Baños: Wasser und Berge

Baños: Wasser und Berge

Unsere Entdeckungsreise durch Ecuador brachte uns nach unseren Höhenerfahrungen am Quilotoa-Kratersee und Cotopaxi nach Baños, genauer Baños de Agua Santa. Diese an sich unspektakuläre Stadt trägt nicht ohne Grund den Namen „Badezimmer“. Am Fuße des aktiven Vulkans Tungurahua gelegen, verfügt die Stadt über mehrere Thermalquellen und die dazugehörigen Thermalbäder. Derentwegen sind wir aber nicht nach Baños gefahren.

Uns lockte vor allem die großartige Landschaft. Die Stadt liegt in einem schmalen Tal, umgeben von hohen Bergen. Der Rio Pastaza fließt in einem Canyon an der Stadt vorbei und mehrere Wasserfälle donnern ins Tal. Sicherlich haben die Thermalbäder den Anstoß gegeben, dass Touristen in die Stadt kamen. Mittlerweile lebt die Stadt beinah ausschließlich vom und für den Tourismus. Vermarktet wird das volle Wohlfühlprogramm, aber vor allem auch Extremsport und Nervenkitzel in großartiger Natur. Vom Rafting über Mountainbiking, Canyoning, Zip-Lines und Bungeespringen wird alles angeboten.

Erkundungen über der Stadt

Inspiriert durch unseren Reiseführer hatten wir uns zwei Wanderungen ausgesucht, mit denen wir die Umgebung kennenlernen wollten. Direkt nach unserer Ankunft gegen Mittag brachen wir zur ersten Erkundung auf. Der Weg führte sofort steil den Berg hinauf. Na super, aber eine andere Chance gibt es in diesem schmalen Tal auch kaum. Wir passierten einen noch im Aufbau befindlichen Aussichtspunkt über die Stadt (Baños ist wirklich keine Schönheit und wir würden nicht mal die bereits angeschlagenen 50 Centavos für den Aussichtspunkt bezahlen) und einen weiteren zum Vulkan, der sich jedoch leider in Wolken hüllte.

Irgendwann begann es leicht zu regnen und wir machten uns auf den Rückweg, welcher wiederum sehr steil nach unten führte. Den Abschluss bildete eine lange Treppe, die von einer hoch über der Stadt thronenden Marienstatue bis direkt vor die Tür unseres Hostels führte. Glücklicherweise liegt Baños selbst nur auf 1.800 Metern über dem Meeresspiegel, weshalb das ganze Hoch und Runter nichts war im Vergleich mit unserem Cotopaxi-Trip einen Tag zuvor.

Auf den Hund gekommen

Die zweite Wanderung sollte um einiges länger werden und uns flussabwärts an diversen Wasserfällen entlangführen. Soweit die Theorie. Ein kurzer Abstecher zu der Brücke, von welcher man Bungeespringen kann, war sehr prägend für den weiteren Tagesverlauf. Wir waren relativ früh unterwegs und vermutlich die ersten Touristen an diesem Tag. Schwanzwedelnd begrüßte uns ein streunender Hund.

Nach einem Blick übers Brückengeländer war für uns beide direkt klar: Bungeespringen ist nichts für uns, auch nicht wenn wir dafür bezahlt würden. Angeblich soll diese Brücke die höchste Bungeeanlage der Welt tragen. Der Reiseführer spricht von 300 Metern… Ich war mal auf dem Eiffelturm. Der ist definitiv höher, es sei denn während des Sprungs öffnet sich irgendwo im Fluss unter der Brücke eine Art Wurmloch, welches 270 Meter tief ist. 30 Meter Sprunghöhe erscheint mir realistischer, aber trotzdem bekloppt.

Also auf zur Wanderung. Erstmal eineinhalb Stunden die Straße entlang zum Einstieg. Der Hund folgte uns. Dank einigermaßen guter Beschreibung fanden wir den Weg recht schnell und es ging gut los. Ein Wanderweg am Fluss entlang, eben so, wie es im Buche steht. Der Hund folgte uns.

Nach der Passage einer wackligen Hängebrücke über einen Nebenarm standen wir inmitten einer Hacienda mit Blick auf einen ersten ansehnlichen Wasserfall. Mit uns stand da ein alter Herr, der die Hand aufhielt und von jedem 50 Centavos Wegzoll kassierte. Der Hund folgte uns, musste aber keinen Wegzoll zahlen.

Direkt hinter der Hacienda kamen bei uns zum ersten Mal Zweifel auf, welches der richtige Weg sei. Nach einer ersten Sackgasse fanden wir schließlich unseren Weg. Der Hund folgte uns. Von nun an ging es bergauf. Nicht wie beschrieben ein kleiner kurzer Anstieg, sondern in Serpentinen auf einem steilen, schmalen, schlammigen Weg. Dieser Weg war teilweise von Kühen (ja, die gibt’s da oben tatsächlich ab und an) zertreten und/ oder stand halb unter Wasser. Unsere Schuhe sahen fabelhaft aus. Der Hund folgte uns und stand uns regelmäßig im Weg.

Nach einer gefühlten Ewigkeit standen wir plötzlich vor einem Eremitenhof. Hier schien der Weg nicht weiterzugehen. Doch da kam tatsächlich ein altes Männchen aus dem Haus und bedeutete uns um den windschiefen Schuppen herumzukriechen. Ich blieb mit dem Rucksack noch halb im Wellblechdach stecken, doch da schien es tatsächlich einen Weg zu geben. War er allerdings bis hierhin noch einigermaßen ausgetreten, konnten wir ihn jetzt nur noch erahnen. Wahrscheinlich ist das der Punkt, bis zu dem noch einige kommen, die den selben Reiseführer haben. Den Trick mit der Scheune ahnt vermutlich jedoch niemand und kehrt dann völlig frustriert um. Wir waren einfach nur froh, dass wir einen „Weg“ gefunden haben. Der Hund folgte uns.

Jetzt fanden wir tatsächlich hin und wieder Hinweisschilder, die uns jedes Mal sehr erfreuten, da wir ständig mit der Befürchtung lebten den Weg doch verloren zu haben. Über Weiden, noch mehr Schlamm und zugewucherte Passagen ging es weiter. Von Wasserfällen sahen wir eigentlich nichts, den Fluss hörten wir immerhin. Und der Hund stand nach wie vor regelmäßig im Weg.

Zurück in der Zivilisation

Nach gut drei Stunden Ungewissheit erspähten wir erste Anzeichen von Zivilisation. Welche Freude, auch wenn wir uns nicht ganz einige waren, wo wir uns genau befanden. Unsere Offlinekarten waren da auch eher wage und zeigten unsere Position irgendwo im Nirgendwo. Der Hund folgte uns.

Bei den Häusern trafen wir Menschen, die uns zunächst einmal erklären konnten, wo wir eigentlich waren. Erstaunlicherweise waren wir da gelandet, wo wir hinwollten (zumindest ein Zwischenziel), auch wenn der Weg eigentlich nichts mit dem im Reiseführer beschriebenen zu tun hatte, aber hey, Kleinigkeit. Den Hund störte es schließlich auch nicht. Aber uns störte der Hund so langsam.

Sehr froh waren wir darüber, dass es bei den Häusern eine Seilbahn gab, die auf die andere Seite des Canyons führte. Dort war die „richtige“ Zivilisation. Dort war auch die Straße und auf der Straße fuhren Busse, die uns zurück nach Baños bringen konnten. Also Seilbahn. Ob die mal einen TÜV gesehen hat? Egal, Augen zu und durch. Die Gondel setzte sich in Bewegung. Das war der Moment, in dem dem Hund klar wurde, dass wir uns schneller bewegen als er und er außerdem außerhalb der Gondel war. 10 Meter folgte er der Gondel noch, aber dann kam der Abgrund und er musste stehenbleiben. Aus dem gestressten streunenden Stadthund wurde so ein Dorfhund.

Achso, Gondel. Definitiv zu erwähnen. Ein Stück führte sie relativ dicht über dem Boden über einen Seitenarm, doch plötzlich verwandelte sich dieser Seitenarm in einen Wasserfall. Das war der Moment, der ein bisschen wie eine Aufnahme aus einem Hubschrauber wirkte. Eben noch 10 Meter über dem Boden, fiel die Wand nun senkrecht ab in den Canyon und die Sohle war plötzlich 150 Meter tiefer. Uns wurde kurz ein bisschen anders, doch so schnell wie wir den Boden unter den Füßen verloren hatten, waren wir auch auf der anderen Seite des Canyons. Ohne Hund. Doch so ein bisschen setzte jetzt ein schlechtes Gewissen ein. Hoffentlich geht’s ihm da jetzt gut.

12 Comments

    1. Glaub mir, ich habe deshalb auch ein ganz schlechtes Gewissen. Auf der anderen Seite hat Jan schon recht: Wir haben ihn nicht gebeten, mit uns zu kommen. Nicht einmal gestreichelt haben wir ihn, geschweige denn gefüttert. In die Seilbahn konnten wir ihn nicht mitnehmen und zu Fuß wären wir an dem Tag nicht mehr zurück gekommen. Ich hoffe einfach, dass es ihm da auf dem Dorf jetzt gut geht. Ist ja ein Straßenhund, die kommen gemeinhin ja ganz gut klar.

  1. eine fantastische Wanderung; sieht sehr anstrengend aus aber dafür sogar mit Hund!
    Es gibt tatsächlich solche wanderfreudigen Tiere,haben wir mal auf Gomera erlebt.
    Danke für den Bericht und doe großartigen Bilder! Alles Gute! Oma

    Oma
  2. Pingback: Ingapirca: unsere ersten Inkaruinen | Travel-Dvootes.de

  3. Da hier jetzt irgendwie alle auf den Hund gekommen sind ?, geb ich mal meinen Senf auch noch dazu: Der Hund sieht nicht so ungepflegt aus, als sei er ausschließlich als Streuner unterwegs. auf mich macht er eher den Eindruck von einem dieser wanderlustigen, menschenfreundlichen Vierbeiner, die man immer mal wieder antrifft. Natürlich auch bei Streunern, die gelernt haben , sich an Touristen zu “hängen”. Er wird wohl inzwischen beim nächsten sein und wer weiß? Vielleicht trefft ihr euch ja mal wieder, wie heißt es doch immer: Man trifft sich immer zwei Mal im Leben.

    Kirsten55
    1. Ich denke es ist ziemlich ausgeschlossen, dass wir diesen Hund nochmal treffen, dafür aber jede Menge seiner Kumpels.
      An sich hat er mit dem neuen Zuhause auch einen ganz guten Griff getan. Gebeten uns zu folgen haben wir ihn zu keiner Zeit.

      Jan
  4. Pingback: Cuenca: Ecuadors Schöne | Travel-Dvootes.de

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  6. Das mit dem Hund erinnert mich an einen vergessenen oder verlaufenen Jagdhund in Frankreich auf einer unserer Wanderungen. Der folgte uns auch den halben Nachmittag, und wir hätten gerne eine Gondel gehabt…
    Gott sei Dank meinte der Hund dann nach etlicher Zeit, er hätte einen besseren Weg gefunden, und los waren wir ihn, endlich.

    Micha
    1. Hihi, wir können das so gut nachvollziehen! Ich habe zwar immer noch ein schlechtes Gewissen, dass wir den Hund dort zurücklassen mussten, aber vielleicht hat er ja inzwischen auch einen Weg zurück gefunden.

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