Copacabana: das Original am Titicacasee

Copacabana: das Original am Titicacasee

Bolivien. Neues Land, neues Glück. Wie einfach es hier ist mit dem Bus von einem Land ins andere zu reisen, erinnert schon fast an Europa. Allerdings wird hier noch in den Pass gestempelt. So auch am Grenzübergang Yunguyo auf dem Weg von Cusco in Peru nach Copacabana am Titicacasee in Bolivien.

Grenzfestival

Kurz vor der Grenze wurden wir vom Busfahrer aus dem Gefährt geschmissen, um uns einzeln bei der Passkontrolle anzustellen. Aber wo war bloß diese Passkontrolle? Wir sahen jede Menge Verkaufsstände mit Souvenirs, Imbisse und Menschen, die gegen Bezahlung irgendwelche Papiere ausfüllten. Das Ganze erinnerte mehr an ein Volksfest als an eine Grenze. Beinah wären wir tatsächlich an der Passkontrolle vorbeigelaufen. Carina und Cordula, die auch auf dieser Busfahrt mit von der Partie waren, taten es tatsächlich und fanden sich unvermittelt auf der bolivianischen Seite der Grenze wieder, wo sie jedoch nicht reingelassen wurden, da ihnen der Ausreisestempel fehlte. Sie reihten sich dann bei uns in der Schlange ein und wir alle bekamen problemlos den Ausreisestempel von Peru und den Einreisestempel von Bolivien. Viertes Land auf unserer großen Reise.

Copacabana: das Original

Zwanzig Minuten später hielt der Bus und spuckte uns im Zentrum von Copacabana aus. Copacabana in Bolivien, nicht in Brasilien. Das hier ist das Original, denn der Strand Copacabana in Brasilien ist tatsächlich nach diesem Ort in Bolivien benannt, nachdem dort eine kleine Kapelle zu Ehren des Wallfahrtsortes errichtet wurde. Wallfahrtsort? Ja, das ist Copacabana tatsächlich und das auch nicht erst seit gestern. Der kleine Ort blickt auf über 3.000 Jahre Geschichte zurück. Der Ort war eine Kultstätte der Colla oder Aymara, bevor die Inka ihn für sich entdeckten und ebenfalls als Zeremonialzentrum nutzten. Das liegt nahe, befindet sich die Isla del Sol im Titicacasee doch nur eine kleine Bootsfahrt vom Strand des Ortes entfernt. Diese Insel gilt in einigen Legenden der Inka als Wiege des Inkareiches.

Mit den Spaniern kam der christliche Glaube nach Südamerika und auch in Copacabana leisteten die Missionare ganze Arbeit. Sie mischten den inkaischen Glauben mit ihren christlichen Elementen, nutzten die Bedeutung des Ortes und machten es ebenfalls zu einem religiösen Zentrum. Diese Bedeutung hat Copacabana bis heute inne. Verehrt wird vor allem die wundertätige Schwarze Madonna. Als wir in der Stadt waren, fand gerade das wichtigste religiöse Fest statt: die Fiesta de la Virgen de Copacabana. Folglich war die Stadt voll mit Pilgern, viele davon aus dem nahen Peru. Das erkannten wir vor allem an den vielen peruanischen Autokennzeichen.

Autos mit Hut

Damit sind wir auch gleich bei einer Spezialität des Ortes, welche wir täglich beobachten konnten. Auf dem Platz vor der Basilika wurden bunt geschmückte Autos, alle mit einem glitzernden Hütchen, von Franziskanerpatern mit Weihwasser gesegnet. Dazu wurden die Türen, der Kofferraum und natürlich auch die Motorhaube geöffnet, woraufhin eben jene Pater mit einer Art Staubwedel geweihtes Wasser aus einem kleinen Eimerchen auf die offen daliegenden Innereien des Autos verteilten. Im Motorraum fanden sich häufig außerdem noch Miniaturen von Gegenständen, die sich die Eigentümer der Fahrzeuge wünschten: weitere (größere!) Autos, Häuschen, Läden, Kinder und immer wieder: ausgedrucktes Geld. All diese Dinge wurden bei der Gelegenheit gleich mit gesegnet. Am Ende schnell noch ein paar Knaller unters Auto, einen Schnappschuss der glücklichen Eignerfamilie mit dem Pater, einem Bild des Hausheiligen und natürlich dem Fahrzeug (kann auch ein Bus oder ein LKW sein), eine kleine Bier- oder Sektdusche für den fahrenden Untersatz und schon ist der nächste dran. Unser Reiseführer schreibt dazu: Autoversicherung auf bolivianische Art.

Bis auf dieses für uns doch etwas seltsam anmutende Ritual hat Copacabana touristisch nicht allzu viel zu bieten, wäre da nicht der Titicacasee, an dessen Ufer die Stadt liegt. Von den Stegen am Strand fahren täglich zahlreiche Boote zur Isla del Sol und zur Isla de la Luna. Zumindest der Isla del Sol wollten wir einen Besuch abstatten. Auch um sagen zu können: Wir waren am und auf dem Titicacasee.

Die Wiege des Inkareichs

Der ursprüngliche Name der Insel lautet Titicachi, von welchem sich letztlich auch der Name des Sees ableitete. Sie war laut einer Legende der Geburtsort des Schöpfergottes Wiracocha, des ersten Inka Manco Capac und seiner Frau Aymara. Für die Inka waren sowohl die Insel als auch der ganze Titicacasee als Wiege ihres Imperiums Heiligtümer. Einige Ruinen auf der Insel zeugen heute noch von ihrer Bedeutung.

Etwa eineinhalb Stunden dauerte die Bootsfahrt zur Südspitze der Insel, wo wir abgesetzt wurden und prompt vor den ersten Ruinen standen. Natürlich sind diese bei Weitem nicht so spektakulär wie zum Beispiel Machu Picchu. Aber die Urheber sind doch unverkennbar und hier konnten wir einfach auf eigene Faust umherstreifen. Wir wollten von diesen ersten Ruinen nach Yumani, etwas weiter nördlich, laufen, wo uns das Boot einige Stunden später wieder einsammeln sollte.

In-Situ-Geologie-Vorlesung

Auf dem Weg dahin kletterten wir über einen kleinen Bergrücken auf dem Cordula, ihres Zeichens Geologiestudentin, plötzlich völlig aus dem Häuschen war. Wir befanden uns quasi an einem Strand. Auf einem Bergrücken in 4.000 Meter Höhe auf einer Insel im Titicacasee. Im Gestein hatte sie einige Spurenfossilien und versteinerte Muscheln entdeckt. Mit einem Mal waren auch Maria und ich im Fossilienfieber und kletterten über die Felsen und auch wir fanden immer mehr. Cordula nutzte die Situation für eine In-Situ-Geologie-Vorlesung für uns. Großartig.

Der Weg zum Hauptanleger der Insel war nicht weit und wir waren ganz fix da. Ganz in der Nähe gibt es noch die Inkaquelle, die Inkatreppe und eine Zeremoniewand der Inka. Alles nicht sonderlich spektakulär, deshalb nur eine kurze Erwähnung. Für uns waren die Fossilien tatsächlich das Highlight der Insel.

Trucha á la Titicacasee

Erwähnenswert sind noch die zahlreichen Fischimbisse, die sich in kleinen Zelten direkt am Strand niedergelassen haben. Dort genossen wir bei Kerzenschein (es war gerade Stromausfall) in Gesellschaft von Cordula, Carina, Lea und Sebastian eine leckere Trucha, eine Forelle, direkt aus dem See. Diese sind eine Spezialität der Region, auch wenn es sich um vom Menschen eingeschleppte amerikanische Forellen handelt, die dem ursprünglichen Fischbestand des Sees arg zusetzen.

Für uns ging dieser kurze Zwischenstopp sehr schnell zu Ende. Natürlich hätten wir auch noch zu den schwimmenden Inseln fahren (die sollen allerdings extrem touristisch sein) oder ein paar weitere Berge erklimmen können (aber unsere Muskeln wollten ruhen), doch wir entschieden uns dagegen, denn auf uns wartete bereits Uyuni.

14 Comments

    1. Persönliche, telefonische Berichte sind zwar schöner, aber auch konfuser, oder? ? Unsere Reisegemeinschaft musste sich inzwischen auflösen und wir vermissen die vier auch ganz dolle. Glücklicherweise haben wir schon die nächsten, tollen Bekanntschaften geschlossen.

  1. eine tolle Autoversicherung und was für ein bunter Empfang für Euch in Bolivien.
    Die Fossilienbegeisterung kann ich sehr gut nachvollziehen,denn das erlebte ich oft
    mit Opa Dieter.Viel Freude für Euch! O.Karin

    Oma
    1. Ob die Autoversicherung wirklich so toll ist? Uns wäre ja lieber, die Fahrer würden weniger auf göttlichen Beistand vertrauen und sich mehr aufs Fahren konzentrieren…

      Ja, als wir die Fossilien entdeckt haben, musste ich auch sofort an Opa denken. Das hätte ihm so gut gefallen dort!

  2. Dieses “Drachenboot” ist ja wirklich fantastisch, darüber über den See zu gleiten muss wirklich wunderbar sein.
    Staunen muss ich auch immer wieder über diese quietschbunten süßen Waren, die scheints überall angeboten werden, ist das immer Lebensmittelfarbe?
    Die “Autosegnung” ist auch nicht ohne, kann ich aber durchaus nachvollziehen, inklusive der lustigen Tricks, heimlich weiteres segnen zu lassen.
    Ganz knuffig fand ich eine Geschichte, die ich für Sucre gefunden habe: Auch dort wird Maria besonders verehrt und Frauen, die keine Kinder mehr wollen, bringen ihr eine Puppe und bitten, keine Kinder mehr zu schicken. Frauen, die Kinder wollen, gehen zu Maria und nehmen sich eine Puppe und bitten sie, ihnen ein Kind zu schicken.
    Das fand ich derart rührend, ich musste es einfach weiter erzählen.

    Kirsten55
    1. Also das haben wir noch nicht gefragt, ob das alles Lebensmittelfarbe ist, aber ich gehe mal schwer davon aus. Wir haben aber so viele Leute davon essen sehen, und die sahen alle noch einigermaßen gesund aus. ?

      Wir sind ja gerade in Sucre, aber diese Puppen haben wir noch nicht gesehen. Wir halten morgen noch einmal die Augen auf.

      1. Fähnchen in der Stadt Sucre und ich dachte, ihr seid vom Salz in den Zucker gefallen ?.
        Ich glaube, ich habe von diesem Brauch mit den Puppen im Zusammenhang mit einem Museum (Museo de los Ninos?) gelesen.
        Da ich nicht bei Instagram bin, aber mit Begeisterung eure Fotos anschaue (die Fotomontagen haben mich völlig verblüfft, wie macht man so etwas bloß? ) habe ich auch dieses Bild von der seltsamen Pflanze gesehen. Könnte es Bergmoos sein? Hier heißt es Weißmoos oder Ordenskissenmoos. Wiki sagt, lateinischer Name sei Leucobryum.

        Kirsten55
          1. Yareta oder Llareta ist tatsächlich der korrekte Name der Pflanze. Mittlerweile taucht der auch im Artikel über Uyuni auf.

            Den Brauch mit den Puppen haben wir in Sucre leider nirgendwo gesehen. Es wäre aber spannend gewesen. Der klingt ja wirklich sehr nett.

            Jan
  3. ich bin von euern großartigen Fotos immer wieder begeistert,jetzt auch noch diese witzigen Montagen auf instagram! Jan.Du hast auch ein besonders gutes Auge für ein gelungenes Bild! Danke!
    O.Karin

    Oma
    1. Wir freuen uns immer wieder, wenn euch unsere Bilder so gut gefallen. Dabei darf nicht unerwähnt bleiben, dass wir beide fleißig fotografieren. Ich bin außerdem davon überzeugt, dass Maria das bessere Motiv-Auge hat. Glücklicherweise könnte ich mir schon einiges bei ihr abschauen.

      Die Bilder aus der Salzwüste von Uyuni sind eigentlich auch keine Montagen, sondern clever gemachte Fotos, an denen nichts nachträglich gebastelt würde. Alle Bilder haben wir so wie sie zu sehen sind fotografiert.

      Jan
  4. Pingback: | Travel-Dvootes.de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert