Vilcabamba: ¡Feliz cumpleaños, Jan!

Vilcabamba: ¡Feliz cumpleaños, Jan!

Egal, mit wem wir hier über unsere Reiseroute durch Ecuador gesprochen haben: Jeder, wirklich jeder hat uns gesagt, wir müssten in Vilcabamba vorbeischauen. Also haben wir uns ein bisschen darüber belesen und gelernt, dass das Tal, in dem Vilcabamba liegt, auch als das „Tal der Hundertjährigen“ bekannt ist.

Offenbar wollen Wissenschaftler herausgefunden haben, dass die Einwohner hier überdurchschnittlich alt werden. Für dieses Phänomen kursieren die wildesten Theorien – die Zusammensetzung des Wassers, eine hohe negative Ionenladung der Luft oder dass das „Herz der Erde“ hier zu finden sei. Natürlich haben andere Wissenschaftler inzwischen widerlegt, dass die Lebenserwartung Vilcabambas sich vom Rest des Landes unterscheidet. Trotzdem, wundern würde es uns nicht, denn das Leben hier scheint ganz besonders entspannt zu sein, das Klima fast immer gut und die Umgebung einfach schön.

Wo also hätten wir Jans Geburtstag besser verbringen können als hier?

Unsere Oase

Wieder einmal hatten wir viel Glück mit unserem Hostel (oder vielleicht werden wir auch nur besser darin, die Bewertungen auf diversen Buchungsportalen richtig zu interpretieren.) Das Le Rendez-Vous ist französisch geführt und eine richtige kleine Oase, in der wir uns pudelwohl gefühlt haben. Spätestens jetzt weiß ich auch, dass ich so eine bunte Hängematte aus Südamerika mitbringen werde!

Und auch Vilcabamba selbst hat uns sofort gefallen. Nicht, weil es hier etwa großartige Architektur zu bewundern gibt. Ganz im Gegenteil ist das ganze Dorf sehr ähnlich anderen ecuadorianischen Dörfern, die wir auf unserer Reise gesehen haben. Vielleicht ist es noch etwas kleiner und die Straßen etwas breiter, wodurch das alles einen Eindruck von Luft und Freiheit bekommt. Vor allem aber hat Vilcabamba etwas Unaufgeregtes, Unaufdringliches, rundum Freundliches. Wir waren sofort so entspannt, dass wir sogar vergessen haben, vom Dorf richtige Fotos zu machen.

Geburtstagswanderung, Teil 1

Jans Geburtstag war entsprechend wunderbar: Ganz ohne großes Partygedöns oder viel Aufsehen. Beim besten Frühstück, das wir in Südamerika bisher kredenzt bekommen haben (dieses Brot!), wurde Geburtstagspost geöffnet. Sogar ein WhatsApp-Schwätzchen mit dem lieben Weltenbummler-Schwesterchen Dana war drin, bevor wir uns auf unsere erste Wanderung aufmachten.

Vilcabamba ist nämlich in einem wirklich schönen Tal gelegen. Überhaupt können wir nicht aufhören, über die Landschaft Ecuadors zu staunen. Überall diese Berge, teilweise noch aktive Vulkane, manche so hoch, dass die Wolken unter den Gipfeln hängen. Andernorts kreisen die Geier unter uns. Nur schade, dass Ecuador dann doch so dicht besiedelt ist, dass viele Hänge bereits ihre ursprüngliche Vegetation eingebüßt haben und von einem Flickenteppich aus Feldern bedeckt sind. Auch das hat seine ganz eigene Ästhetik, aber ist ökologisch betrachtet ungefähr das, was wir in Europa mit unseren Urwäldern angestellt haben.

Um dieses Tal nun etwas zu erkunden, folgten wir den im Hostel ausgegebenen Beschreibungen. So ein Abenteuer wie in Baños wollten wir heute nicht unbedingt wiederholen. Mit kurzen Momenten der Verwirrung, die dazu führten, dass wir den Weg dann falsch herum gingen, war das auch ganz erfolgreich.

Umso mehr, als wir an einem kleinen Stand an einer Brücke vorbeikamen, an dem vollmundig „información, aceite de coco, jugo de naranja“ ausgeschrieben stand. Nachdem wir den kleinen, alten Mann, der offenbar zu dem Stand gehörte, aus seinem Garten gelockt hatten (er dachte vermutlich, wir wollten ihn ausplündern, wie wir da fast auf seinem Grundstück standen), stellte sich zwar heraus, dass Kokosöl und Information eher nicht zu haben waren, aber Orangensaft schien machbar. Zuvor musste er allerdings bei seinen Nachbarn Gläser schnorren und dann in Handarbeit 13 (!) Orangen für ein Glas Saft pressen. Ich sage euch, Orangensaft hat uns noch nie so gut geschmeckt.

Geburtstagswanderung, Teil 2

Nach drei Stunden die Berge hoch und runter kamen wir zurück ins Dorf, waren aber noch lange nicht fertig mit unseren Erkundungen. Am späten Nachmittag sind wir in das nahegelegene, privat bewirtschaftete Reservat Rumi Wilco gegangen, und in dem war es nun wirklich gar kein Problem, sich zurecht zu finden. Alle Wege sind nämlich liebevoll beschriftet und ausgezeichnet. Am Eingang bekommt man eine gute Karte in die Hand und darf sich dann wieder – rauf auf den Berg, runter vom Berg – durch erstaunlich unterschiedliche Vegetation und Landschaft bewegen.

Darunter sind neben vielen Kakteen und seltsamen Baumsymbiosen auch skurrile Türme aus Steinen und Lehm. Diese sind beileibe nicht von Menschenhand geschaffen, sondern zeugen von den Wasserströmen, die sich nach der letzten Eiszeit ihren Weg gebahnt hatten und dabei allerlei Sediment mitnahmen und komprimierten. An manchen Orten blieben dabei diese Türme stehen und wachen nun über Täler, Berge und Dörfer.

Nach so viel Bewegung war es eigentlich ein Wunder, dass wir nicht einfach tot ins Bett gefallen sind, sondern den Abend noch beim aus Cuenca mitgebrachten Maracuja-Wein haben ausklingen lassen.

Der umgedrehte Wasserfall

Eine längere Wanderung in der Umgebung Vilcabambas führt zu einem Wasserfall, dem cascada el palto. Wasserfälle werden ja in allen Teilen der Erde gerne groß beworben und den Zugang lassen sich die Anwohner leider zunehmend häufig vergolden. Da Wasserfälle meist ohnehin hoffnungslos überbewertet werden, haben wir auf unserer Reise bisher nicht viele davon gesehen. Selbst in Baños haben wir es ja nicht bis zum Endziel geschafft.

Da die Wanderungen zu diesen Wasserfällen aber auch nicht zu verachten sind (siehe wieder das Beispiel Baños), machten wir uns am nächsten Tag auf zu einem fünf- bis sechsstündigen Ausflug. Auch diesmal ließ die Beschilderung fast nicht zu wünschen übrig. Einzig das Bild ganz am Anfang verwunderte uns etwas: Da hatte nämlich ein Photoshop-Profi das Foto falsch herum auf das Schild gedruckt. Oder fließt der am Ende doch so seltsam und die Bäume stehen alle Kopf? Na, das versprach ja, ein heiterer Wasserfall zu werden.

Auf dem Weg wurden wir wieder mit den schönsten Aussichten belohnt. Nach der harten Arbeit, die es bedeutet, innerhalb von 50 Minuten fast 500 Höhenmeter zu überwinden, hatten wir uns die aber auch verdient. Danach ging es angenehmerweise weniger steil zu. Nur verschiedene Tore wollten überwunden und einer Schlange ausgewichen werden (ich habe mich noch nicht getraut, zu googlen, was da so dicht vor mir über den Pfad schlängelte).

Schließlich standen wir, getreu den Hostel-Anweisungen folgend, vor zwei weiteren Toren. Das linke sollte zu den Anwesen führen, auf dem der Wasserfall zu finden ist. Da dieses geschlossen war (und die dort lebende Familie demzufolge nicht daheim war und auch keinen Wegezoll eintreiben konnte), sollten wir uns durch das rechte begeben und uns unter dem Stacheldrahtzaun hindurchquetschen. Das mag seltsam klingen, aber wenn das so gängige Praxis ist…

Nur noch wenige hundert Meter und eine kurze Abseilaktion später standen wir dann tatsächlich am Wasserfall. Natürlich kann er mit den Niagarafällen nicht mithalten, und er floss auch ganz normal von oben nach unten, aber wir hatten ihn ganz für uns allein und genossen die Ruhe (vom ewig rauschenden Wasser einmal abgesehen), um uns für den Rückweg zu wappnen.

Und weil es so schön war, haben wir an dem Abend auch einfach noch die zweite Flasche Kloster-Wein, dieser aus Brombeeren gewonnen, niedergemacht.

So langsam glaube ich, dass es einen besonderen Zauber in kleinen, lateinamerikanischen Orten mit „V“ gibt. Egal ob Villa de Leyva in Kolumbien, vor einigen Jahren Viñales im Westen Kubas oder jetzt Vilcabamba in Ecuador: An all diesen Orten hätte ich gut und gerne noch viel, viel länger bleiben und die Seele baumeln lassen können.

Wenn ihr weitere Beispiele für meine These kennt, dann immer her damit. (Wenn ihr Gegenbeispiele kennt, dann behaltet sie besser für euch, um die Magie nicht zu zerstören.)

10 Comments

  1. Das klingt auf jeden Fall nach einer guten Art, einen Geburtstag zu verbringen! Ich hätte da noch ein paar tolle Wasserfälle in Thailand zu empfehlen. Dummerweise muss man sich bei denen die Leute wegdenken. So einen Ort für sich alleine zu haben, ist schon was anderes. Aber ich gebe dir Recht, dass sie meistens überbewertet werden. 😉

    1. Für gute Tipps in den noch auf unserer Liste stehenden Ländern sind wir natürlich immer dankbar. Wenn zu viele Leute da sind, nehmen wir uns einfach ein paar Scheuklappen und Ohrstöpsel mit – schon sind wir wieder für uns.

      Jan
  2. Nachträglich noch alles Gute zum Geburtstag lieber Jan.
    Wir machen gerade Urlaub auf Kreta, und ehrlich, wir hatten die Urlaubslektüre zu Hause lassen können, denn von euch gibt es ja immer ausführliche und spannende Berichte. Wir wünschen euch weiterhin so viele tolle Eindrücke und grüßen von der Insel. Eure Brigitte und Michael

    Brigitte
    1. Hallo ihr zwei,
      vielen lieben Dank für die Glückwünsche. Die sind auch in Peru noch angekommen 😉

      Wir freuen uns, dass wir euch auf Kreta begleiten dürfen und dass ihr uns gern lest. Hoffentlich können wir die Erwartungen während der nächsten zehn Monate weiterhin erfüllen.

      Viele Grüße aus Peru!

      Jan
  3. Es kann nun wirklich nicht jeder von sich sagen, dass er seinen Geburtstag wandernd in Ecuador verbracht hat. Ob die V-Orte besonders zauberhaft sind, lässt sich vielleicht überprüfen, wenn ihr Vilcabamba in Peru aufsucht. ?
    Wenn das genauso zauberhaft ist, wie sein Namensvetter, dann ist da möglicherweise etwas dran?
    Auf jeden Fall habe ich gelesen, dass dieses Vilcabamba ein Rückzugsort der Inca-Könige war, die dort sozusagen ihre “Wellnessoase” hatten.

    ?

    Kirsten55
    1. Ui, dass es hier in Peru auch ein Vilcabamba gibt, das haben wir noch gar nicht mitbekommen. Der Geburtstag dort war auf jeden Fall sehr schön und ich kann durchaus nachvollziehen, dass die Inca-Herrscher dort ein Wochenendhäuschen hatten. Davon ist heute allerdings nichts mehr zu sehen oder zu merken. Allerdings haben viele ältere Europäer und Amerikaner die Gegend für ihren Lebensabend entdeckt und es hat sich eine entsprechende Community entwickelt.

      Jan
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