Wir hatten in Perth nur eine Nacht verbracht und zwar in einem unglaublich komfortablen Airbnb in der Nähe des Flughafens und des Campervanverleihs. Von der Stadt selbst hatten wir also noch gar nichts gesehen, als wir uns schon wieder auf den Weg ins Land machten, diesmal nach Norden. Aber für Stadterkundungen sollte ja noch um Weihnachten genug Zeit sein. Jetzt wollten wir erst einmal diese Westküste erkunden, von der uns so vorgeschwärmt worden war.
Unweit von Perth (nur etwa 200 Kilometer, wir reden hier also wirklich von einem Katzensprung) gibt es gleich zwei wunderschöne Nationalparks, die unsere ersten Stopps werden sollten.
Nambung: Säulen in der Wüste
Der Nambung Nationalpark ist vor allem für die Pinnacles bekannt. Richtig, Pinnacles hatten wir auch in Neuseeland schon einmal gesehen. Diese hier sahen dann aber doch ganz anders aus. Die Pinnacles im Nambung Nationalpark sind tausende Kalksteinsäulen, die sich aus einer goldgelben Wüste erheben. Manche sind keinen halben Meter hoch, andere überragten uns locker mit ihren vier Metern.
Wir waren extra früh hierher gefahren, um diese surreale Landschaft für uns zu haben. Nur ein paar Kängurus sprangen noch durch den Wald von Säulen. Wir konnten anhalten, wo wir wollten (es führen ein enger, mit Fahrzeugen zu befahrender Weg, und ein kurzer Wanderweg durch den Park) und uns richtig Zeit lassen mit unseren Fotos.
Ein paar Stunden später, nachdem wir gefrühstückt hatten, sah das schon anders aus. Plötzlich standen überall Menschen zwischen den Kalksteinsäulen herum und von den Kängurus war natürlich nichts mehr zu sehen. Wir konnten trotzdem nicht anders und machten noch ein paar mehr Bilder. Angesichts einer so ungewöhnlichen Kulisse vielleicht verständlich.
So unscheinbar und doch so aufsehenerregend
Ein Stück nördlich des Nambung Nationalparks wartete eine kleine, unscheinbare Sensation auf uns. In Westaustralien gibt es nämlich noch ein paar wenige Orte, an denen Nachfahren der ersten Lebewesen auf diesem Planeten zu finden sind.
Stromatolithen sind, vereinfacht gesprochen, vielschichtige Gemeinden von Cynobakterien, die steinähnliche Gebilde formen, indem sie Sedimente und Kalkstein binden. Wo und wie sich Stromatolithen bilden, ist hochkomplex und kann heute nicht mehr an vielen Orten beobachtet werden. Erdgeschichtlich jedoch haben Stromatolithen einst dafür gesorgt, dass es überhaupt Sauerstoff auf diesem Planeten gibt.
Hier am Lake Thetis finden die Cynobakterien und damit die Stromatolithen noch die passende Umgebung. Der See ist 1,5 mal salziger als der Ozean und nur wenige andere Lebewesen finden dieses Umfeld angenehm. Die Stromatolithen haben also keine nennenswerten Fressfeinde zu befürchten. Einzige Bedrohung ist, mal wieder, der Mensch, der entweder indirekt dafür sorgt, dass das sensible Gleichgewicht des Sees sich ändert oder der, ziemlich direkt, einfach auf den Stromatolithen herumtrampelt. Der irrigen Annahme, dass es sich nur um Gestein handelt, sind am Lake Thetis bereits viele Stromatolithen zum Opfer gefallen. Bleibt zu hoffen, dass die Informationstafeln weitere Schäden verhindern und die Bakteriengemeinden an dieser Stelle noch einmal 3.500 Jahre lang wachsen und gedeihen können. So alt sind nämlich die Stromatolithen des Lakes Thetis.
Lesueur: ein Blumenparadies
Knapp eine Stunde fuhren wir anschließend zum Lesueur Nationalpark. Dieser wiederum lockt nicht mit bizarren Gesteinsformationen (obwohl die wie abgeschnittenen Berge hier schon bemerkenswert sind), sondern mit wahrlich ausufernder Flora. Bezeichnenderweise trafen wir hier genau zwei andere Besucher. Offenbar sind Wildblumen noch nicht so Instagram-tauglich – oder was denkt ihr?
Spannend an dieser Gegend Australiens ist, dass hier trotz des kargen Bodens und der unwirtlichen, extremen Wetterverhältnisse hunderte Wildblumen überleben. Es hat sich auch keine einzelne, besonders gut angepasste Spezies durchgesetzt und alle anderen verdrängt, wie man eigentlich erwarten würde. Stattdessen hat sich jede Pflanzenart ihre ganz eigene, winzige Nische gesucht. Manche wachsen beispielsweise lieber auf der West-, andere auf der Ostseite der sanften Hügel. Es gibt Pflanzen, die wachsen einfach gerne ein paar Zentimeter weiter oben als andere. Und es gibt welche, die suchen sich lieber die flachen Täler.
Für uns war da natürlich kein System erkennbar. Wir waren nur dankbar und bezaubert, dass im Lesueur Nationalpark das ganze Jahr über Blumen blühen. Im Spätwinter soll es hier ein wahres Farbenmeer zu bestaunen geben. Aber selbst jetzt, im Sommer, fanden wir noch unzählige Blüten.
Auch der Lesueur Nationalpark – wie eigentlich alle australischen Nationalparks – lässt sich wunderbar mit dem Auto „erfahren“. Es gibt aber auch ein paar Wanderwege und auf einen davon – einen Rundgang mit Abstecher auf den Mount Lesueur – wollten wir uns begeben.
Geflügelte Quälgeister
Wie gut, dass wir uns im Souvenirladen des Nambung Nationalparks geistesgegenwärtig zwei Fliegennetze gekauft hatten! Nachdem uns schon die letzten Tage diese Plagegeister so gequält hatten, wollten wir lieber gewappnet sein. Und siehe da – noch am gleichen Tag kamen sie zum Einsatz. Selten haben wir Geld so gut investiert. Wir sehen zwar wie zwei echte Volldeppen damit aus, aber wir sind einfach zu alt, um um jeden Preis cool wirken zu müssen. Und ständig Fliegen im Gesicht, in den Ohren, in der Nase, an den Augen zu haben – der Preis war uns definitiv zu hoch. So trugen wir zwar jeder um die einhundert Fliegen spazieren, aber wenigstens waren unsere Köpfe geschützt. (Ja, ich habe zwischendurch eine kurze Volkszählung vorgenommen und diese Zahl ist keineswegs zu hoch gegriffen.)
So war unsere Wanderung eine wirklich wunderbare Erfahrung und nicht der Horror, der sie sonst wahrscheinlich geworden wäre. Wir konnten in aller Ruhe Blüten und Landschaft bestaunen, sahen die eine oder andere Echse und scheuchten aus Versehen sogar ein schlummerndes Känguru auf, das sich im Gebüsch verkrochen hatte.
Ein unglaublich schöner Tag, der viel Gutes für unseren weiteren Weg entlang der Westküste verhieß.
Bei den Pinnacles alleine zu sein, ist sicher eine feine Sache. Die anderen zwei Nationalparks klingen auch gut. Und die vielen kleinen Reptilien, die ihr gesehen habt, sind unglaublich toll!! ?
Ich habe nie so ein Netz gebraucht, aber ich stimme euch da voll zu: besser doof aussehen, als von Fliegen in den Wahnsinn getrieben werden!
Die ganzen Reptilien waren tatsächlich eine Show für sich. Großartig!
Und das Fliegennetz: Niemand braucht es, aber alle wollen es. Es ist wirklich eine Wohltat fürs Gesicht.
Da hoffe ich, dass ihr für die Weihnachtstage auch eine so schöne Bleibe finden werdet, damit ihr es ein wenig genießen könnt und es vielleicht auch ein wenig weihnachtlich “einfärben” könnt.
Eure Pinnacle-Fotos sind toll, endlich mal wieder ein paar Ich-mache-Quatsch-Fotos von euch beiden, das sieht nach richtig guter Laune aus. Maria am PKW neben diesem – nunja, doch recht besoders aussehenden – Pinnacle ?.
Im übrigen finde ich, dass dir der “Schleier” recht gut steht.
Zum Fliegennetz-Schleier: Das ist ganz einfach. Einen schönen Menschen kann nichts entstellen.
Wir werden uns bemühen in Zukunft wieder das ein oder andere Ulkbild zu schießen.