Hatten wir zu Beginn unserer Australienreise auch mit einem Mangel an Informationen zu kämpfen, so waren sich doch beinahe alle Quellen einig darin, dass das Yarra Valley zu einem Melbourne-Besuch dazu gehört. Dieses etwas östlich von Melbourne gelegene Tal ist Victorias (der Bundesstaat, in dem Melbourne liegt) bestes und bekanntestes Weinanbaugebiet.
An die 80 Weingüter gibt es im Yarra Valley und fast alle bieten neben unterschiedlichen Gebinden von Wein auch Verkostungen an. Weinverkostungen, das hatten wir in Neuseeland ja leider irgendwie verpennt. Also galt es das nun nachzuholen.
Ins Yarra Valley kann man auch Touren buchen, aber auf so etwas hatten wir natürlich keine Lust. Viel besser ist es, mit dem „eigenen“ fahrbaren Untersatz ganz gemütlich das Tal zu erkunden und nach Gutdünken bei der einen oder anderen Weinstube einzukehren. Wir hatten uns ja ohnehin für zwei Wochen einen Campervan gemietet, mit dem wir Richtung Westen nach Adelaide fahren wollten. Da war der Schlenker durchs Yarra Valley vorab dann auch noch drin.
Die guten Dinge im Leben
Unser erster Stopp im Tal galt dann aber gar nicht dem guten Alkohol, sondern etwas, von dem auch der Fahrer, also Jan, etwas hatte: Schokolade! In der Yarra Valley Chocolaterie & Ice Creamery gibt es zumindest kleine Kostproben der (importierten belgischen) Schokolade. Besser ist jedoch die wirklich phantastische heiße Schokolade, die man natürlich am besten mit Blick auf die umgebenden Weinberge genießt. (In der einsehbaren Schokoladenmanufaktur wurden übrigens gerade Weihnachtsfiguren verziert. Ja, es weihnachtet auch hier. Zumindest ein ganz kleines bisschen.)
Nach dieser kleinen Stärkung ging es dann aber mitten hinein in die Weingüter. In der ersten Winzerei fühlten wir uns noch etwas unwohl – sollen wir jetzt wirklich einfach nach einer Verkostung fragen und hinterher nicht einmal eine Flasche Wein kaufen?
Beim darauffolgenden Halt am Balgownie Estate jedoch stand eine unglaublich nette und sympathische Dame hinter dem Tresen, die uns alle Befangenheit nahm. Sie schenkte mir sogar vom besten Wein des Hauses ein Schlückchen ein, obwohl der gar nicht auf der Verkostungsliste stand, und wollte hinterher nicht einmal den eigentlich ausgegebenen Preis von 5 Dollar für die Verkostung haben. Nebenbei erzählte sie uns von dem Weingut, aus ihrem eigenen Leben und gab uns noch ein paar Tipps für das Yarra Valley mit auf den Weg.
Erstes Beschnüffeln mit Australiens Fauna
Solchermaßen „abgefüllt“ machten wir uns auf die Suche nach unserem ersten australischen Campingplatz. (Keine Sorge, Jan hatte als Fahrer natürlich nichts getrunken und mir den ganzen Weinspaß überlassen.) Auf dem Weg dorthin sahen wir dann auch prompt unseren ersten freilaufenden Emu und stellten außerdem fest, dass es wildlebende Pukekos nicht nur in Neuseeland gibt.
Uns waren darüber hinaus schon unterwegs einige der kleinen rot-bunten Königssittiche und herrlich weiße Kakadus aufgefallen. Beide sahen wir in noch größerer Anzahl an unserem kostenfreien Campingplatz direkt an einer Waldlichtung wieder. Wir freuten uns riesig, dass wir auch in Australien nicht auf allabendliche Vogelkonzerte und tägliche Vogelsichtungen würden verzichten müssen. Irgendwie hatten wir nicht damit gerechnet, dass die Vogelwelt hier so bunt, vielfältig und lautstark sein würde. Da vermissten wir die Tuis und Bellbirds aus Neuseeland doch gleich ein bisschen weniger.
Ein ganz bestimmt nicht in Neuseeland vorkommendes Tier sah ich dann zu später Stunde (und werde es hoffentlich so bald nicht wiedersehen). Direkt am Pfad zu den Toiletten waren uns schon vorher kleine Löcher im Boden aufgefallen. Wir hatten uns bereits gefragt, was wohl dort drin wohnen mag. Denn kleine Löcher im Boden sind ja meist das Zuhause von irgendwem. Ich war also glücklicherweise aufmerksam, als ich abends mit Stirnlampe von den Toiletten zurück zum Camper lief und vor mir ein Skorpion(!) den Weg kreuzte. Ab diesem Zeitpunkt galt für uns strengstes Flipflop-Verbot.
Eine eindrucksvolle Erinnerung daran, dass es in Australien eine ganze Menge Tiere gibt, mit denen nicht zu spaßen ist. Nicht umsonst gibt es einen Haufen Witze und Sprichwörter darüber, dass es in Australien nur Tiere gibt, die einen umbringen wollen. Neuseeland mutet dagegen wie ein Streichelzoo an.
Campervan einmal umständlich
Trotzdem: Wir hätten für den Moment nicht zufriedener sein können. (Der Wein mag etwas geholfen haben.) Lediglich mit unserem neuen Campervan waren wir etwas unglücklich. Der „Neue“ war zwar tatsächlich brandneu mit nicht einmal 1.000 Kilometern auf dem Tacho. Nur der Einbau… Der war so etwas von unpraktisch. Kaum Stauraum, obwohl die „Küche“ nicht hinter der Fahrerkabine eingebaut war, sondern nur von außen über die Heckklappe zugänglich war. Dafür nahm das Bett auch im zusammengeklappten Zustand viel zu viel Platz weg und die Vorhang- und Verdunkelungslösung war die umständlichste, die man sich denken kann.
All das hatte zur Folge, dass wir für den allabendlichen und allmorgendlichen Umbau des Vans bis zuletzt sicher doppelt so lange brauchten wie für unsere neuseeländische Pest Control.
Nun gut, es sollte ja nur für zwei Wochen sein und wir haben schon ganz anderes überstanden. Jan fand den Ausbau des Campervans zwar mindestens genauso absurd wie ich, konnte aber wenigstens ein paar Gedanken für seine eigenen Camper-Pläne mitnehmen. Und sei es nur, wie man es nicht machen sollte…
Aller guten Dinge sind … vier. Plus Gin!
Das beste an unserem Gefährt war vermutlich die Matratze. Auch wenn die Bettkonstruktion insgesamt furchtbar war, so wachten wir am kommenden Tag ausgeschlafen und ohne Rückenschmerzen auf, bereit zu neuen Wein-Abenteuern!
Für den Rückweg durchs Yarra Valley suchten wir uns natürlich einen etwas anderen Weg. Dieser führte uns an zwei noch kleineren Weingütern vorbei, wobei wir im italienisch geprägten De Bortoli den Tipp bekamen, zum Yileena Park zu fahren.
Eine hervorragende Empfehlung! Hier bekamen wir unsere (meine…) Verkostung nicht stehend am Tresen gereicht, sondern konnten es uns auf dem kleinen Balkon gemütlich machen. Jeder der sechs Weine wurde separat gebracht, natürlich mit kleiner Erläuterung, und zum Abschluss gab es noch ein paar Knabbereien zu kosten. Oh, und auch hier konnten wir uns wieder wunderbar mit der jungen Dame unterhalten, die den Wein kredenzte. Diese Weinverkostung hatte wirklich etwas wunderbar Entschleunigendes und selbst Jan schien nicht böse um die Wartezeit zu sein.
Den Abschluss unserer Weintour durch das Yarra Valley machte dann ein Besuch bei den Four Pillars. Genau wie zu Beginn unserer Weinreise ging es aber auch hier nicht um Wein. Es handelt sich vielmehr um eine Gin-Destillerie.
Der Verkostungsraum, der gleichzeitig Bar und Restaurant ist, ist sehr stilvoll und cool eingerichtet und man hat sogar Blick auf die Destillerie selbst, die sich gleich im Nebenraum befindet. Auch die Verkostung war interessant, aber ich muss doch sagen, dass ich zum einen schon besseren Gin getrunken habe und zum anderen meinen Gin irgendwie lieber mit Tonic trinke.
Uiuiui…sooo viel Allehol ~ damit könnt ihr mich nicht locken. Aber die Landschaft da unten sieht wieder sehr viel grüner aus, als sie sich mir präsentiert hat. Da muss dann in der Zwischenzeit mal etwas Regen vorbeigekommen sein. 🙂 Ich glaube auch nicht, dass ich einen Löffler gesehen habe. Naja, beim nächsten Mal…?
Es war dort sehr grün, allerdings anders grün als in Neuseeland. Es liegt sicher auch daran, dass wir im Frühling hier sind, während es bei Dir der Sommer war und ein großer Teil des Wassers sich bereits in Luft aufgelöst hatte.
Auch für Dich hätten die Verkostungen etwas sein können. Genau wie Ich, hättest Du Dich an Käse und Snacks halten können, die es bei den meisten Weingütern ebenfalls gibt. Nächstes Mal…
Und die Löffler, die haben wir auch erst auf den zweiten Blick erkannt.
Bei dieser Tour wäre ich auch gern dabei gewesen. Was habt ihr wieder Glück gehabt mit den netten Menschen und dem – sicher teilweise guten – Wein.
Oh, der Wein war nicht nur teilweise gut! Der war wirklich ganz hervorragend.
Und dass die Menschen hier alle so nett sind, ich glaube das liegt am Land. Beziehungsweise an Ozeanien? Denn in Neuseeland war das ja auch schon so. Auf jeden Fall – leider, muss man sagen – kein Vergleich zu Europa…