Taman Negara: im ältesten Wald der Welt

Taman Negara: im ältesten Wald der Welt

In Malaysia steht der älteste Wald der Welt. Nicht nur der älteste Regenwald oder der älteste tropische Wald, nein, der älteste Wald der Welt. Zentral-Malaysien muss Jahrmillionen lang verschont geblieben sein von nennenswerten Klimaveränderungen wie beispielsweise Eiszeiten. Schätzungen zufolge steht dieser Wald bereits seit 130 Millionen Jahren. Natürlich gibt es hier keinen individuellen Baum, der so alt ist. Aber das Ökosystem als Ganzes konnte sich seit irgendwann zu Beginn der Kreidezeit mehr oder weniger ungestört entwickeln. Allein die Vorstellung, dass es Orte auf unserer Erde gibt, die so urtümlich sind!

Nun würde man ja denken, dass wir von solch einem einzigartigen Wald schon einmal gehört haben. Zumal wir beide nicht ganz uninteressiert an Natur sind. Aber auch hier weist unsere Schul- und Allgemeinbildung wieder einmal Lücken auf. Erst als wir in Malaysia angekommen waren und uns mit möglichen Reiserouten durch das Land beschäftigt hatten, sind wir darauf aufmerksam geworden. Vielleicht bildet Reisen ja doch.

Ein 130 Millionen Jahre alter Wald verdient es, auch weiterhin geschützt zu werden, damit wir ihn nicht innerhalb von 100 Jahren völlig kaputt gemacht haben. Deshalb sind über 4.000 Quadratkilometer Waldfläche seit 1938/1939 als Nationalpark geschützt. (Interessanterweise hat es die UNESCO bislang nicht geschafft, das Gebiet in ihre Welterbe-Liste aufzunehmen.)

Ursprünglich als „König-Georg-V.-Nationalpark“ bezeichnet, ist der Wald heute nur noch als Taman Negara bekannt, was wortwörtlich übersetzt „Nationalpark“ heißt. Theoretisch droht also Verwechslungsgefahr mit anderen Nationalparks in Malaysia. In der Praxis weiß allerdings jeder, wovon der gemeine Tourist spricht, wenn er zum Taman Negara möchte.

Manchmal passt es einfach

Die Anfahrt von den Perhentian Islands (wie auch von jedem anderen Punkt in Malaysia, abgesehen von Kuala Lumpur, gestaltete sich ein wenig langatmig, war aber ganz und gar nicht unangenehm. Wir lernten nämlich zwei richtig tolle Menschen kennen, mit denen wir dann kurzerhand auch den Rest unseres Taman Negara-Abenteuers verbrachten. Tamima und Manuel sind eins dieser seltenen Pärchen, die nicht zusammen sind, aber unglaublich gut miteinander verreisen können. Und auch zwischen uns hat es gleich „gefunkt“. Wir hatten sogar auf den Perhentian Islands schon im gleichen Fährboot, zurück ans Festland gesessen, aber da wussten wir ja noch nicht, dass wir alle das gleiche Ziel hatten. Also ging das große Gequatsche erst im Minibus los und hörte für die nächsten acht Stunden nicht auf.

Jan und ich hatten das erste Mal auf unserer Weltreise das Experiment gewagt, nicht im Voraus eine Unterkunft zu buchen. Wir hatten gehört, dass es in Kuala Tahan, dem Dorf am zugänglichsten Eingang des Taman Negara, immer genug freie Betten geben würde. Außerdem war ja noch keine Hauptsaison. Trotzdem waren wir angesichts der hohen Temperaturen und der extremen Schwüle bei unserer Ankunft froh, als wir uns Tami und Manuel einfach anschließen konnten und in der gleichen Unterkunft ein Zimmer bekamen.

Gemeinsam machte es auch viel mehr Spaß, den zugegebenermaßen recht kleinen Ort zu erkunden. Kuala Tahan ist wirklich nur das Eingangstor zum Nationalpark. So wurde unser allmorgendlicher Gang zum Roti-Bäcker und unsere allabendliche Nahrungssuche zum kulturellen Highlight, was aber niemanden wirklich störte. Sogar auf eins der schwimmenden Restaurants auf dem Fluss schafften wir es – nachdem die einsetzenden Regenfälle es wieder zum Schwimmen gebracht hatten.

Paddelausflug

Der Taman Negara lässt sich auf verschiedenstem Wege erkunden. Gut ausgeschilderte Trekking-Wege sollen in der Umgebung Kuala Tahans zu schönen Wanderungen auch ohne Guide einladen. Übernachtungstouren müssen allerdings grundsätzlich mit einem (zertifizierten) Führer stattfinden. Dabei gibt es von Zweitageswanderungen aufwärts fast alles.

Wahrscheinlich wären Jan und ich gleich am nächsten Morgen losgestiefelt und hätten uns Schlamm und Blutegeln auf eigene Faust gestellt, wenn wir nicht unsere neuen Freunde getroffen hätten. Die wussten nämlich, dass man in Kuala Tahan auch Kanus ausleihen kann.

Genau genommen befindet man sich, wenn man dies tut, noch nicht im Nationalpark. Der beginnt nämlich erst auf dem gegenüberliegenden Ufer des Sungai Tembeling, auf dem wir ein wenig herumpaddeln wollten.

In den vergangenen Tagen hatte es mehrfach geregnet und der derzeit ziemlich trockene Fluss führte wieder mehr Wasser. Um nur mit Muskelkraft die Stromschnellen zu überwinden, die hier auf uns warteten, reichte es jedoch nicht. Unser Aktionsradius blieb so ziemlich eingeschränkt. Im Wesentlichen dümpelten wir nur so vor uns hin und genossen den Anblick und die Geräusche des Waldes um uns herum.

Sogar ein Wildschwein sahen wir am Ufer. Erst später wurde uns klar, wie viel Glück wir mit dieser Sichtung hatten. Denn das Schwein sollte tatsächlich das einzige „Großwild“ bleiben, das uns vor die Linse lief.

Mehrtagestouren durch den Taman Negara

Solchermaßen entschleunigt, entspannt und aufgetankt zog es uns am kommenden Tag auf eine größere Wanderung mit Übernachtung. Wieder bieten sich mehrere Optionen: Man kann in einfachen Hütten nächtigen, die häufig neben einer Salzleckstelle stehen. Im Nationalpark gibt es schließlich allerhand seltene und scheue Tiere. Der asiatische Elefant, der Schabrackentapir, der malaysische Tiger und der Nebelparder seien hier als prominenteste Vertreter genannt. Gesehen haben wir leider keinen einzigen davon, aber so viel Glück haben dann halt doch die wenigsten.

Eine andere, sehr beliebte Option ist die Übernachtung in einer (Fledermaus-)Höhle. Der Einfachheit halber und weil uns andere Reisende schon sehr von dieser Tour vorgeschwärmt hatten, entschieden wir uns dafür. Beim nächsten Mal würden wir vielleicht doch lieber unsere Tiersichtungschancen erhöhen und noch weiter in den Regenwald hineinwandern. Wir haben aber auch so einen wunderbaren (und bleibenden!) Eindruck vom Taman Negara bekommen.

Wir hatten schon bessere Guides

Sehr schnell war allerdings klar, dass wir, wollten wir auf dieser Tour Spaß haben, für diesen selbst sorgen mussten. Unser Guide war nämlich ein ziemlicher Totalausfall. (Obwohl er uns großspurig als „bester Guide der Welt“ angekündigt wurde.) Außer uns hatte sich nur noch ein weiterer Besucher, ein junger Spanier, der Tour angeschlossen. Dieser bekam quasi die Rundumversorgung, während wir vier irgendwann einfach unser eigenes Ding machten.

Denn weder passte sich unser Führer an unser Tempo an, noch hielt er sich groß mit Erklärungen zu Flora oder Fauna auf. Dass wir häufiger einmal stehenblieben, um verrückte Pilze, Insekten oder einfach nur unsere Umgebung zu bewundern, verstand er nicht. Wir hatten im Gegenteil das Gefühl, dass wir ihm eher lästig waren, weil wir ihm durch unsere ständigen Unterbrechungen seinen Feierabend versauten.

So sahen wir ziemlich bald nur noch seinen Rücken, wenn er notgedrungen warten musste, bis wir wieder in Sichtweite waren. Ab und an schallte noch sein „careful, careful“ herüber, wenn es an haarige Flussüberquerungen oder steile Abhänge entlang ging. Und einige dieser Abschnitte hatten es wirklich in sich, denn schließlich waren wir hier nicht auf wunderbar befestigten Wanderwegen, sondern mitten in einem uralten Regenwald!

Wir nahmen es schlussendlich mit Galgenhumor und waren froh, nicht nur zu zweit, sondern zusammen mit Tamima und Manuel dieses Abenteuer zu erleben. Und zu erleben gab es wirklich reichlich. Man musste nur hinschauen!

Nette und widerliche Tiere

Da gab es riesige Tausendfüßler und giftige Hundertfüßler, prächtige Schmetterlinge (die nie stillhalten wollten), Libellen mit knallroten Hinterteilen, giftige Hornissen und harmlose (da nicht stechende) Bienen. Eine dieser Bienenarten baut Nester in Bäumen, deren Eingänge wie weiße Plastiktrichter aussehen. Natur kann so verrückt sein.

Überall hörten wir Vögel zwitschern, Geckos rufen und andere Tiere durchs Unterholz huschen. Seltsamerweise sahen wir nur einmal ganz kurz eine Echse, aber wir sind sicher, dass es da noch viele mehr gab.

Von Wildschweinen sahen wir die Wühlspuren (was die mit ihrem kurzen Rüssel umgraben können, ist bemerkenswert) und von Nebelpardern gleich zweimal Fußspuren.

Mücken ließen uns dankenswerterweise weitestgehend in Frieden. Dafür waren nach den letzten Regenfällen die Blutegel wieder hervorgekommen. (Es handelt sich genau genommen um Landegel, die am Boden im Laub auf ihre Beute warten.) Ich hatte gar nicht gewusst, dass die im „leeren“ Zustand so klein und dünn und so beweglich sein können. Es hat auf eklige Art schon etwas Faszinierendes, wenn die auf ihrem Maul stehen und mit dem Hinterteil in der Luft Witterung aufnehmen, um sich dann quasi überschlagend auf das potentielle Opfer zu stürzen. Dabei werden diese Biester erstaunlich schnell und wenn man nicht genau hinschaut, dann übersieht man sie auch leicht.

Einziger Trost: Die Bisse sind in der Regel so schmerzfrei, dass man sie gar nicht bemerkt. Außerdem übertragen Egel äußerst selten Krankheiten. Es bleibt der Ekelfaktor, wenn man so einen schleimigen Blutsauger auf sich bemerkt und ihn, hat er sich einmal festgebissen, auch nicht so schnell wieder abkriegt.

Wir wussten ja, dass das auf uns zukommen würde und hatten mit langen Hosen, festen Schuhen und Socken, in die wir die Hosen stopften, vorgesorgt. Bei der feuchtwarmen Luft, in der sich kaum eine Brise rührte, eine echte Tortur, aber eben immer noch besser als die Blutegel.

Es heißt nicht umsonst Regenwald

Womit wir allerdings – dummerweise, wie wir feststellen mussten – nicht gerechnet hatten, waren die sintflutartigen Regenfälle, die uns nach ein paar Stunden bis auf die Knochen durchweicht hatten. Unser Führer drückte nun noch mehr aufs Tempo und auch, wenn wir jetzt keine Fotos mehr machten, waren wir ihm immer noch zu langsam. So ein mittdreißigjähriger Mitteleuropäer bewegt sich an matschigen Abhängen und auf glitschigen Baumstämmen nun einmal nicht so gewandt, wie ein malaysischer Dschungelführer mit zehn Jahren Erfahrung…

Irgendwann waren dann all unsere Schuhe mindestens einmal im Wasser gelandet. Ich hatte bis zuletzt noch versucht, die überall ansteigenden Flüsse nicht einfach nur zu durchwaten, scheiterte aber schließlich doch an mangelnder Sprungkraft und Geduld.

Es war wahrlich kein Spaß, in klitschnassen Socken und Schuhen zu wandern, während weiterhin aus allen Richtungen Blutegel auf uns zugekrochen kamen. Trampelpfade hatten sich in Flüsse verwandelt, durch die wir patschten. Und hatte sich Tami vor einigen Stunden noch darüber gefreut, dass hier keiner „die umgefallenen Bäume wegräumt“, hätten wir beim ein- oder zweihundertsten Baumstamm, der da quer über den Weg lag, doch gerne aufs Drüber- oder Drunterkriechen verzichtet.

Kein Spaß, aber ein Erlebnis, an das wir uns noch lange erinnern werden. (Eine Erinnerung, die mit zunehmend größerer zeitlicher Entfernung sicher immer besser werden wird.)

Irgendwann ließ der Regen wieder etwas nach und noch ein bisschen später kamen wir an der großen Höhle an, in der wir übernachten sollten. Jeder von uns klaubte ein, zwei Dutzend Blutegel von seinen Schuhen und Knöcheln, damit die Höhle möglichst nicht infiltriert würde. Dann galt es, die trockensten Sachen zu finden, die die spärlich gepackten Rucksäcke hergaben. Hier gab es nämlich keine Maultiere oder anderweitige Lösungen, um unser Gepäck zur Höhle zu transportieren. Das hatten wir alles selbst tragen müssen – inkl. Wasser und Essen für zwei Tage, Schlafsack und Isomatte. Da hatten wir natürlich ein bisschen an Wechselklamotten gespart.

Höhlenschläfer

Im schnell abnehmenden Licht erkundeten wir die erstaunlich große (und, das wollen wir nicht verheimlichen, deutlich nach Guano riechende) Höhle. Gleich zwei verschiedene Fledermausarten hingen hier ab. Kleine, braun-graue Fruchtfledermäuse und etwas größere, dunkle Flattertiere, vermutlich Flughunde. Wen es jetzt gruselt, den kann ich beruhigen: Die Fledermäuse hielten brav den vorgeschriebenen Mindestabstand ein und unsere Schlafsäcke breiteten wir auch außerhalb der Zonen aus, über denen sie gemeinhin hingen.

Unsere Neugierde war jedoch geweckt und wir machten uns auf die Suche nach weiteren Höhlenbewohnern. Ziemlich schnell stießen wir auf unser erstes Stachelschwein (das ein bisschen anders aussieht als seine afrikanischen Vettern, die wir zumeist aus Zoos kennen). Seit fünf Jahren soll eine Stachelschweinfamilie in dieser Höhle heimisch sein. Und warum auch nicht, schließlich werden sie tagtäglich von den Guides mit den Essensresten der Tourgruppen angefüttert. Neben unserem schlechten Führer war das der einzige Teil der Tour, der mir überhaupt nicht gefallen hat. Dann würde ich lieber auf Stachelschweinsichtungen verzichten.

Nicht angefüttert werden mussten hingegen die riesenhafte Whip Spider, zu Deutsch „Geißelspinne“, die aussieht, als hätte ihre Großmutter Unzucht mit einem Krebs getrieben. Diese Spinnen sind ziemlich schrecklich anzusehen, sollen für den Menschen jedoch ungefährlich sein. Ich war trotzdem froh, dass wir sie am anderen Ende der Höhle entdeckt hatten. Und die kleine Python, die wir noch am nächsten Morgen sahen, die muss noch ein bisschen wachsen, bevor man sich vor ihr fürchten müsste.

Morgendliches Konzert

Die Nacht in der Höhle war erstaunlich ruhig. Zumindest ich konnte sogar trotz des harten Untergrundes (Höhlenboden halt) mehr schlafen, als ich erwartet hatte. Ein paar Mal wurde ich zwar wach, unter anderem wegen der sich an den Essensresten gütlich tuenden Stachelschweinen, aber das war zu verschmerzen.

Dass wir nicht lange ausschliefen, war trotzdem klar. Kurz nach Sonnenaufgang zog es mich dann auch schon wieder aus der Höhle. Ich wollte miterleben, wie der Dschungel langsam aufwacht, bevor es zu heiß und zu schwül wird für viele Tiere.

Nur wenige Meter in den Regenwald hinein und ich war völlig verzaubert. Überall trillerte, rief, tschirpte, quakte und summte es. Eine Unmenge von Vögeln rief sich da ihren gegenseitigen Morgengruß zu. Die kleinen braunen Frösche im nahegelegenen Fluss können die ganze Nacht kein Auge zugemacht zu haben, denn sie waren noch genau so lautstark am Quaken, wie am Abend zuvor.

Einmal hörte ich etwas Größeres durchs Unterholz rennen, konnte aber leider nichts ausmachen. Vielleicht war es ja eins dieser wilden Schweine.

Bestimmt eine halbe Stunde dauerte dieses morgendliche Konzert, bis nach und nach die Geräusche um mich herum wieder weniger wurden. Dafür begannen später, als wir bei unserem kargen Frühstück saßen, Gibbons in der Ferne zu rufen.

Rückzug

Wir hätten sicher noch länger bleiben können und dem Regenwald lauschen. Aber es half ja doch nichts: Irgendwann mussten wir in unsere immer noch nassen Schuhe schlüpfen und uns wieder auf dem Weg machen.

Auch dieser zweite Tag wartete mit vielen Entdeckungen und schönen Momenten im Regenwald auf. Zuvor jedoch ging es noch in eine andere, nahegelegene Höhle. Diese war deutlich kleiner als die, in der wir übernachtet hatten. Hier wohnte daher auch nur eine Fledermausart. Dafür entdeckten wir mit Hilfe unseres Guides einige weitere, gruselige Insekten. Darunter irgendetwas Hochgiftiges mit ganz vielen Beinen/Fühlern. Wie gut, dass dieses Biest weit oben an der Wand in einer Ecke hockte.

Zurück am Bootsanleger waren wir auf der einen Seite traurig, vom Regenwald Abschied nehmen zu müssen, denn der war wirklich beeindruckend gewesen. Auf der anderen Seite freuten wir uns auch auf trockene Klamotten, eine richtige Dusche und gutes Essen. (Wir waren auch mit einem kleinen Boot in den Regenwald hineingefahren worden, weshalb wir die „Stromschnelle-Erfahrung“ und die „idyllische Bootsfahrt“, die auch als Touren angeboten werden, gar nicht mehr in Erwägung zogen.)

Bei den Orang Asli

Bevor wir uns jedoch wieder den Freuden der Zivilisation widmen konnte, stand neben der (deutlich weniger nassen) Rückfahrt mit Boot auch ein Besuch bei den Orang Asli an. Orang Asli bedeutet übersetzt etwa „erste Menschen“ oder „Ureinwohner“. Genau genommen handelt es sich um einen Oberbegriff für alle indigenen Völker Malaysias.

Im Taman Negara leben noch zwei indigene Stämme, die hier ihrer traditionellen, nomadischen Lebensweise nachgehen können. Die Vorfahren der Batek, so wurde uns erklärt, seien vor 500 Jahren aus Afrika zugewandert, weshalb sie eine dunklere Hautfarbe und etwas andere Physiognomie hätten. Leider erhielten wir kaum weitere Informationen und auch diesem „Fakt“ stehen wir etwas ungläubig gegenüber, zumal wir keine weiteren Quellen gefunden haben, die diese Behauptung stützen würden.

Der Besuch des Dorfes war wie erwartet ein wenig unangenehm. Zu sehr hat man das Gefühl, einer Menschenschau beizuwohnen. Wir wissen jedenfalls nie, wie wir uns bei so etwas verhalten sollen. Die Siedlung besteht aus kaum mehr als ein paar gemeinschaftlich genutzten Verschlägen und ein paar kleineren, „privaten“ Lagerplätzen mit aus Blättern gewebten Dächern. Da die hier lebenden Batek noch immer nomadisch leben, befinden sich an jedem Tag andere Familien und unterschiedlich viele Menschen in diesem Dorf. Als wir dort waren, sahen wir etwa zehn Personen unterschiedlichsten Alters.

Jagd und Feuer

Einer von ihnen gab uns die typische Touristenvorstellung, die aber tatsächlich ganz amüsant und lehrreich ist. Zunächst durften wir uns alle am Umgang mit einem Blasrohr versuchen – der traditionellen Jagdwaffe der Orang Asli. Während ich den kleinen, in etwa sieben Meter Entfernung hängenden Stofflöwen am Popo traf, landete Jan gleich einen Volltreffer. Alle anderen Tourteilnehmer scheiterten übrigens kläglich an dieser Aufgabe und müssen bis heute Hunger leiden.

Anschließend wurde uns gezeigt, wie die Orang Asli Feuer machen. Dabei wird ein Stück Liane halb um ein mit Rillen und Löchern präpariertes Stück Holz gelegt und mit sägenden Bewegungen Hitze erzeugt. Dabei entstehend dann glühende Späne, die auf ein wenig Reisig gekippt werden, der dann behutsam zum Brennen gebracht wird. Ohne es selbst ausprobiert zu haben, kann ich sagen: Es sieht einfacher aus, als es ist. Jan schaffte es immerhin, Glut zu erzeugen. Sein Reisig fing allerdings kein richtiges Feuer. Auch sonst schaffte es von uns Besuchern niemand.

So nett es war, diese Dinge einmal ausprobiert zu haben, hätten wir doch lieber ein wenig mehr Informationen zur Lebensweise und der Geschichte der Orang Asli erfahren. Unsere spätere Recherche lieferte zumindest, dass die Orang Asli, wie die indigenen Völker quasi überall auf der Welt, stark zu leiden haben unter Industrialisierung, Enteignung und zunehmender Zerstörung ihres Lebensraums.

Riesige Palmölplantagen und die damit einhergehende Monokultur nehmen ihnen die Lebensgrundlage (und rücken auch dem Taman Negara immer näher). Ehemals heiliges Land wurde ihnen weggenommen, nur um ihnen Jahre später im Zuge von Umsiedlungen und „Wiedergutmachungen“ als Wohngebiet zugewiesen zu werden. Und selbstverständlich üben auch moderne Annehmlichkeiten ihren Reiz aus. Wer weiß, wie lange es für einen jungen Batek-Mann noch notwendig sein wird, mit Blasrohr und „Feuerzeug“ umgehen zu können, bevor er heiraten darf.

4 Comments

  1. Der Ausflug in den Regenwald klingt nicht ganz so erfreulich, aber wenn man ohne Guide sonst nicht reinkommt, dann muss man da halt durch. Die Nässe war sicherlich nicht so angenehm, aber wenigstens war es warm. Nass-kalt wäre unschöner gewesen. Ich kenne jemanden, der mal eine Geißelspinne als Haustier hatte. Er wäre bestimmt entzückt gewesen, einen von Gundels Freunden zu treffen. ?
    Und es beruhigt mich, dass auch bei euch die Falle mal zugeschnappt hat und ihr ein Tourispektakel bekommen habt. ?

    1. Och, ich glaube, in die Touristenfalle sind wir schon häufig, viel zu häufig getappt. Ich ärgere mich auch nach wie vor über jedes Mal. Ich muss weiter an meiner Gelassenheit arbeiten…

      Der Regenwald war wirklich toll. Ich denke, wir hatten einfach nur maximales Pech mit unserem Guide. Wir haben beispielsweise einen Guide erlebt, der ein Pärchen auf einem Tagesausflug begleitet hat und der war richtig klasse.

  2. Trotz allem war dieser Ausflug doch sehr interessant, denke ich. Schade, dass ihr so gehetzt wurdet von “eurem” Guide, aber da ihr die Höhle dann gerade noch erreicht habt, war das vielleicht der Grund. Stelle ich mir ziemlich unbequem vor, auf so einem harten Boden zu schlafen und dann auch noch Riesenspinnen oben darüber? Ich täte kein Auge zu. ?
    Auch wenn der Aufenthalt bei den Orang Asli für Touristen aufgemacht sein mag, wann hat man schon Gelegenheit, ein Blasrohr auszuprobieren oder zu erleben wie schwer es ist, Feuer auf solch ursprüngliche Art zu machen?

    Kirsten55

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