    O.Karin

    Oma
    1. Wir hatten wirklich eine schöne, unvergessliche Festzeit. Das Hotel haben wir auch irgendwie überlebt und hatten so zumindest keinen Grund frühzeitig dorthin zurückzukehren. Wir haben die Tage tatsächlich immer bis sehr spät draußen in der Stadt verbracht und diese in vollen Zügen genossen.

      Jan
  2. Da hat hattet ihr wirklich einen unvergesslichen Jahreswechsel. Mit dem Zirkus Programm und den Picknick Boxen ist eine total tolle Idee. Wahrscheinlich verratet ihr nicht wie viel die Karten gekostet haben 😉 nur um mal das mit Deutschland vergleichen zu können, wo manche Silvester Angebote echt ausverschämt sind. Und dann bekommt man nur einen Berliner und ein Gläschen Sekt.
    Ein Foto von euer Schlafunterkunft von drinne hätte mich ja mal interessiert 😉 Wir hatten die Kleinen Biester auch in den Philippinen in unserem Hotel zur Gast. Immer ein komisches Gefühl wenn man nicht weiß ob man alle gefunden hat.

    Mina
    1. Oh, die Kosten für die Karten sind kein Geheimnis, die stehen sogar in unserer Kostenübersicht. Aber wenn Du hörst, dass die beiden Tickets 430 € gekostet haben, siehst Du die deutschen Preise vielleicht nicht mehr ganz so kritisch. Es hätte auch Tickets für andere Plätze, ohne Programm und Verpflegung, für ein Drittel davon gegeben. Und natürlich auch Optionen für das Drei- und Vierfache. Uns war es das aber wert – wann kommt man schon mal zu Silvester nach Sydney?!

      Die Fotos vom Inneren des Zimmers wären maximal langweilig geworden. Die ganzen siffigen Details erkennt man darauf ja nicht. Schon gar nicht die Kakerlaken (von denen es in ganz Sydney nur so wimmeln soll, vor allem in den älteren Gebäuden.) Wir waren zumindest froh, dass es “nur” Kakerlaken und keine Bettwanzen waren…

  3. Das hatte ich mir schon fast gedacht, dass die Tickets nicht ganz günstig waren. Aber hey sowas macht man ja nicht alle Tage ! Und Musik oder Sportveranstaltungen sind teilweise genauso teuer. Wenn ich da an Formel 1 Karten oder ähnliches denke.
    Und danke für den Hinweis mit der Kostenübersicht. Hatte ich noch gar nicht entdeckt, dass ihr eure Kosten fleißig notiert ^^

    Mina
  4. Das Fest “Harbour Hoopla” erinnert mich der Beschreibung nach ein wenig an das “Kleine Fest” bei uns ,wenn auch ohne Hafen. Da habt ihr ein Sylvester gehabt, dass euch sicher lange in Erinnerung bleiben wird. Beeindruckend die Fotos vom Opernhaus, wann sieht man schon einmal Bilder aus dieser Nähe?

    Kirsten55

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