Auckland, Christchurch, Melbourne, Perth, Sydney: Wir haben allein in den letzten Monaten eine Menge großer Städte erkundet und uns in nicht wenige davon ein bisschen verguckt. Aber keine dieser Städte, nicht einmal Sydney, ist so sehr Megacity wie Singapur.
Dieser Stadtstaat, gerade einmal 718 Quadratkilometer groß, ist Asiens große Erfolgsgeschichte und „westlicher“ als jede europäische oder amerikanische Stadt. Singapur ist nicht nur sauber, Singapur ist blitzeblank. Singapur funktioniert nicht einfach nur, Singapur läuft wie ein gut geöltes Uhrwerk. Nirgends sonst sind wir mit so einem hochmodernen Nahverkehrssystem gefahren. (Wobei wir uns sicher sind, dass es sie auch anderswo gibt. Vermutlich ebenfalls in Asien.) Nirgends sonst wird neuste Technologie so gekonnt, so routiniert eingesetzt wie hier. Und nirgends sonst kann man sich darauf verlassen, dass jedes Straßenlämpchen, jeder Lichtschalter, jede automatische Tür, jedes noch so kleine Detail funktioniert. Ja, man merkt schon, dass Singapur Geld hat und dass man in Singapur weiß, wie man dieses Geld auch einsetzt.
Das Spannende an Singapur ist aber, dass all diese Technologie friedlich koexistiert mit Gärten, Parks, Food-Courts (hier als Hawker Centre bezeichnet), kleinen asiatischen Läden und Kiosks und viel öffentlicher Kunst. Keine Frage, auch all das ist künstlich, also von Menschenhand angelegt. Aber trotzdem ist Singapur durch geschickte Stadtplanung und -politik eine grüne und lebendige Megacity – viel lebenswerter, als man es auf den ersten Blick vielleicht glaubt.
Für Jan und mich ist Singapur schon eine alte Bekannte. Jan hat die Stadt mehrfach angesteuert, als er noch zur See gefahren ist. Das letzte Mal war er dann aber ganz regulär als Tourist hier. Vor über einem Jahr hatten wir auf dem Weg nach Bali nämlich Henni und Frank besucht, sehr gute Freunde von mir. Und ich selbst betrat nun bereits zum vierten Mal dieses kleinste asiatische Land.
Zauberei am Flughafen
Wahrscheinlich hätte ich niemals so viel Zeit in Singapur verbracht, wenn es die beiden nicht hierher verschlagen hätte. So aber konnte ich Singapur intensiver kennenlernen, als es den meisten Touristen vergönnt ist. Es stellte sich sogar beinahe so etwas wie ein „Heimkommen“-Gefühl ein, als wir das Flugzeug frühmorgens verließen und Changi Airport betraten.
Normalerweise würden wir einen Flughafen nicht mit mehr als einem Nebensatz bedenken. Changi jedoch verdient ein wenig mehr. Seit immerhin sechs Jahren wird er alljährlich zum besten Flughafen der Welt gekürt – nicht ohne Grund! Kinosäle, Schmetterlingsgarten, Sonnenblumenterrasse, Koi-Teiche und Massagesessel hatten wir bereits bei unserem letzten Besuch ausprobiert. (All das ist selbstverständlich gratis.)
Dieses Mal wollten wir uns trotzdem ein wenig verzaubern lassen – im wahrsten Sinne des Wortes. In den verschiedenen Terminals lockten nämlich lebensgroße Szenerien aus Harry Potter. Die meisten davon waren zwar bereits wieder abgebaut, aber in Hogsmeade konnten wir uns noch die Nasen am Schaufenster von Honeydukes plattdrücken und in Hogwarts (leider umsonst) Einlass ins Haus Gryffindor erbitten. (Die fette Dame blieb unerbittlich und schien selbst gegen Jans Charme immun zu sein.)
Willkommen zurück!
Draußen in der „realen“ Welt wurden wir willkommen geheißen von schwerer, feuchtwarmer Luft und diesem unverkennbaren Geruch Südostasiens. Tropischer Regenwald und organische Schwüle setzten bei mir unfehlbar Urlaubsgefühle frei. Anderen mag dabei das tiefe Durchatmen schwer fallen; ich sog diese Luft ganz, ganz tief ein. Mir war selber gar nicht so bewusst gewesen, wie sehr ich Asien vermisst hatte.
Ähnlich stark vermisst hatte ich Henni und Frank, die gerade ihre zweite Tochter bekommen hatten. Eine aufregende Zeit, nicht nur für die erstgeborene Matilda. Nachdem wir während unserer Weltreise schon so viele Hochzeiten und Geburten in Deutschland verpasst hatten (und noch weitere verpassen würden), war es umso schöner, die kleine Hannah kennen zu lernen, als sie gerade zehn Tage alt war.
Weil sowohl Jan als auch ich die gängigen Singapur-Highlights bereits kannten, wollten wir uns diesmal noch mehr Zeit für unsere Freunde nehmen. Da wir es aber selten einen ganzen Tag an einem Ort aushalten, wagten wir uns natürlich trotzdem jeden Tag auf Streifzüge durch den Stadtstaat. Dabei erlebten wir Singapur von einer anderen, viel wilderen und natürlicheren Seite. Wir waren selbst ganz überrascht, wie viel diese Stadt auch für Naturliebhaber bereithält.Trotzdem: Wer das erste Mal hier ist, dem seien an dieser Stelle die Gardens by the Bay, Marina Bay, der Zoo, Chinatown, Little India und Kampong Glam ans Herz gelegt, sowie mindestens eins der vielen hervorragenden Museen der Stadt. Jan und ich haben diesmal einfach Dinge gemacht, die sonst kaum ein Singapur-Reisender sieht. Das heißt aber nicht, dass all die Top-Sehenswürdigkeiten links liegen gelassen werden sollten. Zu ein paar unserer Favoriten kehrten wir ja sogar zurück.
Grünes Singapur, Tag 1
Unser erster Gang führte uns dann auch über ein Hawker Centre, denn das Essen in Singapur ist jeden Umweg wert. Die günstigen Food Courts, die sich in oder neben jeder Shoppingmall finden, bieten ein buntes Potpourri von Gerüchen, Farben und Geschmäckern. Hier spiegelt sich am eindrücklichsten die Multi-Kulti-Gesellschaft Singapurs wider. Indische Currys locken neben Koreanischem Kimtschi, Chinesischen Hühnchengerichten und Malaysischen Roti.
Solchermaßen gestärkt waren wir gut vorbereitet für die Southern Ridges, also die „südlichen Höhenzüge“. Diese gut ausgebauten Wanderwege verbinden auf einer Länge von neun Kilometern verschiedene Parks und Wälder im Süden Singapurs. Ganz in der Nähe befindet sich der Hafen der Stadt. Zwischen Baumwipfeln und auf Brücken erhaschten wir immer wieder Blicke auf die Kräne, auf Containerschiffe und Tanker.
Gleich nebenan liegt außerdem Sentosa Island, welches das Vergnügungszentrum Singapurs ist. Den Ausflug dorthin (selbstverständlich mit Seilbahn) haben wir uns fest für unseren nächsten Besuch vorgenommen.
Für heute blieben wir aber auf der Hauptinsel Singapurs und ließen uns von den Southern Ridges verzaubern. Nie hätten wir gedacht, dass diese hochmoderne Stadt auch so ursprünglich und wild und ruhig sein könnte. Auf unserer gesamten Wanderung waren wir die allermeiste Zeit allein. Und das mitten in einer Stadt mit 5,8 Millionen Einwohnern. (Und damit über 8.000 Einwohnern pro Quadratkilometer – im gesamten Land!) Natürlich wäre Singapur nicht Singapur, wenn sich dichter Farn- und Regenwald nicht mit liebevoll gestalteten, unterschiedlich thematisierten Parks abgewechselt hätte. Erstaunlich viel Zeit verbrachten wir an einer versteckten Stelle, an der auf dutzenden Reliefs die Geschichte Singapurs dargestellt wurde.Ein weiteres Highlight des Wanderwegs sind die Henderson Waves. Diese Brücke ist mit 36 Metern Höhe die höchste Fußgängerbrücke der Stadt und architektonisch ein echter Hingucker.
Grünes Singapur, Tag 2
Nachdem uns die Southern Ridges so gut gefallen hatten, schickten uns Henni und Frank ins MacRitchie Reservoir. Hatten wir gedacht, der gestrige Tag sei „grün“ gewesen, wurden wir nun noch einmal überrascht. Elf Kilometer Wanderweg führten uns durch Regenwald, vorbei an erstaunlich desinteressierten und entspannten Langschwanzmakaken, enorm großen Waranen und etlichen Eichhörnchenverwandten, die es hier in den unterschiedlichsten Ausführungen gibt.
Nach einigen Kilometern gemächlicher Entdeckungsreise standen wir schließlich auf dem Treetop Walk. In guter Singapur-Manier wurden wir hier mit einem netten Gruß und der Information begrüßt, wir seien heute Besucher Nummer 89 und 90. Von Eintrittsgeld kein Wort.250 Meter lang und 25 Meter über dem Waldboden stellte sich ein ähnliches Gefühl ein, wie seinerzeit in den Otways. Macht man sich einmal bewusst, dass man sich gerade in der obersten Lage eines intakten Regenwaldes befindet, so fängt man an, die Komplexität dieses Ökosystems zu erahnen.
Multi-Kulti
Bisher war auf unserer Reise jeder Ort neu für uns gewesen. Lediglich ein paar Häfen hatte Jan schon einmal gesehen. In Singapur genossen wir es daher, uns für ein paar Tage in einem bekannten (und liebgewonnenen) Umfeld zu bewegen. Und wie das mit solchen Orten so ist, haben wir inzwischen sogar ein paar Lieblingsorte hier, an die wir gerne zurückkehren.
Immer einen Ausflug wert ist Kampong Glam, das arabische Viertel Singapurs. Abends kann man hier beispielsweise hervorragende (und überteuerte) Cocktails genießen. Der Tag aber gehört den kleinen Souvenir- und Deko-Läden, der Streetart und dem Flair, das sich unweigerlich einstellt, wenn man auf Singapurs größte und wichtigste Moschee zuläuft. Von außen sieht die Masjid Sultan Mosque aus wie ein Traum aus Tausendundeiner Nacht. Innen ist sie erstaunlich spärlich. Besucher sind herzlich willkommen und eine junge Dame plauderte eine ganze Weile mit uns über islamische Sitten und Gebetszeiten.
Ein Besuch in Singapur ist für mich außerdem nicht vollständig ohne in meinem Lieblings-Hawker Centre zu essen. Dieses befindet sich im Tekka Centre in Little India. Hier gibt es die besten Currys und Naans Singapurs in authentischer Umgebung. Wer mag, kann sein Gericht stilecht mit Fingern von großen Bananenblättern essen.Zoo einmal anders
Singapur rühmt sich dreier hervorragender Zoos. (Nächstes Jahr sollen noch zwei hinzukommen, auf die wir schon sehr gespannt sind.) Während unser absoluter Favorit der Nachtzoo ist, sollte es diesmal der „reguläre“ Zoo werden, den wir auf unser Programm setzten. Zum einen kannte Jan diesen noch nicht, zum anderen gab es dort gerade eine besondere Veranstaltung. Nach Einbruch der Dunkelheit wurden Teile des Zoos zu Rainforest Lumina. Eine eindrückliche und stimmungsvolle Demonstration, wie Licht und Geräusche eine Umgebung transformieren können.
Bei Tageslicht spürten wir weißen Tigern, vorwitzigen Schildkröten, faulen Komodowaranen und allerlei hübschen und hässlichen (Entschuldigung!) Schweinen nach. Dabei kam uns zugute, dass die Gehege des Zoos meist so angelegt sind, dass die Tiere für die Besucher in der Regel gut sichtbar sind. Warum sie, also die Tiere, trotz dieser Nähe entspannt wirken und sich selten in die hinteren Bereiche zurückziehen, bleibt ein Geheimnis der Singapurer Tierpfleger.
Falls die realen Tiere aber einmal nicht so gut drauf wären, gäbe es immer noch den neuen „Dragons and Beasts“-Bereich. Dort darf man sich an mystische Kreaturen heranschleichen und darüber rätseln, wovon diese einmal inspiriert wurden. Nebenbei lernten wir, dass es auf der Welt so viel mehr Sagengestalten gibt als nur Einhörner, Drachen, Basilisken und Wolpertinger. Wie ignorant man als Europäer manchmal ist. Nach Toreschluss und bevor die Sonne ganz untergegangen war, wurde der Zoo dann „umgebaut“. Als der Himmel komplett dunkel war, wurden wir wieder eingelassen in eine Zauberwelt aus Licht.
Hm. Singapur war für mich bisher ein relativ weißer Fleck auf der Landkarte, vom Flughafen mal abgesehen. Aber so wie es auf euren Bildern aussieht, lohnt sich ein Besuch ja durchaus.
Wenn meine Freunde dort nicht wohnen würden, wäre ich vielleicht keine vier (bald fünf) Mal dorthin geflogen. Aber Singapur ist definitiv mal einen Blick wert, selbst wenn man eigentlich kein so großer Stadtfan ist. Für einen längeren Stopover lohnt sich das allemal.
Singapur wirkte bisher wirklich nicht sehr attraktiv auf mich, aber ihr habt meine Meinung in jedem Fall geändert.
Das freut mich sehr. 🙂
Singapur ist wirklich viel interessanter, als viele glauben. Selbst Stadt-Hasser werden dort ein, zwei Tage gut verbringen können.
Was für ein süßes Baby!!!
Und was für eine erstaunliche Stadt, das hätte ich nicht erwartet.
Der Zoo Hannover macht irgendwas falsch, denn als ich vor wenigen Tagen dort war, zeigten sich viele Tiere gar nicht. Eine “Zoo bei Nacht” Veranstaltung gibt es hier leider auch nicht. Wäre mal eine Idee.
Wahrscheinlich könnten die singapurischen Tierwärter im kalten und verregneten Deutschland auch wenig ausrichten. Dass sich die Tiere hierzulande mehr und häufiger zurückziehen können, hat ja auch etwas mit Tiergesundheit und Tierwohl zu tun. Außerdem finde ich es auch ganz gut, wenn die Menschen lernen, dass es auch im Zoo keine “Garantie” gibt, die Tiere zu sehen. Wer sowas möchte und nicht die Geduld aufbringt, ein bisschen zu warten beziehungsweise zu beobachten, der ist vielleicht vor dem Fernseher besser aufgehoben. Gerade Kinder können das nicht früh genug lernen, diesen Respekt vor der Tierwelt und das Bewusstsein, dass es sich bei Tieren um eigenständige Wesen handelt. Bei vielen Erwachsenen ist der Zug ja leider abgefahren.
Ich war auch gerade fünf Tage in Singapur und bin begeistert. Ich würde jedem empfehlen dort einen Zwischenstopp zu machen und die Stadt zu erkunden.
Hallo Wolfgang,
willkommen auf unserem Blog!
Aus unserer Sicht gehört Singapur auch zu jeder Asienrundreise dazu – solange man sich bewusst macht, dass die Stadt wirklich ganz, ganz anders ist als der Rest von Südostasien. 😉
Für uns ist Singapur so etwas wie ein zweites Zuhause geworden, weil wir hier Freunde haben und inzwischen so häufig hier waren. Deshalb erleben wir es wahrscheinlich auch ganz anders als Besucher, die zum ersten Mal hier sind.