Phnom Penh: Einführung in kambodschanische Geschichte

Phnom Penh: Einführung in kambodschanische Geschichte

Kambodschas größter Schatz sind die Menschen, die hier leben. Ich erinnerte mich noch genau an ihr offenes, herzliches Lachen, ihren Optimismus und ihre Ehrlichkeit und freute mich riesig darauf, dieses Land wieder zu besuchen.

Grenzübergänge machen keinen Spaß

Umso trauriger ist es, dass jeder Besucher, der über Land nach Kambodscha einreisen möchte, als allererstes (und allerletztes, was man so hört) die korrupten und unfreundlichen Grenzbeamten dieses Landes kennenlernt. Ein erster Eindruck, der dem Land völliges Unrecht tut. Fairerweise muss man hinzufügen, dass die Beamten auf thailändischer Seite der Grenze nicht besser sein sollen.

Aber wir waren vorgewarnt worden und hatten Dank intensiver Internetrecherche auch eine Strategie gefunden, sich hier nicht zu sehr abzocken und ärgern zu lassen. Das Zauberwort heißt neuerdings e-Visum, welches Kambodscha nach maximal drei Tagen Bearbeitungszeit ausstellt. Das bewahrte uns vor weiteren finanziellen Forderungen der Grenzbeamten und hielt auch die „hilfreichen“ Menschen auf Abstand, die gerne Anträge für uns ausgefüllt hätten.

Niemandsland Grenze zwischen Thailand und Kambodscha mit Flaggen

Wir überquerten die Grenze im Südosten von Thailand. Thailand ist hier nur noch ein langer, schmaler Zipfel am Wasser. Der ist so dünn, dass es eigentlich ein Witz ist, dass dieses Land noch zu Thailand gehört. In der Hochsaison geht es hier sicher trubeliger zu. Wir waren trotzdem froh, wenigstens eine Sorge (Visa-Antrag) weniger zu haben.

Kaum waren wir sicher (und ohne Schmiergeld gezahlt haben zu müssen) in Kambodscha, wurde es noch einmal kurz unangenehm. Einer besagter „hilfreicher“ Menschen sagte uns, unser Bus für die Weiterreise sei inzwischen abgefahren und der nächste käme erst in zwei Stunden. Er könne uns aber für fünf Dollar pro Person noch zur nächsten Haltestelle des ersten Busses fahren. Glücklicherweise lehnten alle anwesenden Touristen dies ab. Solchermaßen geschlagen lud er uns dann trotzdem wie selbstverständlich in seinen Pickup. Jan und ich fanden für die fünfzehnminütige Fahrt nur noch Platz auf der Ladefläche. Immerhin konnten wir dort das Gepäck bewachen. Am Busbahnhof des nächsten Ortes wartete der Bus bereits auf uns. Weitere fünf Minuten später waren wir auf dem Weg nach Phnom Penh.

Schreckensregime der Khmer Rouge

Die Lebensfreude der Khmer (Kambodschaner) ist angesichts ihrer jüngeren Geschichte umso erstaunlicher. Als am 17. April 1975 die Khmer Rouge („rote Khmer“) Phnom Penh von der US-amerikanisch gestützten Militärregierung „befreiten“, begann einer der schlimmsten (und unbeachtetsten) Genozide des 20. Jahrhunderts. Die Khmer Rouge wollten ein kommunistisches Bauernimperium errichten, in dem Akademiker, Intellektuelle, Andersdenkende oder anders aussehende Menschen keinen Platz hatten. Innerhalb von nur zwei Tagen wurden alle größeren Städte geräumt und sämtliche Einwohner, egal welchen Alters oder in welchem Gesundheitszustand dazu gezwungen, aufs Land umzusiedeln.

Dort sollten sie 12 bis 15 Stunden am Tag schwerste körperliche Arbeit verrichten, meist mit nur einer winzigen Mahlzeit am Tag, die aus einem Klecks dünner Reissuppe bestand. Den Bauern selbst erging es nicht wesentlich besser, auch wenn sie zumindest Ahnung von landwirtschaftlicher Arbeit hatten.

Die Wut der Khmer Rouge ergoss sich zunächst über all jene, die einen höheren Bildungsstand hatten. Oder die nur so aussahen. Brillenträger oder Menschen, die eine Fremdsprache sprachen, wurden genauso interniert, gefoltert, getötet.

Landesweit wurde ein Netz von Gefängnissen und Hinrichtungsstätten errichtet. Ein beispielloses System von Folter und Denunziation brachte hunderttausende Menschen dazu, ihre Nachbarn und engsten Familienangehörigen der Spionage und Sabotage zu beschuldigen.

1979 marschierte Vietnam in Kambodscha ein, um das Land von den Khmer Rouge zu befreien. In nur vier Jahren hatten diese schätzungsweise 2 Millionen Menschen umgebracht – ein Viertel der damaligen Bevölkerung! Unvorstellbar, was geschehen wäre, wenn dieses Regime noch länger bestanden hätte.

Die meisten Ausländer waren nach dem Einmarsch der Khmer Rouge über die französische Botschaft in Phnom Penh ausgeflogen worden. Das Land war innerhalb kürzester Zeit vollständig isoliert von der Außenwelt und die Gräuel, die sich hier abspielten, blieben der Weltöffentlichkeit verborgen. Die Khmer Rouge durften sogar noch bis 1982 den kambodschanischen UN-Sitz innehaben.

Aufarbeitung

Vier Jahre Hölle auf Erden haben ihre Spuren hinterlassen. Kambodscha hat heute 16 Millionen Einwohner. 40 % davon sind jünger als 16 Jahre. Der Altersdurchschnitt beträgt nicht einmal 25 Jahre. Es gibt in Kambodscha keinen Menschen über 40, der damals nicht mindestens einen Familienangehörigen verloren hat. Die komplette Mittelklasse und Bildungsschicht wurden vernichtet. Das Wissen, das damit ebenfalls zerstört wurde, kann nur langsam wiedergewonnen werden.

Auch wenn Kambodscha 1979 offiziell befreit wurde, litt das Land noch zwei Jahrzehnte unter einem Bürgerkrieg. Die Khmer Rouge hatten sich in den Untergrund zurückgezogen und bekämpften weiterhin die neue Regierung – zu der auch mehrere ehemalige Khmer Rouge Offiziere gehörten. Erst 1999 begannen Gespräche darüber, wie mit den Verbrechen und Verbrechern von damals umgehen sollte. Und erst 2007 nahm das Khmer-Rouge-Tribunal seine Arbeit auf.

Viele der obersten Macht- und Befehlshaber von damals sind durch die lange Wartezeit einem Gerichtsverfahren und ihrer Bestrafung entgangen. Auch der Anführer der Khmer Rouge, Pol Pot, starb an natürlichen Ursachen und in vergleichsweise komfortablen Umständen, bevor man ihn fassen konnte.

Doch immerhin ein paar wenige Prozesse gibt es noch, und auch eine Verurteilung. Letztere betraf den ehemaligen Leiter von Tuol Sleng, dem größten und wichtigsten Gefängnis der Khmer Rouge. „Duch“, so sein Spitzname, wurde zu lebenslanger Haft verurteilt. (Bemerkenswerterweise hat Kambodscha 1989 die Todesstrafe abgeschafft, also noch vor den Prozessen gegen die Khmer Rouge. Ein Indikator vielleicht für die hier verfolgte Strategie der Versöhnung.)

Tuol Sleng

Die Hauptstadt Kambodschas bietet gute Möglichkeiten, sich diese Aspekte der kambodschanischen Geschichte zu vergegenwärtigen. Es war deshalb klar, dass Jan und ich hier zwei Tage bleiben würden. Gleichzeitig graute mir ein bisschen davor, Tuol Sleng und die Killing Fields noch einmal zu besuchen. Beide hatten schon vor viereinhalb Jahren nachhaltigen Eindruck bei mir hinterlassen.

Das Tuol Sleng Genozid Museum befindet sich in Räumen des ehemaligen Gefängnisses und Folterzentrums S-21. Zu Zeiten der Khmer Rouge umfasste S-21 noch weitere Gebäude, darunter ein „Krankenhaus“, in dem Gefolterte krude behandelt wurden, damit sie weiter gefoltert werden konnten, Unterkünfte, Agrarflächen und Bürogebäude. Geblieben ist davon die ehemalige Grundschule, deren Gebäude von den Khmer Rouge in Zellblöcke umgewandelt wurden und auf deren Innenhof Gefangene schlimmste Qualen erlitten.

Durch diese Räume zu gehen, die winzig kleinen Einzelzellen zu sehen, die Klassenräume, in denen dutzende Gefangene nebeneinander auf dem Boden liegen mussten – ohne zu sprechen, ohne sich zu rühren, ohne Nahrung, ohne Wasser, ohne sanitäre Einrichtungen – war furchtbar beklemmend. In die Gesichter all der Menschen zu blicken, die hier interniert worden waren, war unbeschreiblich. (Die Khmer Rouge hatten ihre Verbrechen peinlichst genau dokumentiert, wenn auch in den allermeisten Fällen die Zuordnung von Fotos zu gefälschten Geständnissen und Lebensläufen verloren gegangen ist.)

Wir schauten uns dort auch die Dokumentation an, die 2003 über das Gefängnis gemacht wurde. In dieser treffen einer der ganz wenigen Überlebenden und mehrere der ehemaligen Wächter des Gefängnisses – damals wenig mehr als Kinder – aufeinander. Ein bestürzender und facettenreicher Film, der aber auch keine Antwort darauf findet, ob Täter nicht auch Opfer waren und wie man mit diesen Erinnerungen und dieser Schuld umgehen soll. Klar wurde uns auf jeden Fall, wie tief (auch heute noch) die Gehirnwäsche der Khmer Rouge reichte und wie unmöglich eine Aussöhnung ist, die über einzelne Individuen hinausgeht. Den Film kann man sich hier (YouTube) anschauen.

Die Killing Fields

Wer Ende der 1970er Jahre nach Tuol Sleng gebracht wurde, dessen Todesurteil war bereits unterschrieben. Da Angkar, die nebulöse Organisation und allumfassende Macht, bestehend aus der Kommunistischen Partei Kambodschas und den Khmer Rouger, sich niemals irrte, gab es ja auch keine unrechtmäßigen Verhaftungen. Es galt also, das passende Vergehen zu finden, um die Verhaftung zu rechtfertigen und die Namen von möglichst vielen Mitverbündeten des Inhaftierten zu erhalten.

Gefangene, die die Folter von Tuol Sleng überlebt hatten (und keine Gelegenheit gefunden hatten, sich selbst das Leben zu nehmen), wurden auf ein Grundstück außerhalb der Stadt gebracht, zu den sogenannten Killing Fields von Choeung Ek. Dies geschah meist nachts, um keine unnötige Aufmerksamkeit auf das Gebiet und die Transporte zu lenken.

Kamen anfangs noch ein oder zwei LKWs mit Menschen hier an, waren es gegen Ende der Khmer Rouge Herrschaft täglich mehr Gefangene, als während der Nacht umgebracht werden konnten. Sie mussten daher in primitiven Hütten ausharren, während sie draußen den Schreien der Hingerichteten lauschten.

Etwa 17.000 Menschen wurden hier umgebracht und in riesigen Massengräbern verscharrt. Und Choeung Ek war nur eins von vielleicht dreihundert Killing Fields in ganz Kambodscha. Genau so, wie Tuol Sleng oder S-21 nur eins von knapp 200 Gefängnissen war.

Gedenkstätte

Auch Choeung Ek ist heute eine Gedenkstätte und so etwas wie ein Museum. Ein exzellenter Audioguide führte uns über das erstaunlich friedliche Gelände. Doch wenn einem der Sprecher erklärt, dass diese Mulden im Boden die ausgehobenen Massengräber sind (und nicht alle Gräber wurden geöffnet), dass an diesem Baum Lautsprecher hingen, die die Todesschreie mit patriotischer Musik übertönen sollten, dass an diesem anderen Baum die Köpfe von Säuglingen eingeschlagen wurden, dass deren Mütter nackt hingerichtet wurden, um sie noch mehr zu demütigen, dass die Menschen hier mit Stöcken, Beilen, Stangen, Hämmern erschlagen wurden, um Munition zu sparen, dass auch heute noch Knochensplitter und Kleidungsreste aus dem Boden geschwemmt werden, dann verliert das Land ganz schnell an Schönheit. Wir wagten nicht uns vorzustellen, welche alptraumhaften Bilder diejenigen gesehen haben müssen, die die Gräber in diesem Feld entdeckten.

In der Mitte des Areals erhebt sich ein großer Gedächtnis-Stupa, in dem die Gebeine vieler Opfer sortiert aufgebahrt wurden. Eine möglichst würdevolle Mahnung an die, die diesen Boden betreten können, ohne um ihr Leben zu fürchten. Und ein Monument der nationalen Trauer, Erinnerung und Aufarbeitung.

Angesichts all dieser furchtbaren Geschichten, dieses unvorstellbaren Leids und des unglaublichen Ausmaßes stellten sich uns immer wieder zwei Fragen. Wie können Menschen anderen Menschen nur solch einen Schmerz, solch ein Leid antun? (Die erwähnte Dokumentation bietet dafür immerhin ein paar Erklärungsversuche, zumindest wenn man zwischen den Zeilen liest.) Und wie kann es sein, dass man in Deutschland nichts, wirklich gar nichts von dem Genozid in Kambodscha erfährt?

Wenn man um die Gräueltaten in den 1970er Jahren weiß, sieht man dieses Land und seine Menschen mit anderen Augen, vielleicht auch mit mehr Nachsicht und mit mehr Respekt.

Denkmäler

Nach solch einer geballten Ladung schrecklichster Menschheitsgeschichte – und das nicht nur abstrakt fern, sondern zum Anfassen nah – fällt es schwer, den Bogen hin zu profaneren Dingen zu schlagen. Das gilt nicht nur für das Schreiben dieses Berichts, sondern galt auch für uns, die wir mit aufgewühlten Herzen und Gedanken im Tuk Tuk zurück in die Stadt saßen. Selbst der knurrende Magen und der Gedanke an etwas zu essen wirkte völlig fehl am Platze.

Aber es gibt in Phnom Penh auch noch andere Dinge zu tun, als Tuol Sleng und die Killing Fields zu besichtigen. Und so wichtig diese Stationen sind, um Kambodscha zu verstehen, so froh bin ich auch, dass wir uns Zeit genommen haben für andere Sehenswürdigkeiten.

So wanderten wir beispielsweise von unserer Unterkunft zum Unabhängigkeitsdenkmal, das an die Unabhängigkeit von Frankreich im Jahr 1953 erinnert. An die Zeit als französische Kolonie erinnern in Kambodscha heute noch einige französische Villen, der Umstand, dass Französisch als Fremdsprache durchaus noch verbreitet ist und das allgegenwärtige Baguette. (Ein willkommener, wenn auch völlig unerwarteter Anblick nach wochenlangen Toastbrot-Frühstücken.)

Wenige Meter von diesem Denkmal entfernt steht eine Statue von Kambodschas Nationalhelden und Vater eben jener Unabhängigkeit, Norodom Sihanouk. Paradoxerweise kann Sihanouk auch für den Erfolg der Khmer Rouge mitverantwortlich gemacht werden, da er sich nach seiner Entthronung durch das Militär im Exil mit eben jener Revolutionsbewegung verbündete. Diese Verbindung hatte anfangs viele Kambodschaner dazu gebracht, der Khmer Rouge beizutreten. Und wer einmal Teil der Bewegung war, konnte sich später nicht wieder heraushalten, ohne dafür mit seinem Leben und dem seiner Angehörigen zu bezahlen.

Politisches

Interessanterweise steht direkt am Platz des Unabhängigkeitsdenkmals auch die nordkoreanische Botschaft. So nah waren wir Nordkorea noch nie gekommen! (Und so nah wollen wir ihm eigentlich auch nie wieder kommen.)

Ein kurzer Spaziergang brachte uns außerdem am Denkmal der kambodschanisch-vietnamesischen Freundschaft vorbei. Eine Freundschaft, die viele Khmer heute bei aller historischen Verbundenheit eher kritisch sehen. Zu groß ist das Potential für Korruption und Vetternwirtschaft in beiden Regierungen.

Antikes

Unser nächstes Ziel waren eigentlich der Königspalast Phnom Penhs mit der dazugehörigen Silberpagode. Diese waren über Mittag jedoch geschlossen, so dass wir uns zunächst zum Nationalmuseum von Kambodscha begaben. Zum etwas überteuerten Nationalmuseum von Kambodscha, muss man sagen.

Denn während all die Exponate in diesem Museum sicherlich die Créme de la Créme der noch existierenden Khmer-Kunst darstellen, fallen die Erläuterungen dazu eher mager aus. Auch der Audioguide lieferte nicht mehr als ein paar Grunddaten zu mehr als 200 Ausstellungsstücken – weit mehr, als man sich anhören würde. Immerhin gab es ein paar wenige Hintergrundinformationen zu hinduistischen Sagen und buddhistischen Glaubensrichtungen.

Ansonsten blieb uns nichts weiter übrig, als durch die Hallen voller Statuen und Reliefs zu wandern und zu staunen über die Kunstfertigkeit vor über eintausend Jahren. Viele dieser Stücke entstammten den Tempelanlagen von Angkor und waren meist über Umwege hier gelandet. Der Besuch des Museums stellte insofern eine schöne Einstimmung auf unser nächstes Ziel, Siem Reap und Angkor, dar.

Schönes

Zwischen den Monarchien Thailands und Kambodschas muss es einen kleinen Wettstreit um den schönsten Palast gegeben haben. Der Aufbau des Palastes in Phnom Penh erinnerte jedenfalls stark an jenen in Bangkok (auch wenn ich dort keinen bewaldeten Hügel mit einem kleinen, versteckten Tempel darin entdeckt hatte). Und auch bezüglich seiner Pracht und Schönheit braucht das kambodschanische Pendant keinen Vergleich zu scheuen.

Auch hier sind die Palastgebäude für die Öffentlichkeit nicht betretbar. Das störte uns allerdings nicht groß, denn draußen gab es genug zu bestaunen. Von diesen kunstvoll geschwungenen Dächern, den Goldtönen überall und den wundervoll detaillierten Verzierungen bekommen wir jedenfalls nie genug.

Anders als in Bangkok haben die Gebäude weniger europäische Anleihen. (Mit Ausnahme des Napoleon III. Pavillons, der sich jedoch gerade hinter einem Bauzaun verbarg.) Und die Dächer sowie die Chedis der Anlage zeigen starke Anleihen an die alte Khmer-Bauweise, die hier natürlich zum nationalen Kulturerbe zählt.

Direkt neben dem Königspalast befindet sich die sogenannte Silberpagode. Benannt ist sie nach den 5.329 Bodenfliesen aus massivem Silber. Eine jede wiegt mehr als ein Kilogramm! Am Eingang des Tempels lassen sich ein paar dieser Fliesen anschauen. Der Rest ist unter einem schützenden Teppich versteckt. Sonst wären die Fliesen heute sicherlich so angelaufen, dass sie nur noch die Hälfte wögen.

Märkte

Phnom Penh ist eine Stadt mit einer wechselhaften Geschichte. So scheint es unvorstellbar, dass sie zu Zeiten der Khmer Rouge, also vor gerade einmal 40 Jahren, beinahe ausgestorben war. Eine Geisterstadt, die heute wieder so unglaublich lebendig ist.

Wie in so vielen asiatischen Städten lässt sich diese Lebendigkeit nirgends besser erfahren als in den Märkten. Phnom Penh hat gleich zwei große Markthallen, die einen Besuch lohnen. Wer dort aber frisches Obst und Gemüse, lecker Essen und erfrischende Getränke erwartet, der muss ziemlich suchen.

Der „russische Markt“ war in den 1980er Jahren sehr beliebt bei sowjetischen Besuchern, daher der Name. Und die haben wohl eher nach billigen Markenklamotten und -accessoires gesucht, wofür der Markt auch heute noch bekannt ist. Wobei wir vermuten, dass der Anteil an echten Markenartikeln doch eher abgenommen hat seit damals.

Der Zentralmarkt Psar Thmei besticht hingegen vor allem durch das riesige Kuppelgebäude, in dem er sich befindet. Darunter haben dutzende Schmuckverkäufer ihre Ladentheken aufgebaut. Die Kleidungsstücke befinden sich eher in den strahlenförmig nach allen Richtungen abgehenden Gängen und die ganze Nahrungsmittelfraktion wartet unter offenem Himmel auf Kundschaft.

Wäre es nicht so furchtbar heiß gewesen (38 °C im Schatten) und hätten wir nicht noch so viele Wochen unserer Reise vor uns, wären wir vielleicht angesichts all dieser Schätze schwach geworden. So aber haben lediglich die Fruchtshake-Verkäufer an uns verdient, was aus unserer Sicht in Ordnung geht. Die verkaufen wenigstens noch echte Ware.

6 Comments

  1. Hallo Maria, über die Schreckensherrschaft des Pol-Pot-Regimes ist in Deutschland sehr wohl berichtet worden – auch schon vor vielen Jahren – vor allem aber nach dem Sturz Pol Pots 1979. Aber es ist so wie mit vielen Dingen: Andere Themen sind natürlich präsenter. LG

    Steffi
    1. Hallo Steffi,
      klar dass ein Genozid von vor vierzig Jahren heute keine Schlagzeilen mehr macht. Und das muss er vielleicht auch nicht, oder maximal zu Jahrestagen oder wenn sich etwas ereignet, das darauf Bezug nimmt. (Beispielsweise Verurteilungen der damaligen Täter). Und ich wollte auch gar nicht in Abrede stellen, dass in Deutschland nicht darüber berichtet wurde, als endlich bekannt wurde, was in Kambodscha stattgefunden hat.
      Was mich nach wie vor irritiert ist, dass das Wissen um diesen Genozid und um Pol Pots Schreckensregime nicht Teil der in Deutschland vermittelten Allgemeinbildung sind. (Gleiches gilt natürlich für viele andere Völkermorde in der Geschichte der Menschheit.) Ohne jede dieser furchtbaren Epochen im Detail durchgehen zu können, denke ich trotzdem, dass sich unsere Lehrpläne zu stark auf das dritte Reich konzentrieren. Vielleicht wäre die Lektion, die wir eigentlich daraus gelernt haben wollen (“Niemals wieder”) eindrücklicher, wenn vermittelt würde, wie häufig es schon dazu gekommen ist (und nach wie vor kommt), dass Gruppen von Menschen abgeschlachtet wurden. Dann würde der Holocaust im Bewusstsein des durchschnittlichen deutschen Schülers vielleicht nicht als solche Ausnahme dastehen, als ob diese Mechanismen der Propaganda, des Populismus, der Hetze und der Angstmacherei nicht immer und immer wieder funktioniert hätten und noch nie ein gutes Ende genommen haben.

    1. Stimmt, rein landschaftlich gesehen gibt es große, große Ähnlichkeiten zwischen Thailand, Kambodscha und Laos. Und man spürt auch den gemeinsamen kulturellen und religiösen Hintergrund, vor allem wenn man die buddhistischen Tempel oder die kleinen Geisterhäuschen sieht. Und natürlich Märkte, das tägliche Leben auf der Straße, etc. Da findet man viele Gemeinsamkeiten. Allerdings spürt man auch, dass Kambodscha und Laos viel ärmer sind als Thailand und dass es hier weniger Tourismus gibt – zumindest jetzt noch.

  2. Dieser Teil eurer Reise ist sicher kein leichter gewesen. In den siebziger Jahren haben wir gegen den Vietnam-Krieg protestiert und im Zuge dieser Proteste auch gegen das Schreckensregime Pol Pot, denn wie so häufig sind auch hier die Dinge miteinander verknüpft, das eine wäre vielleicht ohne das andere nie so möglich geworden.
    Wir wussten von den “Killing Fields”, wir wussten von dem schrecklichen Mißbrauch der Bäume. Und wir sind auf die Straße gegangen.

    Kirsten55
    1. Nein, das war kein leichter Tag, aber ein wichtiger. Ohne um diese schreckliche Zeit zu wissen, kann man, denke ich, Kambodscha nicht verstehen. Das wäre, als würde man nach Deutschland gehen, ohne sich mit dem Dritten Reich zu beschäftigen.
      Die weltweiten Proteste gegen den Krieg damals und auch den Genozid haben ihren Teil dazu beigetragen, dass beides irgendwann ein Ende gefunden hat. Trotzdem werden, wenn man sich hier vor Ort darüber informiert, diese Proteste nicht erwähnt. Es wird vielmehr erklärt, dass das Pol Pot Regime vollwertiges Mitglied der UN war und zunächst blieb und dass viele westliche Regierungen lange ihre Augen davor verschlossen, wen sie da in ihrer Mitte willkommen geheißen hatten. Der Fokus wird mehr auf dem Vietnam-Konflikt gelegen haben. Gleichermaßen wurde ja der “geheime” Krieg in Laos unter den Teppich gekehrt.
      Dies alles sind keine ruhmreichen Kapitel, auch für die westliche Staaten.

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