Tongariro Alpine Crossing

Tongariro Alpine Crossing

Was muss man auf der Nordinsel Neuseelands unbedingt gemacht haben? Auf diese Frage haben wir eigentlich nur eine einzige Antwort erhalten, egal wem wir sie gestellt haben: Einmal den alpinen Tongariro-Treck laufen! Uns wurde sogar gesagt, dass wir lieber einen oder zwei Tage auf gutes Wetter warten sollten statt dieses Highlight auszulassen.

Wir hatten aber Glück mit dem Wetter, obwohl wir uns ja noch am Ende der Wintersaison befinden. Die Dame im Informationszentrum in Taupo hatte sogar von einem „Zweitagesfenster der Möglichkeiten“ gesprochen und uns mehrfach versichert, wie großes Glück wir hätten. Denn übermorgen soll eine Querung schon wieder nicht machbar sein. Rhonda fragte außerdem unsere Ausrüstung ab (festes Schuhwerk, viele warme Klamotten, etc.) und meinte, dass sie uns den gesamten Treck auch auf eigene Faust zutrauen würde. Anderen Besuchern würde sie eher zu einer geführten Tour raten. Das machte uns auf der einen Seite ein bisschen stolz, auf der anderen Seite verunsicherte es uns aber auch: Auf was ließen wir uns da eigentlich ein? Immerhin ging es um unseren ersten alpinen Treck, und dann auch noch ohne Guide.

Unser Tag begann also ziemlich früh, um pünktlich um sechs Uhr morgens das erste Shuttle der Saison für eine komplette Querung zu nehmen. Paul, unser Fahrer und Inhaber dieses Shuttleservices, war ein sehr freundlicher, vor Optimismus sprühender Herr, der sich ebenfalls vergewisserte, dass wir gut vorbereitet waren. Anschließend gab es noch einmal das Briefing zur Strecke und zu den einzuhaltenden Zeiten. Dann ging es los, ab durchs Tor und hinein in den Tongariro Nationalpark!

Der erste Nationalpark Neuseelands

Dieser Park ist die Keimzelle des Nationalparksystems Neuseelands. Dass dieses Gebiet überhaupt unter Schutz gestellt wurde, ist dem Maori-Häuptling Te Heu Heu Tukino IV. zu verdanken. Um das heilige Land der Maori zu retten kam er auf die Idee, es nicht etwa mit allen nur erdenklichen Mitteln zu verteidigen. Nein, er machte es im Gegenteil der Nation Neuseelands zum Geschenk. Allerdings mit der Auflage, dass es weder verschandelt, noch besiedelt werden dürfe. Im Kern also das, was einen Nationalpark ausmacht. 1887 dann wurde dieses Gebiet zusammen mit umliegenden Gebieten zum Tongariro Nationalpark. Über einhundert Jahre später machte es dann die UNESCO zum Welterbe der Menschheit.

Im Zentrum des Schutzgebietes stehen die drei Berge, die es maßgeblich prägen und die wir gestern schon aus der Ferne gesehen hatten: Der Ngauruhoe (2.287 Meter) ist von den dreien der markanteste und schönste Berg mit seiner perfekten Kegelform (nebenbei gesagt ist er auch ein aktiver Vulkan). Direkt daneben steht der Tongariro – Namensgeber für den Park und der Berg, dessen Flanken wir heute besteigen wollten. Er ist ein wenig unscheinbar und langgezogen. Neben seinen großen Brüdern nimmt man ihn mit seinen 1.967 Metern und der fehlenden ausgeprägten Spitze zunächst gar nicht so richtig wahr. Auf der anderen Seite des Ngauruhoe und ein bisschen abseits steht der höchste Berg des Nationalparks: Der Ruapehu ist stolze 2.797 Meter hoch und meist schneebedeckt. Er wirkt schon fast wie eine breite Schneewand denn wie ein einzelner Berg.

Flaches Land und dann…

Das Besondere am Tongariro Nationalpark sind neben den drei Bergen sein vulkanisches Erbe (bis heute ist die Gegend vulkanisch aktiv) und die vielfältigen Landschaften. Den Vulkanismus erlebten wir in Form von qualmenden Fumarolen und warmem Gestein, vor allem auf der Nord-Ost-Seite des Berges. Und durch die Landschaften wanderten wir und staunten, wie unterschiedlich diese wirklich waren. Dass wir das alles innerhalb von nur acht Stunden und knapp 20 Kilometern Fußmarsch erlebten!

Unser Treck startete im Westen der Berge und führte uns zunächst durch Buschland, durchsetzt von goldenen Grasbüscheln, flachen Flüsschen und seltsam geformtem Vulkangestein. Wer fühlt sich hier nicht sofort an die lange, beschwerliche Reise von Frodo und Sam im Herrn der Ringe erinnert? Tatsächlich diente die ostwärts gelegene Lava-Wüste, die wir allerdings nur aus der Ferne sehen konnten, als Drehort für Mordor. Da liegt es nahe zu vermuten, dass hier auch weitere Szenen gedreht wurden.

Knapp anderthalb Stunden vergingen so recht gemütlich und sehr eindrucksvoll. Wir machten sogar noch einen kleinen Umweg, um bei den Soda Springs, einem pittoresken Wasserfall, vorbeizuschauen. Dann kamen wir an das letzte Warnschild an unvorbereitete Wanderer und ab hier wurde es dann anstrengend. Wir wollten schließlich einen Berg erklimmen (beziehungsweise einen Teil davon), da bleibt man leider nicht auf ebenem Grund. Ich gestehe, ich erschrak darüber, wie viel Trekking-Fitness mir seit unseren Wanderungen in Peru verloren gegangen ist.

Alpine Wanderung

Den gefühlt endlosen Aufstieg unterbrachen wir nur für kurze Atemholpausen und für die Aussicht auf das hinter uns liegende Land. Je höher wir stiegen, desto kälter pfiff der Wind und desto kühler wurde es. Aber das kannten wir ja schon: Bei solchen Anstrengungen braucht man eigentlich keine extra Schichten Kleidung mehr. So blieb auch die Merino-Unterwäsche, die wir vorsichtshalber mitgebracht hatten, im Rucksack.

Irgendwann kreuzten wir die ersten Schneeflecken und schließlich erreichten wir auch das erste Höhenplateau. Links von uns der Tongariro, rechts von uns der Ngauruhoe, vor uns eine riesige weiße Fläche!

Nach wenigen Metern auf dem verharschten Untergrund entschied ich mich, die geliehenen Steigeisen über die Schuhe zu ziehen. Jan marschierte tapfer ohne Hilfsmittel weiter, kürte den Schnee aber zu seinem drittliebsten Untergrund für Wanderungen – gleich nach Sand und Asche.

Das Schöne an der jetzigen Jahreszeit ist, dass man bei solchen Wanderungen noch fast alleine ist. Irgendwo vor uns lief eine Vierergruppe, die wir aber nur selten sahen, und hinter uns kamen noch wenige Pärchen und eine etwas größere Gruppe. Im Sommer soll sich hier oben eine lange Schlange von Menschen langziehen. Jetzt konnten wir diese sagenhafte Umgebung ohne störende Personen aufnehmen.

Hinab ins Vulkangestein

Ein paar hundert Meter nachdem wir durch diesen südlichen Krater aus Schnee und Eis gelaufen waren, ging es noch einmal bergauf. Im Schnee machte das nicht viel mehr Spaß als der erste Anstieg zuvor. Wir sparten uns dann auch den Abstecher zum Gipfel und machten uns lieber auf den Weg hinab zu den Emerald Lakes.

Diese Seen, einer davon fast kreisrund, sind tatsächlich von einer schönen türkisen Farbe. Heute war davon allerdings nur ein schmaler Ring zu sehen. Der Rest ist noch von Schnee bedeckt. Der „blaue See“ ein Stück weiter war gleich gar nicht auszumachen. Lange wird’s aber nicht mehr dauern, denn hier oben schien bereits kräftig die Sonne und von unten wärmt das vulkanische Gestein.

An vielen Stellen war die ehemals mehrere Meter dicke Schneedecke bereits nicht mehr als bloße Fassade. So etwas hatte ich auch noch nicht gesehen, dass sich unter dem verharschten Schnee regelrechte Höhlen auftaten! Kein Wunder, dass man uns dringend dazu geraten hatte, auf den ausgeschilderten Wegen zu bleiben.

Auf dem Weg hinunter ins Tal wurde es beständig wärmer. Wo die Menschen mit den Skiern, die uns entgegen kamen, noch skifahren wollten, blieb uns deshalb ein Rätsel. Nach und nach wurde der Schnee weniger und es brach wieder ein wenig kurze, struppige Vegetation durch. Gesteinswände waren gelb, grün, rot gefärbt von den unterirdischen Dämpfen. An mancher Stelle qualmte es gar. Und in der Ferne konnten wir eben erwähnte Lavafelder ausmachen. Das sah wirklich wie in Mordor aus!

Und dann Regenwald

Je weiter wir kamen, desto höher und dichter wurden die Pflanzen. Aus Bodenkriechern und Flechten wurden kleine, nadelige Sträucher wurden mannshohe, grüne Pflanzen. Bis wir urplötzlich im Dschungel standen.

Hier wirkte unsere Wanderung durch den Schnee vor ein paar Stunden wie ein weit entferntes Erlebnis. Nur die Hinweise auf erhöhtes Lahar-Risiko (mächtige Schlamm- und Schuttströme vulkanischen Ursprungs) erinnerten uns daran, dass hinter uns aktive Vulkane lagen. Sehen konnten wir die drei vor lauter Regenwald nämlich erst wieder, als wir schon im Shuttle zurück nach Taupo saßen.

6 Comments

  1. Das sind ja wunderbare Aufnahmen, was für eine schöne Tour, die ihr da gemacht habt. Hut ab, dass ihr das allein geschafft habt.
    Diese Schneebilder sind wunderschön, diese wellenförmige Spiegelung im Schnee, das sieht fast unwirklich aus.

    Kirsten55
    1. Ja, immer nur weiß kann schon langweilig sein, was? ? Trotzdem wollen wir uns nicht auf zu viele Bilder schmuggeln, die neuseeländische Landschaft ist ohne uns nämlich viel schöner, finden wir.
      Eigentlich wollten wir auch eine vollständige Fotostrecke bauen, aber leider fehlten irgendwann eine ganze Menge von diesen Pfählen (oder wir haben sie übersehen, was auch möglich sein kann).

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