Delfine und Rugby

Delfine und Rugby

„Endlich“ sind wir aus den Northlands raus und auf dem Weg, die restliche Nordinsel Neuseelands zu erkunden. „Endlich“ aber nur deshalb, weil wir einfach nicht genug Zeit in diesem wunderbaren Land haben. Wir hätten gut und gerne noch zwei weitere Wochen hier oben verbringen können. So viele Abzweigungen, die wir nicht genommen haben. So viele schöne Flecken, die wir noch nicht gesehen haben.

Unser nächstes Ziel sollte die Coromandel Peninsula werden, die sich östlich von Auckland gen Norden erstreckt. Sie ist das liebste Ausflugsziel der Neuseeländer. Wir versprachen uns also viel Schönes. Während im Westen der schmalen Halbinsel schroffe Klippen zum Meer hinabfallen, bietet die Ostküste herrliche Strände. Dazwischen liegen nicht einmal 30 Kilometer häufig dicht bewaldeten Gebietes. Die Coromandel Peninsula ist einer der wenigen Orte, an denen kauri dieback noch nicht aufgetreten ist.

Auf dieser Halbinsel wollten wir aus Zeitgründen nicht bis an die Spitze, sondern nur bis zur berühmten Cathedral Cove und dem Hot Water Beach. Vor allem letzteres ist allerdings tidenabhängig. Wir mussten also das erste Mal auf diesem Roadtrip wirkliche Feinplanung betreiben.

Um das Ganze noch schwieriger zu gestalten, spielten abends auch noch die All Blacks im Four Nations Cup. Das ist die neuseeländische Rugby-Nationalmannschaft. Neuseeländer sind scheinbar sehr rugbyverrückt. So rugbyverrückt, dass Maria (Jans Buddelkastenfreundin, die mittlerweile in Wellington lebt und die auch Maja genannt wird, was es einfacher macht, Verwechslungen zu vermeiden) uns versprechen ließ, dass wir uns dafür einen Pub suchen würden, um das Spiel zu schauen.

Spätestens als wir auf unserem Weg von einem wirklich wundervollen Buchladen in Thames aufgehalten wurden, war klar, dass wir aus diesem Ein-Tages-Trip besser eine zweitägige Angelegenheit machen sollten. Da war dann auch noch der Halt bei Waiau drin, um Wasserfälle, Kauris (und Schafe) zu bestaunen.

Überraschung!

Nun aber: Auf nach Hahei zu unserem auserkorenen Campingplatz. Oder nicht. Gerade noch rechtzeitig waren Jan die Autos, die etwas prekär an der Straße hielten, aufgefallen. Sekunden später sahen wir auch, weshalb die hier alle gestoppt hatten: In einer Bucht an der Straße tollte eine ganze Gruppe von Delfinen! Wie schade, wenn wir daran einfach vorbeigefahren wären.

Mindestens 15 Tiere schwammen hier. Sie müssen einen Schwarm Futterfische in die Bucht getrieben haben und machten sich nun über diese her. Luftsprünge und wedelnde Schwanzflossen gehörten offenbar zum Fangritus hinzu. Wir hätten ihnen stundenlang zuschauen können.

Auf zum Rugby!

In Hahei blieb uns nur gerade noch genug Zeit, um unseren Campervan abzustellen, warm zu duschen (welch Luxus!) und sogar eine Ladung Wäsche zu machen. Es ist schon faszinierend, über was man sich nach ein paar Tagen Camperleben so freuen kann.

Wir hatten ja noch einen letzten Programmpunkt für heute: All Blacks vs. Springboks. (Als solche wird die südafrikanische Rugbymannschaft bezeichnet.) Eine Fähre brachte uns rüber nach Whitianga, weil es in Hahei offenbar nirgends ein Lokal gab, das das Spiel übertragen hätte. Aber in Whitianga sollte heute Abend der Bär steppen. Das zumindest hatte uns die nette Dame vom Campingplatz versprochen.

Nun ja, steppende Bären stelle ich mir etwas anders vor, aber es gab immerhin zwei oder drei Lokale, bei denen bereits die Fernseher liefen. Wir entschieden uns dem Anlass entsprechend für „Frankie’s Sports Bar“ und setzen uns zu ein paar Kiwis an den Tisch. Rundum zeigten Leinwände und Fernseher nicht nur die Vorberichterstattung, sondern auch ein Damen-Football-Spiel und aktuelle Wettquoten diverser Pferderennen.

Ohne Regeln geht selbst beim Rugby nichts

Aufgrund der Eile am späten Nachmittag waren Jan und ich noch gar nicht dazu gekommen, uns mit den Regeln des Spiels vertraut zu machen. Wir versuchten es mit ein paar Last-Minute-Infos über Google und Maja, die sich folgendermaßen zusammenfassen lassen:

  • Vor dem Spiel tanzt die neuseeländische Mannschaft den Haka, den maorischen Kriegstanz. Das ist zwar keine offizielle Regel, wird aber zuverlässiger umgesetzt als es jedes Regelwerk schafft.
  • Ein Spiel dauert genau 2 x 40 Minuten. (Das Spiel, das wir dann sahen, dauerte interessanterweise dann doch länger. Wohl, weil der aktuelle Spielzug noch nicht abgeschlossen war. Aber was weiß ich schon…)
  • Das Team mit den meisten Punkten gewinnt am Ende. (Irgendwie logisch.)
  • Punkte werden vor allem dadurch erzielt, indem der seltsame eierförmige Ball hinter die Ziellinie getragen wird. Anschließend können mit einem gezielten Tritt gegen den Ball noch Extrapunkte erzielt werden, wenn er durch die Torstangen fliegt.
  • Der Ball darf nur nach vorne geworfen werden, nie nach hinten.
  • Derjenige, der den Ball trägt, darf nicht getackelt werden. (Schrieb Majas Mitbewohner. Irgendwie sah es dann im Spiel doch so aus, als wäre genau dieser Spieler Hauptziel für alle Tackles.)
  • Tackles sind nur unter der Schulter erlaubt. Aber darunter ist so ziemlich alles gestattet, was geht. Dass die Spieler am Ende nicht in Unterhose oder weniger dastehen grenzt an ein Wunder.
  • Dann gibt es noch sehr, sehr verwirrende Dinge bzw. Spielzüge. Allen voran der „Scrum“, dessen Sinn mir sich auch im Laufe von 80 Minuten nicht erschlossen hat. Dieser besteht im Wesentlichen darin, dass sich ein beträchtlicher Teil beider Mannschaften gebückt ineinander verkeilen. Dann wird der Ball in die Mitte gelegt und kommt an einem Ende wieder heraus, so dass weitergespielt werden kann. Wirklich, ich habe keine Ahnung, was Sinn und Zweck eines Scrums Es scheint sogar spezielle Trainer nur dafür zu geben!
  • Am Ende gewinnen immer die Neuseeländer oder die Australier. Naja, fast immer. Heute leider nicht.

Ja, das war schon etwas enttäuschend. (Nicht, dass das an uns lag, weil wir jetzt zugeschaut haben!) Am Ende war es ein knappes Ergebnis mit 36 : 34 für Südafrika und ein Krimi bis zuletzt. Wir haben wirklich mitgefiebert. (Na gut, ich habe mitgefiebert. Jan hat sich vor allem über das scheinbare Chaos auf dem Platz amüsiert.) Auch wenn wir weder Regeln noch Taktiken noch sonst irgendetwas verstanden haben. (Warum bitteschön sitzen denn die Trainer in diesen Glaskästen?) Bei der nächsten Gelegenheit sind wir sicher wieder dabei. Und dass wir den All Blacks weiter die Daumen drücken, damit sie den Four Nations Cup gewinnen, versteht sich von selbst!

7 Comments

  1. Wie gut, dass ihr angehalten habt und diese schöne Delfingruppe beobachten konntet. Und nun habt ihr einen Eindruck vom rugby bekommen, das ich auch nie begriffen habe. Wird der Ball beim scum nicht von Außen in den Scum geworfen und die Spieler versuchen, ihn mit den Füßen herauszubefördern? Ist das nicht so eine Art “Strafstoß”? Wahrscheinlich liege ich total falsch, mal wieder. Aber so sah es für mich immer aus, wenn ich in den seltenen Fällen, die es hier so gibt, mal in den Genuss kam, das zu beobachten.

    Kirsten55
    1. Ja, so ähnlich ist das wohl mit dem Scrum. Es sieht halt nur nicht so dynamisch aus wie von Dir beschrieben und der Ball wird auch eher in den Scrum hineingegeben als geworfen. Es ist jedenfalls sehr selten, dass ihn die gegnerische Mannschaft nach dem Scrum hat.

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