Quer durch Ecuador verlaufen die Anden und im ganzen Land gibt es 84 Vulkane, von denen wiederum 14 aktiv sind. Nachdem wir in Quito mit der Seilbahn auf den erloschenen Vulkan Pichincha gefahren sind und im Galápagos-Archipel atemberaubende vulkanische Landschaften gesehen haben, hatten wir uns zwei weitere vulkanische Highlights vorgenommen. Zum einen eine Wanderung um den unwirklich grün-blauen Kratersee Quilotoa und zum anderen eine Tour zum Gletscherrand des Cotopaxi, dem zweithöchsten aktiven Vulkan der Welt.
Um eine gute Ausgangsbasis für diese beiden Tagesausflüge zu haben, suchten wir uns ein Hostel in Latacunga. Das ist die relativ unspektakuläre Provinzhauptstadt von dem nach dem Vulkan benannten Bezirk Cotopaxi. Einzig nennenswert: im Laufe der Zeit wurde die Stadt bisher viermal in Folge eines Ausbruchs des 30 Kilometer entfernten Vulkans komplett zerstört. Das letzte Mal 1877.
Die Fahrt nach Latacunga war diesmal richtig komfortabel. Matt und Frank (die beiden von der Galápagos-Kreuzfahrt) planten von Quito aus ebenfalls einen Ausflug zum Quilotoa Kratersee und hatten sich standesgemäß einen privaten Chauffeur organisiert. Wir wurden kurzerhand eingeladen mitzufahren und zögerten nicht dieses Angebot anzunehmen. Bepackt mit unseren vier Rucksäcken und in bestem Backpacker-Chic zogen wir von unserem Hostel zum Marriott-Hotel, wo die beiden nächtigten. In der Lobby sahen wir flink noch die erste Halbzeit des ersten deutschen Gruppenspiels der WM (Mexiko gewinnt…). Die zweite Halbzeit sollten wir eigentlich während der Fahrt auf Matts Handy schauen, was bis auf die letzten zwei Minuten aufgrund des lückenhaften Mobilfunknetzes allerdings misslang.
Quilotoa
Doch nun: Der Quilotoa-Kratersee. Er befindet sich auf gut 3.900 Metern Höhe und misst etwa 3 Kilometer im Durchmesser. Eingekesselt ist er vom Kraterrand eines ehemaligen großen Vulkans, der vermutlich im 13. Jahrhundert n. Chr. zum letzten Mal mit einer gewaltigen Explosion ausgebrochen ist. Heute kann man von dem kleinen Dorf Quilotoa aus entweder zum Ufer des Kratersees hinabsteigen oder aber ihn auf einem gut 10 Kilometer langen Pfad auf dem Kraterrand komplett umrunden. Das wollten wir machen und uns gleichzeitig an die Höhe gewöhnen, schließlich wollten wir am nächsten Tag noch 1.000 Meter höher!
Es war eine großartige Wanderung! Links von uns lag immer der türkisblaue Kratersee (die Farbe kommt von den gelösten Mineralien und laut Wikipedia soll der See 250 Meter tief sein), unter unseren Füßen der schmale Pfad auf dem Kraterrand, der zu beiden Seiten teilweise beängstigend steil abfiel und rechts von uns das gebirgige Umland. Außerdem fauchte der Wind die Flanken des Kraters hinauf, so dass es uns ganz ordentlich durchpustete. Besonders gefielen uns die vielen bunten Blüten, die auch hier in fast 4.000 Metern Höhe noch reichlich wuchsen.
Der Pfad ist wahrlich nicht der einfachste. In dieser Höhe sind die Anstiege um einiges anstrengender als sie es auf Meeresniveau wären. Entsprechend aus der Puste waren wir, als wir den höchsten Punkt endlich erreicht hatten. Auf 3.930 Metern ließen wir uns unsere Sandwiches bei einer großartigen Aussicht (und immer noch viel Wind) schmecken und einen Gipfelkeks hatten wir uns auch redlich verdient.
Die meiste Zeit waren wir auf dem Rundkurs komplett allein unterwegs. Kurz vor dem Ende der Runde trafen wir jedoch auf einen Schäfer, der uns freundlich grüßte, auf seine Schafe zeigte und dann begann von seiner kranken Frau in Latacunga erzählte. Ich war so happy, ihn fast komplett zu verstehen, dass ich beinah überhörte, dass die nette Geschichte plötzlich in Bettelei umschlug, was die Erfahrung für mich irgendwie ruinierte. Schade eigentlich.
Nach viereinhalb Stunden waren wir wieder am Ausgangspunkt unserer Wanderung und traten den Rückweg nach Latacunga an. Einen Teil davon fuhren wir mit einem Collectivo, einem Minivan vollgepackt mit traditionell gekleideten Quechua-Indianern auf dem Weg in die Stadt. Und wir zwei Gringos mittendrin. Diese Erfahrung würden wir in Deutschland so auch nicht machen können.
Cotopaxi
Nach der Quilotoa-Umrundung fühlten wir uns für die Tour zum Gletscherrand des Cotopaxi gut vorbereitet. Gebracht hat es bestimmt etwas, auch wenn wir das in 5.000 Metern Höhe nicht wirklich gemerkt haben. Doch der Reihe nach.
Der Cotopaxi ist der zweithöchste aktive Vulkan der Erde. Der Gipfel liegt 5.897 Meter über dem Meeresspiegel und ist von einem Gletscher bedeckt. Dieser stellt für die umliegenden Siedlungen eine zusätzliche Gefahr zu Ascheregen und Lavaströmen dar, da er im Falle eines Ausbruchs schnell abschmilzt, Lawinen hervorbringt und Unmengen an Schmelzwasser freisetzen kann. Da wollten wir also hoch und hatten uns für eine Tour angemeldet. Man darf den Nationalpark, in dem der Cotopaxi liegt, nämlich nur mit einem Guide betreten.
Wir fuhren vom Hostel aus direkt bis zum letzten Parkplatz unterhalb der Schutzhüte. Ganz schnell erreichten wir die Vegetationsgrenze, die hier bei etwa 4.000 Metern liegt. Eben noch sahen wir wilde Pferde in der tundraähnlichen Landschaft grasen und einen Fuchs sich in die flache Vegetation drücken, doch plötzlich war da nichts mehr. Nur noch Stein. Und die kleinsten Vertreter davon wurden uns beim Öffnen der Autotüren auch direkt vom schneidenden Wind ins Gesicht geblasen. Einmal Sandstrahlen bitte! Au, das tat weh! In Windeseile hatten wir uns vermummt und sahen wie semi-professionelle Bergbezwinger aus. Allerdings nur bis wir die ersten Schritte bergauf getan hatten. Da erkannte man sofort die Flachland-Touristen wieder.
Eigentlich sind 300 Höhenmeter ja nicht allzu viel, aber auf 4.500 Metern Höhe… Puh, so schnell war ich selten außer Atem. Mich persönlich machte vor allem die Beschaffenheit des Weges fertig: loser grober Sand. Ich lief wie am Strand, nur war der um 30 Grad angekippt. Gefühlt drückte ich mit mehr als der Hälfte meiner Kraft einfach nur den Sand beiseite, während lediglich der klägliche Rest in potentielle Energie umgesetzt wurde. Ich war echt froh, als wir nach 45 Minuten die Schutzhütte auf gut 4.800 Metern Höhe erreichten. Oh welch Wohltat war die heiße Schokolade, die wir uns gönnten. Natürlich nur, um eventuellen Symptomen der Höhenkrankheit vorzubeugen.
Die zweite Etappe des Weges brachte uns über einen etwas leichteren Pfad auf knapp über 5.000 Meter an den Rand des Gletschers. Hier waren wir beide ganz offiziell am bisher höchsten Punkt unseres Lebens! Da stieg schon so etwas wie ein bisschen Stolz auf. Doch eine große Feier und Fanfaren gab es leider nicht. Wir begnügten uns damit, einmal am Gletschereis zu schlecken und schon ging es wieder bergab. Schritt, Schritt, Hüpf, Hüpf, Schutzhütte. Hüpf, Schritt, Schlitter, Hüpf, Parkplatz. Wie jetzt? Ja, wirklich. Fast eineinhalb Stunden Aufstieg und dann gerade mal eine halbe Stunde Abstieg. So schnell kann‘s gehen, aber wir haben einen Stempel im Pass, der bestätigt, dass wir wirklich da waren und dieses großartige Erlebnis nicht nur geträumt haben.
Nachdem mir Jan mit dem “Gletscherleckbild” gerade einen derartigen Lachanfall beschert hat, dass mein Tag schlagartig einen goldenen Rand bekam, sage ich nur DANKE für dieses einmalige Foto.
Und für alle andren auch, auf denen ihr so glücklich und entspannt ausseht.
Hihi, immer wieder gerne!
Jan sagt, der Gletscher habe kalt geschmeckt. Für den Geschmack war’s das alles also nicht wert, für’s Foto schon. ?
Was für eine Leistung und was für ein Erlwbnis! Ich bin aber froh,daß Ihr ganz heil wieder runter gekommen seid.
In der Höhe ist die Luft doch recht dünn.Opa und ich, waren in Österreich nur auf 3000 m gestiegen und das hatte mir schon gereicht. Seid bitte vorsichtig bei allem. Ich freue mich mit Euch! Oma
An 3.000 Meter Höhe sind wir so langsam gewöhnt, aber ich weiß noch, wie mir anfangs in Bogotá auch kleine Steigungen ganz schön zu schaffen machten.
Vorsichtig sind wir, versprochen! Deshalb machen wir sowas auch nur mit professionellen Führern.
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Bravo, ihr seid ja fleißig am Rekorde brechen. 🙂
Das ist zwar ganz und gar nicht unsere Intention, aber irgendwie schon ein gutes Gefühl. 😉 Ich vermute aber, dass dies der letzte (Höhen-)Rekord für einige Zeit gewesen sein wird.
Was für tolle Touren und faszinierende Bilder! Den Weg auf dem Grad des Vulkankraters wäre ich gerne mit euch zusammen gegangen – das sieht sehr reizvoll aus 🙂
Für eure Höhenerlebnisse auf der zweiten Runde seid ihr ein Glück gut gerüstet gewesen – das klingt schon recht ungemütlich ;-). Aber dennoch sicher ein tolles Erlebnis!
Der Quilotoa hätte Euch bestimmt auch gefallen! Der war echt schön.
Auf dem Cotopaxi war es für meinen Geschmack echt zu windig, von der Höhe, die dir jede Energie nimmt, mal ganz zu schweigen. Ein Erlebnis war es auf jeden Fall, aber keins, das ich sofort wiederholen muss. 😉