Auf unserem Weg entlang der Küste hatten wir Perth zunächst links liegen gelassen. Denn für diese abgelegenste aller australischen Großstädte wollten wir uns Zeit nehmen. Und mindestens genau so wichtig: Hier wollten wir auch Weihnachten feiern!
Wobei „Weihnachten feiern“ natürlich relativ zu sehen ist. Nach sechs Wochen australischen Sommers war uns immer noch nicht nach Plätzchen, Glühwein oder Oh Tannebaum. Interessanterweise vermissten wir das alles auch gar nicht. Weihnachten hätte dieses Jahr auch gerne komplett ausfallen können. Wir hatten uns zwar auf unserem Roadtrip gerne über die weihnachtlichen Kreationen amüsiert, die immer wieder die Straßen säumten, aber Adventsstimmung kam dabei trotzdem nicht auf. (Umso weniger, als die Australier einen wirklich sehr, sehr kitschigen Geschmack haben, wenn es um Weihnachtsdekoration geht. Künstlich glitzernde Plastiklamettaschlangen scheinen beispielsweise sehr hoch im Kurs zu stehen.)
Dass wir den Tag dann doch nicht einfach ignorierten, lag wahrscheinlich mehr an den Fragen von Daheim. Auf „Und, was macht ihr so an Weihnachten?“ wollten wir irgendwann doch eine Antwort haben. Ich finde, wir haben sogar eine sehr gute Antwort gefunden, aber dazu weiter unten mehr. Denn vorher hatten wir ja noch zwei Tage Zeit, um Perth kennenzulernen.
Kennenlernen mit Hindernissen
Zwei Tage allerdings, in denen uns Perth das Kennenlernen alles andere als einfach machte. Zum einen bereitete sich auch diese Stadt natürlich auf Weihnachten vor. Das hieß, dass einige Sehenswürdigkeiten geschlossen oder bereits ausgebucht waren und wir die Stadterkundung auf eigene Faust machen mussten. Wie gut, dass wir darin inzwischen ein bisschen Übung haben.
Zum anderen – und das sollte unsere Erkundungstour fast zum Scheitern verurteilen, bevor sie überhaupt begonnen hatte – empfing uns Perth mit sage und schreibe 40 °C. Nein, Perth war nicht der heißeste Ort Australiens während dieses Sommers, aber wir waren auch so gut bedient.
Irgendwie quälten wir uns trotzdem aus unserem Hostel (in welchem es nicht viel kühler war, sonst wäre diese Entscheidung sicherlich schwerer gefallen). Am Informationszentrum gerieten wir dann an ein Juwel von einem Menschen. Diese Dame indischer Abstammung gab uns so viele gute Tipps, auch bezüglich unseres Heiligabendausflugs, und war einfach so freundlich und zuvorkommend, dass sie mir auch Wochen später noch in sehr guter Erinnerung geblieben ist.
Wie man sich eine Stadt erläuft
Aufgrund der Temperaturen sollten heute keine Stadtführungen mehr stattfinden. Also gab sie uns stattdessen vier Karten, auf denen Stadtrundgänge mit unterschiedlichen Schwerpunkten eingezeichnet waren. Wir konnten uns für „einflussreiche Ikonen“, „Gefangene & Kolonisten“, „Aufstieg & Niedergang“ oder „Kunst“ entscheiden. Oder alle gleichzeitig machen. Da sich viele Strecken ohnehin überschnitten und wir vor Herausforderungen zwar zurückschrecken, diese aber machbar erschien, hantierte ich also bald mit vier Karten herum. Schließlich wollten wir keinen Abstecher verpassen und keine interessante Information übersehen. Geholfen hat dabei, dass die Rundgänge sehr unterhaltsam und mit einigem Humor geschrieben waren.
Während ich also versuchte, den effizientesten Weg durch all diese Sehenswürdigkeiten zu finden, hatte Jan Fotodienst. Und während er den besten Winkel auf all die spannenden Gebäude und Kunstwerke suchte, las ich ihm aus den Beschreibungen vor. Eine perfekte Arbeitsteilung, die uns in vier Stunden durch den gesamten Innenstadtbereich und ein wenig darüber hinaus brachte. Selten haben wir eine Stadt amüsanter und anregender kennengelernt.Perth leuchtet
Weil ja bald Weihnachten war – und weil wir heute noch nicht genug gelaufen waren – blieben wir nach Einbruch der Dunkelheit noch ein wenig länger in der Innenstadt. Zur Adventszeit erstrahlen in Perth nämlich diverse Weihnachtsleuchtskulpturen, die ebenfalls zu einem Stadtrundgang zusammengefasst sind. Wie am Samstag vor Weihnachten nicht anders zu erwarten, waren wir natürlich nicht die einzigen, die auf diese Idee kamen. Auf der anderen Seite war es wahrscheinlich auch an keinem anderen Tag möglich, diese angekündigten perfekten Instagram-Bilder zu schießen, auf denen man ganz alleine im Weihnachtszug oder in der Christbaumkugel hockt.
Macht aber nichts, wir hatten trotzdem unseren Spaß, die teilweise banalen, teilweise extrem kitschigen Leuchtinstallationen zu (be)suchen. Glücklicherweise gab es noch wenigstens zwei Exponate, die für den deutschen Weihnachtsgeschmack nicht völlig schrecklich waren. In der Nähe des Känguru“mobs“ (Originaltitel der Skulpturen: „The Mob“) standen verschiedene, leuchtende Kängurus auf der Wiese, die sehr schön anzuschauen waren. Und direkt gegenüber wurden weihnachtliche Motive und bewegte Szenen auf die St. George Cathedral projiziert. Letzteres erinnerte mich stark an das Berliner „Festival of Lights“ und lud mit leiser Weihnachtsmusik zum Verharren und Zuschauen ein.
Fahrradschmerzen
An unserem ersten Tag in Perth hatten wir uns die Füße plattgelaufen. An unserem zweiten Tag wollten wir sie deshalb schonen und liehen uns in unserem Hostel Fahrräder aus. Jan hatte sich da nämlich so eine schöne Runde am Swan River entlang rausgesucht. Dabei könnten wir auch Heirisson Island und dem Botanischen Garten mit dem King’s Park einen Besuch abstatten.
Was wir nicht bedacht hatten: Wir hatten das letzte Mal vor über einem halben Jahr auf Fahrrädern gesessen. Und die, die uns hier zur Verfügung gestellt wurden, waren nicht viel besser als die kolumbianischen Leihräder. Uns taten also innerhalb kürzester Zeit die Popos ganz ordentlich weh. Keine guten Voraussetzungen, wenn man 20 Kilometer radeln will.
Was wir auch nicht wussten: Perth kann ganz schön hügelig sein. Zumindest der Botanische Garten liegt eher auf einem Berg als in einer Ebene. Da war erstmal nichts mit entspannt am Fluss entlang rollen. Hier waren untrainierte Wadenmuskeln gefragt!
Vielleicht sprach uns der Botanische Garten deshalb nicht so sehr an. Vielleicht war uns heute aber auch einfach nicht nach Beeten an Steilhängen. Die Aussicht auf der anderen Flusseite jedenfalls sagte uns deutlich mehr zu. (Und wir genossen sie, solange unsere schmerzenden Hintern das noch zuließen.)
Weihnachtsausflug
Müde, erschöpft und leicht angeschlagen, aber trotzdem sehr zufrieden sanken wir früh ins Bett. Denn nun hieß es: Nur noch einmal schlafen, dann ist Weihnachten! (Zumindest für uns. Die Australier feiern wie der Rest der englischsprachigen Welt Weihnachten am 25. Dezember.)
Für diesen Feiertag hatten wir uns ja etwas Besonderes überlegt, weshalb ein früher Start auf dem Programm stand. Wir wollten nämlich nach Rottnest Island, kurz „Rotto“. Diese kleine Insel liegt nur wenige Kilometer vor Perth und gehört zu den Highlights in und um die Stadt. Vor etwa 6.500 Jahren war Rottnest Island noch mit dem Festland verbunden. Mündliche Überlieferungen der Aborigines erzählen davon, wie die kleine Landmasse durch den steigenden Wasserpegel abgeschnitten wurde. Das macht dieses Ereignis zu einer der ältesten Erinnerungen der Menschheit!
Wir wünschen uns ein Quokka zu Weihnachten
Die Niederländer entdeckten die Insel als erste Europäer und nannten sie Rotte-nest, also „Rattennest“. Willem de Vlamingh hatte die hier heimischen Quokkas irrtümlich für riesige Ratten gehalten.
Die Quokkas sind die nicht ganz so heimlichen Stars auf Rottnest Island. Mag ja sein, dass es hier auch wunderbare Strände, eine windumtoste, karge, malerische Landschaft und tolle Schnorchelgelegenheiten gibt. All das ist vergessen, wenn einem das erste Quokka über den Weg läuft.
Früher waren diese Beuteltiere, die am besten als hauskatzengroße Mischung zwischen einer Ratte und einem Känguru zu beschreiben sind, im gesamten Südwesten Australiens verbreitet. Die üblichen Faktoren sorgten dafür, dass es heute nur noch Populationen in einigen wenigen Waldgebieten und auf Rottnest Island gibt. Auf der Insel leben immerhin 12.000 Exemplare, die aufgrund fehlender natürlicher Feinde keinerlei Scheu zeigen. (Wir nennen es inzwischen das „Galápagos-Syndrom“.)
Da es auf der Insel so unglaublich viele Quokkas gibt, braucht man eigentlich nur abzuwarten, bis einem ein fotowilliges Tier über den Weg läuft. Man konkurriert nicht einmal mit anderen Besuchern um den besten Quokka-Platz. Es sind genug Quokkas für alle da, was die Sache sicher entspannter für die Tiere macht. Diese zeigten sich entweder sehr neugierig oder völlig uninteressiert an dem, was wir da mit unseren Kameras veranstalteten. Und ja, ich gebe zu, ich konnte nicht widerstehen: Am Ende haben auch wir Quokka-Selfies gemacht. (Jan lachte sich halb tot, während ich auf dem Boden liegend versuchte, ein Quokka davon zu überzeugen, in die Kamera zu schauen.)
Rund um Rotto
Wenn wir nicht gerade mit Quokkas kuschelten, King’s Skinks fotografierten oder schnorchelten, taten wir das, was man auf Rottnest Island halt so tut: Wir fuhren mit dem Fahrrad! Ihr könnt euch denken, dass unsere Hinterteile davon wenig angetan waren. Immerhin waren diese Fahrräder deutlich bequemer als die vom vergangenen Tag. Und weil heute Weihnachten war, fanden wir auch noch einen Sattelüberzug mit Gelpolstern auf der Straße liegen! Just als mir der Popo wieder unerträglich schmerzte, fiel Jans Blick auf dieses Geschenk der Götter und weit und breit niemand, dem er zu gehören schien.
So gerüstet erradelten wir uns dann auch die ganz große Runde um die Insel – die gesamten 11 Kilometer Länge und 4,5 Kilometer Breite, inklusive des Abstechers zum West End, wo wir unser Weihnachtspicknick genossen. (Statt Kartoffelsalat und Würstchen gab es Käse-Humus-Wraps mit Nudelsalat, wer es ganz genau wissen will.)Weihnachtsessen
Dass es abends noch einmal ein „vernünftiges“ Weihnachtsessen gab, hatten wir einigen Hostelbewohnern zu verdanken. Diese zumeist deutschen Jugendlichen hatten sich zusammengetan, um wenigstens ein bisschen Weihnachten zu feiern. Da sie ohnehin angekündigt hatten, die Küche komplett in Beschlag zu nehmen, klinkten wir uns kurzerhand ein. Zwischen all den 18- und 19-Jährigen fühlten wir uns zwar ein wenig fehl am Platz, aber besser als zu zweit im Zimmerchen zu hocken war es allemal. Und zu einem ordentlichen Essen schmeckte unser roter Sprudelwein von der Fleurieu Peninsula gleich noch viel besser.
Ein Zoobesuch zum Abschied
So schnell wie Weihnachten gekommen war, wo schnell war es für uns auch schon vorbei. Und auch unser Aufenthalt in Perth war fast zu Ende. Nur für einen Zoobesuch reichte es noch. Eigentlich hatten wir auf unserer Weltreise bisher einen großen Bogen um Zoos gemacht. Schließlich sind wir nicht nach Südamerika, Neuseeland oder Australien geflogen, um Nashörner oder Giraffen zu sehen. In Australien allerdings waren uns bisher ein paar einheimische Tiere ausgewichen und im Zoo rechneten wir uns gute Chancen auf eine Sichtung aus. Ganz oben auf der Liste: Der Wombat!
Nun, was soll ich die Spannung lange aufrecht halten. Auch im Zoo von Perth hat sich uns kein einziger Wombat gezeigt. Ganze drei Mal sind wir an den Gehegen vorbei, haben sogar die letzte Viertelstunde vor Toresschluss davor campiert, aber nichts zu machen. So langsam beginnen wir ernsthaft an der Existenz dieses Tieres zu zweifeln. Womöglich verhält es sich damit ja wie mit den Drop Bears?
Als kleine Wiedergutmachung durften wir dafür immerhin einen tasmanischen Teufel, Baumkängurus und den uns bis dato völlig unbekannten Numbat beobachten. Das ist ja schon mal was. Dem Wombat geben wir an der Ostküste dann noch einmal eine Chance.
Das ist ja mal ein Beitrag, der mich beim Lesen mehrfach zum Lachen gebracht hat. (Wie du, Maria, es schaffst, mit vier Karten zu jonglieren, ist mir ein Rätsel, da wäre ich total überfordert ?). Die Quokka-Selfies sind so lustig, besonders das eine Tierchen, dass sich da einen besonders reizvollen Schattenplatz ausgesucht hat ?, die Gesichter sind auch schon so ulkig, das zweite Foto sieht aus, als habe sich dieses Quokka geradezu in Pose geworfen für das Foto, inklusive “cheese”.
Eure Radtour: Gerade als ich dachte, vielleicht sollten sie für weitere Fahrten dieser Art einen Gelüberzug für die Sättel kaufen, die nehmen nicht so viel Platz ein, lese ich, dass du einen gefunden (!) hast. Das gibts ja gar nicht!
Und dann die weihnachtlich geschmückten Straßen, dieser seltsame Baum mit Eingang, dann ein weißer Baum und Schweinchen an der Wand. Ich schätze, während die Jahre der Weihnachtsfeiern zu Hause im Gedächtnis alle irgendwann irgendwie ineinander schmelzen, wird euch dieses immer im Gedächtnis bleiben. Und nun, wenn auch sehr spät, aber trotzdem:
HAPPY NEW YEAR !
Wir bringen Dich doch gern zum Lachen und wenn es eben das Jonglieren mit Karten ist. Oder ein Quokka-Selfie. Es ist gar nicht so einfach ein solches gut hinzubekommen…
Der Gelsattel war eines der aktuellen Beispiele, dass das Universum oft die richtige Lösung für ein aktuelles Problem kurzfristig bereitstellt. Sehr beeindruckend.
Und klar, Weihnachten bei fast 40 Grad bleibt uns als Erinnerung definitiv eine Weile erhalten. Es hat sich sozusagen eingebrannt.
? Vielleicht stoßt ihr die Wombats irgendwie natürlich ab.
Aber immerhin waren die Quokkas alles andere als scheu.
Die leuchtenden Kängurus in Perth waren übrigens auch schon bei mir da. 🙂 Das scheint eine etwas permanentere Installation zu sein.
Oder wir pfeifen auf einer nur für Wombats hörbaren Frequenz so fürchterlich, dass alle Wombats das Weite suchen.
Die Quokkas sind ja sowas von goldig. Ich hätte mich auch an den Selfies versucht. ^^ Aif die Radtour hätte ich vielleicht bei den Temperaturen verzichtet. 😉
Beim Thema Stadtplan, das hätte Lennart übernehmen müssen, bei meiner Karten Orientierung hätten wir uns nur verlaufen.
Ich trau mich gar nicht zu schreiben, dass ich im Hannover Zoo schon einen Wombat gesehen habe. 😉 Weiterhin euch viel Spaß
Die Tierchen laden auch geradezu zum Gruppenbild ein. Es ist so unglaublich witzig! Vor allem auch Maria dabei zuzusehen, wie sie sich neben dem Quokka auf den Boden schmeißt…
Zum Thema Kartenlesen und Orientierung: das ist wahrlich auch nicht Marias Stärke, aber Übung macht den Meister und mittlerweile hat sie ganz schön aufgeholt!
Den Wombat im Zoo Hannover hab ich jetzt einfach mal überhört 😉