Wir müssen uns das hier immer mal wieder auf der Zunge zergehen lassen: Wir sind in der Karibik! Zwar haben wir davon schon einiges gesehen, doch irgendwie verbinde ich mit der Karibik auch Dschungel, weiße Strände und türkisblaues Meer. All das wollten wir im Tayrona National Park finden, weshalb wir von Santa Marta in nordöstliche Richtung genau dahin zu einem Tagesausflug aufbrachen.
Der Tayrona National Park ist einer der ältesten Nationalparks Kolumbiens und mit Abstand der beliebteste, gerade für Wochenendausflügler der umliegenden Städte, die an den Stränden ein wenig abschalten wollen. Auf dem ehemaligen Siedlungsgebiet der Tairona-Indianer gelegen, umfasst der Park eine Fläche von etwa 120 Quadratkilometern vollgepackt mit wunderschöner Natur.
Mit dem Bus geht es vom Marktplatz in Santa Marta direkt Richtung Nationalpark. Bereits vor Beginn der Fahrt versuchen wir dem Busschaffner, so nenne ich jetzt einfach mal den Menschen, der neben dem Fahrer noch im Bus ist, um den Fahrpreis zu kassieren, zu erklären, dass wir nicht bis zum östlich gelegenen Haupteingang in El Zaino mitfahren, sondern bereits auf halber Strecke in Calabozo aussteigen wollen. Ich hatte gelesen, dass man von dort aus eine schöne Tageswanderung durch den Dschungel bis zum Strand machen könne und unterwegs ein Dorf der Kogui-Indianer passieren würde. Das ist unser Plan. Der erste Teil funktioniert ganz hervorragend. Nach etwa einer halben Stunde Busfahrt hält der Fahrer und wir können in einem kleinen Dorf aussteigen. Als Abschiedsgruß wird uns noch die grobe Richtung des Parkeingangs gezeigt und dann ist der Bus auch schon weg.
Keine Schlange in Calabozo
Wenige Minuten später stehen wir kurz nach 8 Uhr vor einer Dame an einem kleinen Plastiktisch und tauschen 89.000 COP gegen zwei Armbändchen. Von einer langen Schlange, die es um diese Zeit am Haupteingang wohl regelmäßig geben soll, ist hier nichts zu sehen. Nur ein paar wenige Touristen haben sich ebenfalls an diesen Eingang verirrt. Perfekt, das hatte ich gehofft. Der Fakt, dass wir an einem Wochentag in der Regenzeit da sind, trägt sicher dazu bei.
Direkt nach dem Eingang geht’s in den Park hinein und wir sind sofort von Dschungel umgeben. Wir lauschen dem Insektenkonzert, welches von den Vögeln kommentiert wird. Zunächst windet sich der noch breite Weg an einzelnen Häuschen vorbei den Berg hinauf, bis er so schmal wird, dass er auch mit einem Motorrad nicht mehr befahren werden kann. Nach etwa zwei Stunden erreichen wir eine Wegkreuzung, an der wir laut Beschilderung entweder Richtung Strand oder Richtung Pueblito Chairama, kurz Pueblito, das kleine Dorf, abbiegen können. Wir wählen diesen Weg und werden mit einem noch engeren Pfad belohnt, auf dem uns die Natur noch näher kommt.
Brüllaffen!
Nach einer Weile fällt neben dem Weg etwas von oben herab. Und noch etwas. Moment mal, wenn etwas von oben kommt, muss da eine Quelle sein und immer noch kommt alles Gute von oben. Wir suchen das Blätterdach in großer Höhe mit unseren Augen ab und sehen erstmal: Blätter. Viele Blätter! Aber da, da bewegt sich doch was! Eine Gruppe Brüllaffen bewegt sich ganz gemütlich von Ast zu Ast, kaut mal hier an einem Blatt und schmeißt da einen Zweig herunter. Wir sind total happy und starren einfach nur fasziniert nach oben, als einer der Affen tatsächlich anfängt zu brüllen. Das ist echt laut und ich habe das Gefühl, ein Löwe sitzt direkt hinter dem Baum neben mir. Es ist ein großartiger Moment! Wir zählen mindestens 15 Tiere, die da oben scheinbar völlig unbeeindruckt von unserer Gegenwart ihrem Tagesgeschäft nachgehen.
Irgendwann reißen wir uns doch los und setzen den Weg Richtung Dorf fort. Nachdem wir um einen großen Stein gebogen sind, steht in einiger Entfernung das erste Haus vor uns. Ich lüge nicht, wenn ich sage, dass es auf mich in dem Moment wie eine Aufnahme aus einem Dokumentarfilm wirkt. Da steht auf einer Lichtung ein rundes palmwedelgedecktes Haus mit einer kleinen Holztür und davor stehen drei kleine langhaarige Kinder in einfachen weißen Kleidern. Scheinbar haben sie uns gesehen, denn ganz flink verschwinden sie im Inneren des Hauses. Wir hatten gelesen, dass die indigene Bevölkerung sehr scheu sein soll. Stimmt.
Kleine Ciudad Perdida
Hinter einer weiteren Biegung kommen weitere Hütten auf runden, von Steinen eingefassten Terrassen in Sicht, die um einen Platz mit gestampftem Lehmboden gruppiert sind. Schmale Treppen aus flachen Steinen führen die Hänge hinauf zu weiteren Terrassen, die teilweise von weiteren Hütten gekrönt sind, andere, die überwiegende Mehrheit, sind aber leer. Dieses Dorf wird auch als die kleine Ciudad Perdida bezeichnet, da die Siedlung aus insgesamt etwa 250 Terrassen besteht, von denen viele mittlerweile vom Dschungel überwuchert sind. Sie ist tatsächlich sogar rund 200 Jahre älter als die große Schwester in der Sierra Nevada.
In der Siedlung sind wir auch nicht mehr ganz allein. Einige Touristen kommen vom Strand hier herauf. Wir machen uns auf den umgekehrten Weg: Den Berg hinab Richtung Strand. Etwa 2 Stunden klettern und krabbeln wir über große und kleine Steine den Berg hinab, immer umgeben von den satten Farben des Dschungels, der uns hier auch noch einige Tiere zeigt: Ein Pfeilgiftfrosch, grüne Eidechsen, braune Eidechsen mit blauem Schwanz und viele Insekten, Schmetterlinge und Vögel kreuzen unseren Weg.
Irgendwann wird das Terrain flacher und wir laufen durch Palmen. Das Karibikfeeling kommt langsam so richtig zum Tragen und plötzlich stehen wir an einer kleinen runden Bucht mit weißgelbem Sand unter Palmen, eingefasst von großen runden Felsen und gefüllt mit blau leuchtendem Wasser. Karibik, here we are! Diesen fantastischen Strand lassen wir uns nicht entgehen! Mit drei großen Schritten sind wir im Wasser und genießen für einen Moment das herrliche Gefühl, wenn die rauchenden Füße wieder auf ihre Normaltemperatur heruntergekühlt werden. Ich denke, ein bisschen Karibikwasser ist in diesem Moment verdunstet…
Holzstege für das Volk
Das Badevergnügen währt nicht lange. Wir wollen noch bis zum Haupteingang, um von dort den Bus zurück nach Santa Marta zu nehmen. Von nun an geht es aber deutlich einfacher voran. An den zum Baden freigegebenen Stränden findet sich die große Mehrheit der Parkbesucher und außerdem gibt es die Möglichkeit dort zu übernachten (im gemieteten oder eigenen Zelt oder aber auch in der Hängematte). Die Wege sind entsprechend breit und flach, damit auch der durchschnittlich untrainierte Stadtbewohner lebend hin und zurück kommt. Über weite Strecken laufen wir nun über Holzstege und -treppen durch den Park. Auch wenn die Strände, an denen wir nun vorbeilaufen, sehr schön sind, kommt der Dschungel leider nicht mehr an den ersten Teil heran. Das Erlebnis ist hier ein ganz anderes und vollständig auf den Strandtouristen ausgelegt. Regelmäßig laufen wir an Snack-Ständen vorbei, selbst Eisverkäufer mit Kühltasche sind unterwegs. Für die ganz Faulen stehen Mietpferde bereit, die das Erreichen des Parkausgangs für jeden sicherstellen.
Von unserem ersten Badestrand laufen wir etwa weitere drei Stunden bis zum Parkausgang. Da wir ja nun wissen, dass oben in den Bäumen wahrscheinlich jemand ist, wenn es Äste regnet, können wir noch eine weitere Gruppe Äffchen beobachten. Diese sind kleiner als die Brüllaffen, aber weiter können wir sie leider nicht identifizieren. Wir genießen aber noch einmal mit dem Kopf im Nacken den Anblick, während Scharen von schwitzenden Badegästen mit ihren Handtüchern um den Hals an uns vorbeihecheln.
Schummeltime
Vom eigentlichen Ausgang des Parks sind es noch weitere drei Kilometer entlang einer Straße bis nach El Zaino, von wo aus die Busse Richtung Santa Marta abfahren. Zugegeben, wir schummeln und nehmen ein Shuttle. Nach acht Stunden Wanderung haben wir keine Lust mehr darauf diese Straße entlangzulaufen.
Der Tayrona National Park war für uns eine großartige Tageswanderung durch den karibischen Dschungel, die uns nicht nur durch die Brüllaffen sehr gut gefallen hat. Die Wahl des Weges von Calabozo über Pueblito Chairama und die Strände nach El Zaino war perfekt für uns und ich kann diesen nur empfehlen. Acht wunderschöne Stunden – was will man mehr für einen Tag?
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Da habe ich sooo lange keinen Kommentar abgegeben,das lag an meinem, immer wieder auftauchenden, Unvermögen.Mei Interesse ist aber immer riesig groß und auch manche Sorgen um Euch.Nun freue ich mich aber über Eure abenteuerlichen Berichte.Danke!!! Jan,Dein großer Strohhut steht Dir wirklich gut! Auf den wunderschönen Fotos seht Ihr ja auch noch ganz heil und fröhlich aus,daß beruhigt mich ungemein!Trotzdem seid bitte nicht unvorsichtig;lieber ein paar weitere Touristen in der Nähe,als ganz allein unterwegs
Alles Gute für Euch und herzlichen Gruß von Oma Karin
Hallo Oma,
wie schön, wieder von Dir zu lesen! Aber mach Dir bitte keine Gedanken wegen der Häufigkeit, in der Du uns schreibst. Hauptsache, Dir geht es ebenfalls gut.
Wegen der Sicherheit machen wir uns natürlich immer Gedanken und an einem richtig einsamen Ort waren wir u.a. deshalb auch noch nicht. Im Tayrona Park haben wir Dank Jans Planung zwar den schönsten und am wenigsten überlaufenen Weg gefunden, aber alle Viertelstunde oder so kommt einem dann doch jemand entgegen.
Ich drücke Dich ganz fest!
Maria
Hallo, ihr Zwei,
ich verfolge eure Bloggs eifrig, auch wenn ich noch nicht geschrieben habe. Ihr berichtet sehr anschaulich, und die Fotos sind auch spitze. Um eure Dschungeltour beneide ich euch. Brüllaffen würde ich auch mal gern erleben…. LG und passt auf euch auf.
Hallo Steffi,
wir freuen uns natürlich über jeden Kommentar (und Jan freut sich ganz besonders über solche aus Leipzig und Australien ?), aber es ist völlig in Ordnung, wenn ihr einfach nur unseren Blog genießen könnt.
Die Brüllaffen waren wirklich ein Glücksfund. Hätten die nichts runtergeschmissen und wäre Jan nicht so aufmerksam gewesen, hätten wir sie sicher übersehen. Aber so konnten wir sie richtig gut und lange beobachten. Und dann gleich so eine große Gruppe!
Liebe Grüße nach Leipzig, auch an den Rest der Familie!
Maria
Haha, so eine Krokodilstranderfahrung hab ich auch gerade erst gehabt. Habt ihr da auch welche gesehen? Nachdem ich auf einer Flussfahrt 7 faule Großreptilien mit spitzen Zähnen gezählt habe, hab ich mich immer schön vom Wasser fern gehalten und bin nur weiter draußen geschnorchelt (da, wo die Krokos nicht hinkommen, weil die sich nicht mit den Haien und Quallen vertragen;) ).
So eine Wanderung durch den Dschungel hat schon was. Ich ziehe ihn dann irgendwie immer den Stränden vor, weil mir am Strand immer langweilig wird. Was mögt ihr lieber? Und all die tollen Tiere, die ihr wieder aufgestöbert habt! *_*
Sagen wir mal so: Gesehen haben wir keine Kaimane, was aber nicht heißt, dass sie nicht doch da waren. Baden gegangen sind wir dann aber doch nur im Ozean, nicht in der Süßwasserlagune. Unsere Zehen wollten wir gern noch ein bisschen länger behalten.
Wenn ich die Wahl hätte zwischen Dschungel und Strand – ich würde in den Dschungel gehen.
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ein Baum auf Stelzen und eine Broschen in Form eines Frosches und einer Eidechse. Wie schööön.
Und Blattschneiderameisen kenne ich nur aus dem Kölner Terrarium.
Vor allem die Blattschneiderameisen hatten es uns angetan – ganz unvermutet! Es ist aber auch wirklich faszinierend, wie viele Blattschnipsel die durch die Gegend tragen. Und das über solche Strecken! Da war richtig viel los, viel mehr als ich es je in einem Zoo gesehen habe.