Auckland: unser Tor nach Neuseeland

Auckland: unser Tor nach Neuseeland

Auckland ist für die meisten Reisenden das erste, was sie von Neuseeland sehen und Ausgangspunkt für ihre Roadtrips und weiteren Abenteuer. Wir sind da keine Ausnahme, denn noch ist es nicht ganz Sommer und der Norden ist tendenziell etwas wärmer als der Süden. (Sinnvoller im Bezug auf den Erwerb und den Verkauf unseres Campervans wäre es, anders herum zu reisen, aber das mit dem Wetter war uns bei der Planung der Reise irgendwie wichtiger.)

Auckland ist nicht nur die größte Stadt Neuseelands, es ist auch der einzige Ort hier, von dem wir im Vorfeld Schlechtes gehört haben. Die Stadt sei groß, voller Autos, schrecklich. Naja, nach vier Monaten Südamerika sind unsere Begriffe von groß, voller Autos und hässlich irgendwie ein wenig anders. Aber alles ist relativ und verglichen mit dem Rest des Landes ist es hier sicher etwas weniger beeindruckend.

Wir haben uns daher vorgenommen, so wenig Zeit wie möglich in dieser Stadt zu verbringen und ganz schnell mit einem Campervan unterwegs zu sein. Es kam dann doch etwas anders als geplant. Aber zuerst ein paar Worte zu Auckland, denn auch wenn die Stadt nicht besonders nett zu uns war, fanden wir sie gar nicht so furchtbar.

Auckland mag für neuseeländische Verhältnisse groß sein. Dabei muss man aber bedenken, dass hier gerade einmal 1,5 Millionen Menschen leben, und das auf einer Fläche so groß wie London (zum Vergleich: London hat fast 9 Millionen Einwohner). Die Stadt fühlt sich deshalb gar nicht so riesig oder voll an. Wenn es mal zu Verkehrsstaus kommt, dann nur auf einigen Straßen und nur zum Feierabendverkehr. Überall ist Platz. Kaum ein Haus steht direkt an einem anderen. Selbst in den zentraleren Stadtteilen sind viele Wohnhäuser ein- oder zweistöckig. Überall gibt es Parks. Und was für Parks!

Spaziergänge durch Auckland

So liebevoll angelegt, so sauber, gepflegt, vielfältig. An manchen Stellen wandert man durch regenwaldähnlichen Dschungel. Woanders stehen riesige Bäume mit fast ausgehöhlten Stämmen, die Platz für drei oder mehr Personen bieten. Und seltsame Vögel laufen einem allenthalben fast vor die Füße.

Der schönste dieser Parks ist The Domain, auf dessen höchstem Punkt ein weißes Gebäude mit römischen Säulen thront. Das ist das Auckland Museum, welches ursprünglich als Museum für die Gefallen des ersten Weltkriegs errichtet wurde. Das Thema ist passend gewählt. Denn der erloschene Vulkan, auf dem The Domain liegt, heißt Pukekawa, was mit „Hügel der bösen Erinnerungen“ übersetzt werden kann. Der Name lässt sich auf Stammesfehden frühester Vergangenheit zurückführen. Von daher ist es vielleicht passend, dass hier auch das Kriegsdenkmal steht.

Auch andere Parks von Auckland sind auf alten Vulkankegeln angelegt. (Wobei diese Vulkankegel nichts mit den imposanten vulkanischen Gebirgen zu tun haben, die wir in Südamerika gesehen und erklommen haben. Hier liegt alles schön friedlich auf höchstens 200 Meter ü. NN.) Die Parks auf diesen Vulkanen dienen deren Schutz vor Bebauung und Abtragung. Einige von ihnen wurden sogar an ein Maori-Kollektiv verschiedener Stämme übertragen, das Anspruch auf die Gegend von Auckland erhebt.

Am Wasser

Eine ganz andere Aussicht bietet sich am Rand von Auckland, genauer gesagt an der Hafenfront. Auch hier ist nichts wirklich eng bebaut – es gibt immer noch ausreichend Platz für öffentliche Parkplätze, ein Haus mit einer leuchtenden Skulptur, deren Sinn und Zweck leider nirgends erklärt wurde und das Ferry Building, von dem aus noch heute die Hafenfähren koordiniert werden.

Ansonsten wird die Waterfront zunehmend von modernen Hochhäusern, hochklassigen Geschäften und Hotels eingenommen. Nichts für Backpacker, aber irgendwie doch schön anzusehen.

Irgendwo dort trafen wir an unserem vierten Abend in Auckland Matthias, einen ehemaligen Kollegen von Jan, und dessen Freundin Jana. Es ist immer wieder schön, auch am anderen Ende der Welt gute Freunde wiederzutreffen! Matthias und Jan wollten ganz spontan auch Jans ehemaligen Chef daran teilhaben lassen und riefen ihn kurzerhand an. Ich glaube, die Überraschung war gelungen, auch wenn sich dieser das kaum hat anmerken lassen. Wir hatten jedenfalls einen wirklich schönen Abend mit den beiden und hoffen auf ein Wiedersehen in Australien.

Campervan-Kauf mit Überraschung

Viel mehr konnten wir zunächst nicht von der Stadt sehen. Wir wollten ja schließlich noch einen Campervan kaufen. Ein Campervan, das ist ganz einfach ausgedrückt ein Van, der so ausgebaut wurde, dass man darin campen kann. Wir hatten schon einige Tage vor unserer Ankunft angefangen, Anzeigen zu durchforsten und mit einigen Backpackern, die ihre Fahrzeuge verkaufen wollten, Termine zur Besichtigung vereinbart.

So läuft das Geschäft mit den Vans hier, sie werden von Backpackerhand zu Backpackerhand gereicht, jeder baut ein bisschen daran herum oder „verschönert“ nach seinem Geschmack. Die Vorteile: Diese Fahrzeuge sind meist günstiger als vom Händler und man erhält noch allerlei Extras wie Kochgeschirr, Lebensmittel, Campingausrüstung, die der letzte Eigentümer nicht mehr braucht. Der Nachteil: Man weiß nie so hundertprozentig, wie gut das Auto wirklich durchhalten wird. Die meisten Campervans haben nämlich schon locker 20 Jahre auf dem Buckel, wir haben sogar Exemplare gesehen, die so alt wie Jan waren!

Wir waren also kaum in Auckland angekommen (nach 13 Stunden Flug entsprechend geschafft und fertig und eigentlich mehr als bettreif), als wir schon wieder loszogen, um die ersten Campervans anzuschauen. Bereits der zweite Van gefiel uns trotz seines Alters so gut, dass wir prompt zustimmten, diesen zu kaufen.

Dann der große Schreck: Kaum hatten wir den Kauf mit Handschlag besiegelt und wollten uns auf den Rückweg zum Hostel machen, kam ein blutüberströmter, junger Mann die Straße hinabgelaufen. Er versteckte sich zwischen den Autos auf dem Parkplatz, auf dem wir noch standen, und rief in unzusammenhängenden Sätzen, dass er gerade angegriffen worden sei und ihn jemand mit einer Klinge am Hals verletzt hätte. Glücklicherweise war Max, dem wir seinen Campervan abkaufen wollten, noch da und geistesgegenwärtig genug, Polizei und Ambulanz zu rufen.

Nur wenige Minuten später stand auch schon der gesamte Parkplatz voller Polizei- und Krankenwagen. Die Wunde war Gott sei Dank nicht tief und scheinbar wurde der Täter dank sofortigem Helikoptereinsatz und Zivilstreifen innerhalb einer Stunde gestellt. Da wir von dem eigentlichen Vorfall nichts mitbekommen hatten, durften wir dann auch bald gehen. Aber was für ein Empfang in Neuseeland!

Campervan, Klappe die zweite

Als wäre das nicht genug gewesen, schrieb uns Max zwei Tage später, dass er den Van doch lieber einer Freundin geben würde. Verdammt. Alles wieder von vorne, nur dass wir diesmal noch weniger Optionen hatten, da wir die ganzen alten Anzeigen ja schon durchgesehen hatten.

Innerhalb von fünf Stunden sahen wir uns drei weitere Wagen an, von denen einer schlimmer oder ungeeigneter als der nächste war. Unsere Ansprüche sanken stündlich, schließlich wollten wir eigentlich endlich die Stadt verlassen. Aber so richtig durchringen konnten wir uns zu keinem davon. Völlig frustriert liefen wir auf dem Heimweg dann doch noch bei einem Händler vorbei.

unser Campervan für unseren Neuseeland-Roadtrip: "Pest Control", ein 2004er Toyota HiaceWas soll ich sagen? Hier wurden wir dann endlich fündig. Vielleicht hätten wir von Privat einen besseren Preis oder mehr Equipment bekommen. (Der Van ist abgesehen vom Basisausbau leer.) Uns saß aber die Zeit im Nacken und der Händler gab uns wenigstens die Gewissheit, dass das Fahrzeug gerade durchgecheckt wurde. Außerdem ist der Campervan, für den wir uns entschieden haben, fast noch „neu“ mit seinen 14 Jahren.

Nun sind wir also stolze Besitzer eines 2004 Toyota Hiace. Und nicht nur irgendeines Hiaces! Unserer hat eine schicke blau-weiß-grüne Lackierung und war einmal ein Schädlingsbekämpfungswagen. Daher auch sein neuer alter Name: „Pest Control“

Auckland Art Gallery

Unseren „Pest Control“ konnten wir leider erst zwei Tage später abholen und hatten damit einen ganzen zusätzlichen Tag in Auckland. Das war ein Tag weniger on the road, aber wenigstens hatten wir so die Gelegenheit, nun doch noch etwas von der Stadt zu sehen. Vor lauter Campervan-Besichtigungen und Vorbereitungsstress (Versicherungen, Einkäufe, Campingplatzsuche, … Wir hatten wohl während unserer gesamten Reise noch keine so anstrengenden Tage – und das mit Jetlag!) waren wir noch nicht zu viel Sightseeing gekommen.

Jan interessierte sich für das Seefahrtsmuseum und ich wollte gerne in die Auckland Art Gallery. Wir trennten uns daher für ein paar Stunden, damit jeder von uns seiner Leidenschaft nachgehen konnte. (Manchmal ist es ohnehin ganz gut, wenn wir mal getrennt voneinander etwas unternehmen. Dann haben wir uns auch wieder etwas ganz Frisches zu erzählen.)

Die Art Gallery ist der ganze Stolz Aucklands. Vor wenigen Jahren komplett renoviert und teilweise zurückgebaut erstrahlt sie wahrhaftig in neuem französischem Renaissance-Glanz. Oder, wie der Tourguide sagte, in der neuseeländischen Interpretation französischer Renaissance.

Überhaupt war mir der Guide mit seiner verlegen-netten, liebenswerten, femininen, leicht selbstironischen Art gleich ans Herz gewachsen. Er sprühte außerdem vor Begeisterung für diese Galerie und alles, was mit Geschichte zu tun hatte. Da die Gruppenteilnehmer sich vor der Führung kurz mit ihrem Herkunftsland vorstellen sollten, ließ er es dann auch nicht aus, darauf hinzuweisen, dass der Steinboden (inkl. Fossilien!) und die großen Glaswände aus Deutschland stammten. Er sagte, da wüssten sie, dass sie gute Qualität bekämen und außerdem würde man ihnen gute Preise machen. Mir wäre zwar lieber gewesen, wir hätten auch etwas Kunst gestellt, aber immerhin.

Neuseeländische Kunst

Generell war die europäische Kunst etwas unterpräsentiert und der Guide führte uns dort auch sehr schnell durch, da wir in Übersee davon mehr und besseres hätten. Dafür gab es einen kleinen Bereich mit indischen Malereien. (Was mich zunächst sehr wunderte, aber dann musste ich auch den Kopf über mich selbst schütteln. Wie arrogant zu denken, dass in allen Museen der Welt nur italienische, flämische, deutsche Maler ausgestellt sein dürften, wenn es doch in anderen Erdteilen mindestens ebenso gute und interessante Kunst gab und gibt, die bei uns nur einfach kein Gehör findet. Abgesehen davon, dass Indien auch ein ganzes Stück näher an Neuseeland ist.)

Wovon es aber wirklich beeindruckende Ausstellungsstücke gab, und deshalb war ich ja auch hergekommen, war neuseeländische Kunst. Und zwar sowohl Maori-Kunst also auch Kunst der europäischen Einwanderer als auch Kunst, die von der Maori-Kultur inspiriert wurde.

Es gab Aquarelle der ersten Europäer, die sie eigentlich als Hobby angefertigt hatten und die keinen professionellen Anspruch hatten (die aber trotzdem sehr schön anzusehen waren).

Drei Räume widmeten sich einer Retrospektive zu Wi Taepa, einem Maori-Künstler, der Lehm- und Töpferarbeiten anfertigte (er selbst weigerte sich, als Keramik-Künstler benannt zu werden). Als Neuseeland vor über 700 Jahren erstmals besiedelt wurde, fanden die hier anlandenden Polynesier keinen Lehm vor, mit dem sie ihre Tradition, gebrannte Lehmgefäße und Skulpturen herzustellen und zu nutzen, fortsetzen konnten. Diese Kenntnisse starben deshalb aus und die Maori haben heute keine Töpfer-Kulturgeschichte. Wi Taepa versucht mit seinen Arbeiten zu erkunden, wie eine solche maorische Kunst ausgesehen hätte, wenn die Tradition damals nicht gestorben wäre.

Eine große Ausstellung zeigte die Werke von Gordon Walters, der einer, wenn nicht der bedeutendste moderne Künstler Neuseelands ist. Er fand einige Symbole maorischen Ursprungs, die er für sich weiterentwickelte und aus denen er dann möglichst ästhetische Grafiken teilweise gigantischen Ausmaßes erstellte. Während seine Arbeiten durchaus sehenswert und keineswegs hässlich sind, fand ich sie in ihrer Fülle doch etwas eintönig und dann irgendwann auch nichtssagend.

Maori Portraits

Viel, viel mehr beeindruckt hat mich ein Korridor, in dem die Maori Portraits von Gottfried Lindauer. Ich hatte schon einmal Abbildungen dieser Portraits gesehen, wusste aber nicht, dass sie inzwischen wieder in Neuseeland waren und in der Auckland Art Gallery ausgestellt wurden. Lindauer immigrierte Ende des 19. Jahrhunderts von Österreich nach Neuseeland, um nicht in die Armee eingezogen zu werden. In Neuseeland lernte er dann einige Maori kennen und war zutiefst beeindruckt von ihnen und ihrer Kultur. In seinen Bildern verewigte er viele der damals wichtigsten Persönlichkeiten der Maori. Zu dieser Zeit gehörten die Maori noch zu den mächtigsten und wohlhabendsten Menschen auf Neuseeland. Das änderte sich allerdings nicht so viel später, als die Maori große Teile ihres Landes an die Einwanderer aus Europa verloren.

Ade, Großstadt!

Auch wenn der Großteil unserer Zeit in Auckland für die Suche nach einem Campervan und andere nützliche Dinge draufging, so haben wir das angenehme Leben in der „ersten Welt“ doch auch genossen. (Wer es genau wissen will: Wir haben ein bisschen warme Unterwäsche, einen Wasserfilter und ein paar andere Dinge gekauft, die wir in den letzten vier Monaten vermissten haben.) Wer hätte geahnt, wie sehr man sich darüber freuen kann, wieder Leitungswasser trinken zu können oder das Toilettenpapier nicht in die bereitgestellten Eimer werfen zu müssen!

Wenn wir uns nicht gerade darüber gefreut haben, dass wir uns hier (fast) ohne Probleme verständigen können – die Neuseeländer haben schon einen recht starken Akzent, an den man sich erst einmal gewöhnen muss – dann haben wir diesen Kommunikationsvorteil dazu genutzt, lecker Essen zu gehen, beispielsweise gefüllte Brezel oder thailändisch in einem der auch hier zu findenden Foodcourts.

Trotzdem und aller Zivilisationsvorteile zum Trotz wurde es Zeit, endlich die Großstadt zu verlassen und uns auf unseren Roadtrip zu begeben. Irgendwo hatten wir mal gehört, dass es hier so richtig, richtig schön sein soll. Das wollten wir doch auch noch finden. Neuseeland, wir kommen!

7 Comments

  1. Ich denke, da habt ihr alle Vorteile Aucklands (shopping) noch gut genutzt und wart dann wahrscheinlich auch nicht lange genug da, um es über zu haben. Es gibt ja auch schon schöne Ecken. Wart ihr auch am Mt. Eden und One Tree Hill?

  2. Oh je, das war ja ein Empfang in Auckland mit dem blutigen Mann…. Kann aber halt immer und überall passieren. Ich wünsche euch eine schöne Neuseeland-Tour. Plant genug Zeit ein, man ist hier langsam unterwegs. Ich folge euch in Gedanken… Habt ihr euren Camper schon wohnlich gemacht? Und hat das Auto eine Toilette? Sonst solltet ihr ja nicht in der Prärie stehen…. LG

    Steffi
    1. Wir haben in der vergangenen Woche schon mehrfach festgestellt wie langsam man hier unterwegs ist, obwohl die Straßen meist gut sind. So langsam haben wir aber den Bogen raus.

      Wohnlich ist dehnbar. Für uns ist es für die zwei Monate in Ordnung, allerdings wollen wir in dieser Zeit auch einfach nicht zu viel zusätzliches Geld und wertvolle Zeit in den weiteren Ausbau stecken. Das dürfen unsere Nachfolger tun.
      Eine portable Toilette haben wir dabei und sind somit vollständig self-contained. Auch wenn wir diese Toilette sicher nie nutzen werden, so wie fast alle anderen Campervan-Fahrer. Es gibt schließlich auch an jeder Ecke öffentliche Toiletten.

      Jan
  3. Da hat die Stadt ja doch einiges zu bieten und der Museumsbesuch hat sich offenbar wirklich gelohnt. Gab es dort auch Kunst der Maori, oder nur Kunst à la Maori?
    Der Linksverkehr ist bestimmt gewöhnungsbedüftig, aber ich denke, ihr habt das inzwischen gemeistert und werdet später, wenn es wieder andersherum geht, wieder “zurück gewöhnen” müssen. Der Campervan sieht schmuck aus, muss ich schon sagen. Auch wenn es darauf natürlich nicht ankommt. Ich drücke die Daumen ganz fest, dass euch der Pest-Controller immer sicher und zuverlässig an eure diversen Ziele fährt und nachts Schutz bietet.

    Kirsten55

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