To Do Nr. 3: Am Mittelpunkt der Welt

To Do Nr. 3: Am Mittelpunkt der Welt

Ihr habt es uns aufgegeben, wir haben’s getan und sind zum Mittelpunkt der Welt gepilgert! (Und haben nebenbei gleich einen virtuellen Geocache mitgenommen, weil der so schön dazupasste.)

Der Äquator, diese magische Grenze, die unsere Erde in zwei Hälften teilt, verläuft ja durch den nördlichen Teil Südamerikas und schneidet dabei auch Ecuador. (Kolumbien wird übrigens ebenfalls vom Äquator geteilt, allerdings weit südlich und mitten durch den Amazonas. Das heißt, in San Martín de Amacayacu haben wir uns schon einmal auf der Südhalbkugel befunden.)

In der Nähe Quitos hat man 1979 ein Äquatordenkmal erbaut und diesem den Namen Mitad del Mundo gegeben, also „Mittelpunkt der Welt“. Ein Name, der mich anfangs etwas verwirrte, bis ich verstanden habe, dass er sich nur auf eine der beiden Koordinaten, nämlich den Breitengrad, bezieht.

UNASUR am Mitad del Mundo in EcuadorNebenan findet sich dann auch nur noch das Gebäude der Hauptverwaltung des südamerikanischen Staatenbundes UNASUR. Dieses mutet sehr futuristisch an und ist ein wunderbares Beispiel dafür, dass auch in anderen Ländern viel Geld in sinnfreie Großbauprojekte gesteckt wird: Das Gebäude (mit Hubschrauberlandeplatz, der war dann auch noch drin) hat 42 Mio. $ gekostet und steht heute fast leer.

Die gelbe Linie

Im Zentrum des an einen Vergnügungspark erinnernden Areals des Mittelpunkts der Welt steht eine große Weltkugel auf einem zementenem Sockel. Durch diesen verläuft eine gelbe Linie, die den Äquator markieren soll. Ja genau, soll. Denn bei der Errichtung dieses offiziellen Denkmals hat man sich an den Messungen der Franzosen aus dem 18. Jahrhundert orientiert und die lagen offensichtlich zwei- bis dreihundert Meter daneben. Angesichts der Ausmaße unserer Weltkugel und den damals zur Verfügung stehenden Instrumenten vielleicht keine überraschende Toleranz. Die Indigenen wussten trotzdem schon früher und vor allem genauer, wo der Äquator verläuft. Auch das ist wenig erstaunlich.

Um dieses Monument herum stehen allerhand kleine Museen und weitere Spielereien, die einen mit teilweise interessantem, teilweise unterhaltsamem Wissen versorgen. So zum Beispiel, dass der Coriolis-Effekt sich nur auf große Systeme wie Ozeanströmungen und Wetterphänomene auswirkt, nicht auf kleine wie das Wasser, das bei euch zu Hause den Abfluss runterwirbelt. Ersteres erklärt übrigens, warum es entlang des Äquators keine Tornados oder Hurrikane gibt: Die wirbeln nämlich auf den beiden Erdhalbkugeln in entgegengesetzte Richtungen und das gleicht sich am Äquator wieder aus. Auf Letzteres, also das kleine Abflusssystem, müssen wir gleich noch zu sprechen kommen.

Auch wird einem erklärt, dass die Äquatorlinie eigentlich ein 5 Kilometer breiter Streifen ist, innerhalb dessen die 0°0‘0‘‘-Position wandert, je nach Rotation, Translation und Neigung der Erde. So viel also zu Messungenauigkeiten. Scheinbar ist diese ganze Äquatorgeschichte komplexer, als ich zunächst annahm.

Schokolade und ein Rezept zum Nachmachen

Schokoladenmuseum Mitad del MundoWeil wir gerade so in Lernlaune waren, besuchten wir auch das kleine Schokoladenmuseum und das noch kleinere Biermuseum auf dem Gelände. Hier wurden wir mit weiteren erstaunlichen Fakten ausgestattet. Oder wusstet ihr, dass ihr eigentlich gar keine Schokolade essen müsst, um zu entspannen? Scheinbar reicht schon allein der Geruch. (Übrigens ist das ein Fakt, den ich eigentlich gar nicht wissen wollte. Ihr versteht, was ich meine.) Und bei den Azteken konnte man für 10 Kakaobohnen ein Kaninchen, für 100 Bohnen einen gut ausgebildeten Sklaven kaufen.

Wir haben sogar das damals streng geheime Rezept erhalten, nach dem die Trinkschokolade bis 1615 für die spanische Königsfamilie hergestellt wurde. Niemand sonst durfte dieses köstliche Getränk genießen, abgesehen vielleicht von den Zisterzienser-Mönchen, deren Bruder Aguilar das Rezept nach Europa brachte. Als die österreichische Prinzessin Anna, die zufälligerweise die Tochter von Spaniens Philipp III. war, Ludwig XIII. aus Frankreich heiratete, verlangten die beiden das Rezept als Mitgift und das war das Ende der Exklusivität.

Wir teilen dieses Rezept nun mit euch, da wir ja erst in frühestens elf Monaten dazu kommen werden, es zu testen. Falls jemand Lust hat, sich daran zu probieren, dann schreibt uns gerne mit eurem Erfahrungsbericht.

Für eine wirklich sehr große Menge Kakao benötigt man demzufolge:

  • 700 g echtes Schokoladenpulver (ohne Zusätze)
  • 56 g Zimt
  • 14 g Nelken
  • eine Handvoll Anis
  • Moschus, Ambra, Orangenblüte (ich bin beinahe sicher, dass man auf die ersten beiden vermutlich auch verzichten kann)
  • 750 g weißen Zucker
  • 14 g Pfeffer
  • 3 Vanilleschoten
  • Walnüsse

Weitere Angaben gibt es nicht. Ich vermute, man soll das alles fein gemahlen vermengen und dann mit heißem Wasser oder heißer Milch genießen.

Bier ohne Rezept

Im Biermuseum habe ich dann einmal mehr versucht zu verstehen, wie Bier hergestellt wird. Noch interessanter waren auch hier allerdings die Funfacts. So glaubten die Wikinger, dass nach ihrem Tod eine riesige Ziege auf sie warten würde, aus deren Euter Bier fließt.

Auch die Deutschen werden erwähnt, genauer die älteste Brauerei der Welt: Die Staatsbrauerei Weihenstein aus Bayern nämlich mit fast 1.000 Jahren. Und in einer Bar in London kann man das teuerste Bier der Welt kaufen, welches 1.000 $ kosten soll. (Pro Glas, Flasche, Fass?)

Bei so viel Bier ist es kein Wunder, dass sogar die Angst, ein leeres Bierglas zu haben, einen eigenen Namen hat: Cenosilicaphobia heißt diese. Ob es dafür auch Selbsthilfegruppen gibt?

Neben weiteren Pavillons, die den an der Vermessung der Erde und speziell des Äquators beteiligten Länden gewidmet sind, gibt es hier auch ein Postamt, welches einen mit Stempeln im Pass versorgt. Der offizielle Beweis: Wir waren am Mitad del Mundo!

Die rote Linie

Jetzt sollten wir ja aber nicht den „Touristenmagneten“ finden, sondern den echten Mittelpunkt der Erde. Wie bereits erwähnt, lagen die Franzosen im 18. Jahrhundert etwas daneben. Der „echte“ Äquator liegt also neben dem offiziellen Denkmal und auch hier hat man gebaut: Das Museo Inti-Ñan oder Solarmusem wurde von einer privaten Stiftung gegründet und zeigt neben einigen indigenen Artefakten und Hütten (und originalen Schrumpfköpfen…) eine rote Linie. Diese soll den echten Äquator markieren. Ich sage wieder soll, denn auch wenn diese Linie durch Militär-GPS ermittelt wurde, so war mir das ganze Hokus-Pokus drum herum doch etwas suspekt.

Beispielsweise wurde uns ein Experiment gezeigt, bei dem Wasser durch einen Abfluss floss – einmal auf der roten Linie, einmal auf der Süd- und einmal auf der Nordseite. Das Wasser floss auch tatsächlich einmal gerade, einmal im Uhrzeigersinn und einmal entgegen ab. Aber wenn ihr euch das Video ganz genau anschaut, dann seht ihr vielleicht, wie dem nachgeholfen wurde. (Jan ist das aufgefallen. Ich hätte ja auf die Finger des Guides im Wasser getippt, aber die waren es nicht.)

Weitere „Beweise“ konnten wir uns selbst erarbeiten: So soll das Balancieren mit geschlossenen Augen auf dem Äquator einfacher sein als woanders. Da mein Gleichgewichtssinn an meinen besten Tagen eher mittelmäßig ist, habe ich natürlich auch auf der roten Linie versagt. Dafür ist es sowohl Jan als auch mir gelungen, ein Ei auf einem Nagel(kopf) zu balancieren. Wir dürfen uns deshalb ab sofort egg-masters, also Ei-Meister nennen – komplett mit Urkunde!

Und wo liegt jetzt dieser Äquator wirklich?

Ich gebe zu, wir können diese Frage nicht abschließend beantworten. Hier steht Aussage gegen Aussage. Die Militär-GPS-ermittelten Koordinaten sind wahrscheinlich die genauesten, aber wenn der Äquator rein messtechnisch wirklich wandert, was bedeutet das dann für all diese Linien?

Was ich weiß ist, dass ich hier nicht weggehen wollte, ohne auch auf meinem Handy die magische Nuller-Reihe zu sehen. Wir wanderten deshalb noch einmal ein paar Meter weiter und sahen zu, wie die Sekunden auf meinem Geocaching-GPS langsam Richtung 000‘‘  tröpfelten. Und dann standen wir an einer Straße. Einer sehr hässlichen Straße sogar, auf der irgendwo – laut meinem Handy – der Äquator verlaufen sollte. Glücklicherweise hat die Straße wohl doch einen kleinen Winkel zur Nulllinie, so dass wir nur lange genug daran entlangwandern mussten, um Erfolg zu haben.

5 Comments

  1. Pingback: Quito: auf nach Ecuador! | Travel-Dvootes.de

    1. Für den sind wir auch extra nochmal zurück. Beim ersten Besuch hatten wir das nämlich völlig vergessen, obwohl wir extra die Pässe mitgenommen hatten. ??‍♀️ Zum Glück hat uns der Wächter der Schranken auf dem Rückweg vom Solarmuseum noch mal reingelassen.

  2. Das muss ein wirklich toller und interessanter Ausflug gewesen sein. Aber wo nun der Äquator wirklich verläuft, ist mir immer noch schleierhaft. Scheint gar nicht einfach zu sein, den “Mittelpunkt der Erde” zu bestimmen. Tja und die Sache mit dem Wasser……… Jetzt habe ich mir das kleine Video zwei Mal angesehen und das Einzige, was mir aufgefallen ist, ist, dass der Herr das Wasser aus unterschiedlichen Winkeln in das Becken gegossen hat. Aber kann das diesen Unterschied beim Abfließen des Wassers haben? Ich habe keine Ahnung.
    Das Balancieren eines Ei auf einem Nagelkopf, das finde ich aber wirklich cool. Ich glaube nicht, dass mir das hier gelingt, ohne eine schreckliche Schmierer-ei anzurichten. ?

    Kirsten55
    1. Ja doch, wir glauben, dass durch das Eingießen das Wasser schon einen kleinen “Spin” bekommt. Um so ein paar kleine Blätter zu bewegen, braucht es ja nicht viel.
      Darum steht die Wanne am Anfang auch schon gefüllt auf dem “Äquator”. Bis zum Beginn des Experiments kann sich dann alles setzen.

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