Pakse: der Bolaven-Loop

Pakse: der Bolaven-Loop

Offenbar sind mehrtägige Moped-Touren das Ding in Laos. Zumindest gibt es in diesem Land gleich mehrere sogenannte Loops, also Rundfahrten. Der bekannteste Vertreter heißt denn auch einfach „The Loop“ und befindet sich in der Mitte Laos‘. Etwas weiter südlich davon liegt das Bolaven-Plateau und auch dort gibt es einen Loop, der in Pakse seinen Ausgangspunkt hat. Weil wir uns partout nicht für eine dieser beiden Rundfahrten entscheiden konnten (und ohnehin in Pakse Zwischenstopp machten mussten), entschlossen wir uns kurzerhand beide Loops zu fahren.

Weltkulturerbe Vat Phou

Während Pakse selbst für uns wenig zu bieten hatte, war uns die Gegend drum herum noch einen Ausflug wert, bevor wir uns auf die zweitägige Tour über das Plateau machten. Südlich von Pakse gibt es in Champasak nämlich einen alten Khmer-Tempel, den Vat Phou (die laotische Schreibweise für Wat). Dies ist die wahrscheinlich bedeutendste Tempelruine Laos‘ und weckte deshalb unsere Neugierde.

Außerdem ist der Vat Phou mit der dazugehörigen Siedlung um Champasak eine von aktuell nur zwei UNESCO Weltkulturerbestätten in Laos. Die zweite, Luang Prabang, wollten wir später besuchen. Wann schafft man es schon mal, alle Weltkulturerbestätten eines Landes gesehen zu haben – vor allem, wenn man es gar nicht darauf anlegt?!

Klar, dass uns bei Champasak kein Tempel von den Ausmaßen Angkor Wats erwartete. Stattdessen sahen wir eine schöne, an einer Bergflanke mit herrlicher Aussicht gelegene Tempelanlage. (Vat Phou kann passenderweise mit „Tempel-Berg“ übersetzt werden.)

Hinter dem Tempel ragt die Bergspitze des Phou Kao in den Himmel. Ihre charakteristische Form muss viel dazu beigetragen haben, dass dieser Berg als heiliger Berg galt. Zur Erinnerung: Der phallische Linga ist das Symbol Shivas, des hinduistischen Gottes der Zerstörung, aber auch des Neubeginns.

Am Fuß des Berges liegen zwei große, künstlich angelegte Wasserreservoirs. Von diesen führt ein langer Steinweg zum eigentlichen Tempel. Weitere Phallus-Pfosten säumen diese Strecke, an deren Ende man auf zwei große, rechteckige Gebäude trifft. Der Zweck dieser Gebäude ist noch unklar. Das macht sie aber nicht weniger attraktiv.

Tempel mit Aussicht

Mehrere steile Treppen führen schließlich über mehrere Terrassen und vorbei an den Überresten einiger Wächterstatuen hinauf zum zentralen Heiligtum von Vat Phou.

In dessen Nähe sprudelt eine kleine Quelle (zumindest war sie bei unserem Besuch nicht mehr als ein tröpfelndes Rinnsal). Von hier hat man auch einen wunderbaren Blick auf das umliegende Land, sowie auf die nun zu Füßen liegende Tempelanlage.

Unweit des Heiligtums gibt es außerdem einen Bereich, in dem scheinbar wahllos große Felsen herumliegen. Teilweise sind sie behauen und scheinen einmal Teile von Gebäuden gewesen zu sein, teilweise liegen sie wie vom Berg ausgespuckt.

Drei Steine üben dabei eine besondere Faszination aus: Der Elefant, die Schlangen und das Krokodil. Während wir das große, lebensnahe Elefantenrelief fast sofort sahen, mussten wir nach den Schlangen und dem Krokodil etwas suchen.

Weshalb diese Tierbildnisse hier in die Steine gehauen wurden, ist nicht bekannt. Einer populären Geschichte nach wurden in dem Krokodil Menschenopfer dargebracht. Wenn man sich die Form dieses Reptils so anschaut, dann versteht man, wie Leute auf die Idee gekommen sein könnten. Trotzdem handelt es sich bei der Geschichte wohl um ein reines Hirngespinst.

Mopeds auf dem Mekong

Auf dem Rückweg machten wir in Champasak Halt, um mit Blick auf den Mekong einen Eiskaffee zu schlürfen. Darüber hinaus mussten wir uns mental auf die bevorstehende Flussüberquerung vorbereiten. Denn statt die zugegebenermaßen gut ausgebaute, aber auch sehr langweilige Straße vom Hinweg ein zweites Mal zu fahren, wollten wir auf der anderen Seite des Mekongs zurückfahren.

Vom Verleiher unserer Mopeds hatten wir dazu klar Anweisungen erhalten, sowie die dringende Empfehlung, auf dieses Abenteuer nicht zu verzichten. Wenn der schon so zuversichtlich seine Mopeds in fremden Händen über den Mekong schickte, konnte es doch eigentlich nicht so schlimm werden, oder?

Nun, das Schlimmste war vielleicht wirklich nur die Fahrt hinunter zum Flussufer. Durch die Regenfälle der letzten Tage war ich nämlich gar nicht so sicher, ob ich mein Moped in dem Schlick rechtzeitig zum Stehen kriegen würde.

Mit klopfendem Herzen und durchgedrückten Bremsen schlitterten wir mehr als dass wir fuhren, aber irgendwie kamen wir unten an. Wir drückten dem wartenden Fährmann das abgezählte Geld in die Hand und dann nahm er unsere Mopeds in die seinige.

Glücklicherweise, muss man sagen! Denn ich hätte mein Zweirad im Leben nicht sicher auf das kleine Langboot gekriegt. Damit auch die Überfahrt ohne Kentern vonstatten gehen würde, mussten Jan und ich uns auf unsere Mopeds setzen und diese gegen Umfallen sichern. Wir waren froh, dass sowohl der Mekong als auch unser Fährmann es nicht eilig hatten und wir die Schwimmfähigkeiten unserer Mopeds nicht testen mussten.

Kaffeeland Laos

Das Bolaven-Plateau bietet ein in Laos einzigartiges geologisches System. Vulkanisches Gestein, auf 1.000 bis 1.300 Meter über dem Meeresspiegel. gelegen, kühlere Temperaturen als im Rest des Landes und reichlich Regen sorgen für beste landwirtschaftliche Bedingungen. Für uns überraschend wird hier auch Kaffee angebaut. Genauer gesagt ist das Plateau Laos‘ einzige ernstzunehmende Kaffeeregion.

Der Kaffee wird von etwa 20.000 Familien in 250 Dörfern angebaut, darunter auch etliche ethnische Minderheiten. (Bolaven heißt übersetzt etwa „Land der Laven“, die ursprünglich der dominierende Stamm hier waren. Allerdings handelt es sich dabei lediglich um den touristischen Namen der Region.) Der Kaffee ist also ein bedeutender Teil der Wirtschaftskraft und des täglichen Lebens in diesem Teil von Laos. Immerhin 15.000 bis 20.000 Tonnen Kaffee werden hier inzwischen angebaut und zu einem großen Teil exportiert.

Der berühmt-berüchtigte „Laos-Kaffee“, der vor Ort serviert wird, ist meist gestreckt mit geröstetem Reis oder anderem Getreide. Vermengt mit einer großen Menge süßer Kondensmilch, vielen Eiswürfeln und optional zusätzlichem Zucker macht das aber gar nichts. (Dies ist im Übrigen die klassische Eiskaffee-Variante Südostasiens. Lecker, erfrischend, aber ganz und gar nicht gut für die Figur.)

Landschaftlich glänzt das Bolaven-Plateau vor allem durch zahlreiche Wasserfälle. Diese sind jetzt am Ende der Trockenzeit vielleicht ein bisschen weniger imposant als sonst. Durch die überdurchschnittlich hohe Niederschlagsmenge ist jeder von ihnen aber auch jetzt einen Abstecher wert gewesen.

Erster Wasserfall, erster Kaffee

Gesagt, getan. Erster Stopp am ersten Tag des Bolaven-Loops war der Tad Pasuam Wasserfall. Wie an allen Wasserfällen wurde eine kleine Gebühr für Eintritt und „bewachten“ Stellplatz fällig. Nachdem wir in Neuseeland so viele wunderbare Wasserfälle gesehen hatten, ganz ohne ein Ticket ziehen zu müssen, wurmt mich das immer ein bisschen. Auf der anderen Seite sind die Menschen hier bitterarm und können das zusätzliche Einkommen durchaus gebrauchen.

Wir hatten am Vortag bereits festgestellt, wie schnell einem der Hintern weh tun kann auf diesen Mopeds. Darum waren wir froh, als der nächste Halt in Sicht kam: Mr. Viengs Kaffeeplantage und Homestay. Mr. Vieng lebt im kleinen Ort Katu und ist einer von zwei englischsprachigen Kaffee-Experten auf dem Loop. Zumindest wurde uns das so gesagt. Wir sind nicht lange genug geblieben, um diese Behauptung zu überprüfen. Denn wir waren nicht die einzigen Besucher dort und nachdem eine Weile nach uns noch eine zehn Mann starke Truppe ankam, wurde uns die Gruppe für die angebotene Führung einfach zu groß.

In Tad Lo

Nachdem wir unseren obligatorischen Kaffee getrunken hatten (der durchaus gut war, aber wir sind auch keine Kaffee-Connaisseure), erarbeiteten wir uns also lieber ein wenig Vorsprung. Nachmittags kamen wir mit schmerzenden Hinterteilen am Etappenziel an. Tad Lo ist ein wunderbarer kleiner Ort mit gerade der richtigen Mischung aus laotischem Dorfleben und touristischer Infrastruktur, um sich wohl zu fühlen. Wir hätten hier gut noch einen zusätzlichen Tag verbringen können.

In Tad Lo kommt man um zwei Wasserfälle nicht herum. Der Tad Hang Wasserfall befindet sich quasi direkt im Dorf und wird auch von den Einheimischen gerne und intensiv als Bade- und (verbotenerweise) Angelbecken genutzt. Eine wacklige Bambus- und Holzkonstruktion führte uns über die untersten Terrassen des Wasserfalls, vorbei an einem schrecklichen Neujahrsschild. (Die Laoten feiern genau wie die Thais und die Kambodschaner ihr Neujahr im April. Das war also noch nicht so lange her.)

Da standen wir also mitten im Wasserfall und machten fleißig Fotos. Nur als wir umdrehen wollten, stellten wir fest, dass der Steg jetzt halb unter Wasser lag. Und der Tad Hang Wasserfall selbst war plötzlich auch viel voller und beeindruckender als noch vor einer Minute. Da hatte doch irgendjemand den Wasserhahn aufgedreht!

Der zweite Wasserfall, der den gleichen Namen wie das Dorf trägt, ist ein wenig versteckter. Der kurze Treck dorthin und die Kletterei hinunter lohnen sich aber. Nicht nur, dass es ein wirklich schöner und beeindruckender Wasserfall ist, wir hatten ihn auch noch ganz für uns. Ein schönes Fleckchen Erde war das dort.

Laos – Land der Elefanten

Laos ist auch ein Land der Elefanten. Es trägt sogar den Beinamen „Land der Millionen Elefanten“. Immer noch soll es hier wilde Elefanten geben, aber deren Zahl ist inzwischen sehr überschaubar und wird auf etwa 400 Exemplare geschätzt. Tendenz rapide sinkend. Wurden diese grauen Riesen früher als Arbeitstiere gehalten (und werden es wohl noch immer), scheint der Großteil von ihnen inzwischen dem Touristengewerbe zu dienen. So wie andernorts in Südostasien auch, gibt es in Laos zahlreiche Möglichkeiten, Elefanten zu reiten, mit ihnen zu baden oder einfach nur mit ihnen zu posieren.

Ich will nicht verheimlichen, dass ich vor sechs Jahren in Thailand auch auf einem Elefanten geritten bin. So blöd es klingt, damals wusste ich es nicht besser. Die Erfahrung selbst war ernüchternd unspektakulär und kurz und mit dem Wissen über Haltung und Gesundheit der Tiere das wir heute haben, nehmen wir seither großen Abstand von solchen Angeboten.

Auch in Tad Lo gibt es zwei zu einem Resort gehörige Elefantendamen, die hier mit Touristen auf dem Rücken ihre Runden drehen müssen. Ganz ausdrücklich ohne eine Lanze für das Elefantenreiten brechen zu wollen, war ich doch positiv überrascht über das, was wir von dem Umgang mit den Tieren sahen. Denn zweimal am Tag werden die Elefanten im Fluss gebadet und das ist ein Schauspiel, das frei zugänglich ist. Die Mahouts ritten die die Tiere ohne Stahlhaken zu nutzen, ohne Seile um den Hals. Die Tiere wirkten insgesamt recht entspannt auf uns. Das machte der zweiten Elefantenkuh zwar auch nicht mehr Lust auf ihr Bad, aber am Ende tauchte auch sie mehrfach unter, um Staub, Schmutz und Parasiten loszuwerden. (Und den Mahout, der flugs ans felsige Ufer sprang und seinen Elefanten auf dem Trockenen wieder in Empfang nahm.)

Neuer Tag, neuer Kaffee

Der zweite Tag des kleinen, nur gut 200 Kilometer langen BolavenLoops sollte der schönere und interessantere sein. In der Tat hätten wir, wäre uns genug Zeit gegeben, diese Strecke gerne geteilt. Von dem „großen“ Loop, den man auch machen könnte und für den man mindestens noch einen weiteren Tag einplanen muss, ganz zu schweigen. Im Nachhinein betrachtet haben wir uns ein wenig zu sehr gehetzt. Das ist eine Lektion, die wir scheinbar wieder und wieder erhalten und doch nicht lernen…

Auch ein früher Start in Tad Lo bringt da wenig. Denn um 09:30 gibt Mr. Hook seine erste Führung, und die soll man auf keinen Fall verpassen. Mr. Hook ist der zweite Kaffee-Experte und er kann tatsächlich Stunden über Stunden über Kaffee referieren. Darüber beispielsweise, dass die Franzosen die Pflanze Anfang des 20. Jahrhunderts mitbrachten, weil der Bedarf in Europa immer größer wurde. Die ersten Anbauversuche scheiterten allerdings an verschiedenen Dingen, vor allem wohl am mangelnden Wissen sowohl der Laoten als auch der Franzosen. Niederländer und Deutsche waren zu verschiedenen Zeiten auch irgendwie am Kaffeeanbau und -handel beteiligt. Um ehrlich zu sein waren es einfach zu viele Informationen, die Mr. Hook dort verteilte und Kaffee ist nun einmal nicht unsere Leidenschaft. Spannender waren da schon die verschiedenen medizinischen Eigenschaften des Kaffees. Oder seine Tipps, wie man durch das Kauen von Kaffeebohnen unbehelligt durch eine Alkoholkontrolle käme.

Traditionelles Leben

Doch genau genommen hatten wir nicht wegen des Kaffees bei Mr. Hook gehalten. Denn Mr. Hook wohnt in einem indigenen Dorf, Kokphoungtai, und seine Führung führte nicht nur über seine Kaffeeplantage, sondern auch durch dieses Dorf mit 700 Einwohnern. Gleichzeitig erklärte er viel zum traditionellen Lebensstil seiner Leute, ihrem Glauben, ihrem Denken.

So sind die meisten Menschen hier immer noch tief in einem animalistischen Glauben verhaftet, bei dem die Geister von Bäumen, Flüssen, Bergen, Menschen, Tieren, Häusern und Gegenständen omnipräsent sind. Es gibt ein delikates Geflecht aus Verhaltensregeln, Sitten und Gebräuchen, die all dies in Einklang halten. Beispielsweise war es uns nicht erlaubt, an Häuser zu klopfen, weil dies böse Geister in das Haus bringen würde.

Während das Dorf sich rein architektonisch nicht sehr von anderen Dörfern unterschied, die wir bereits gesehen hatten, waren wir von anderen Anblicken doch sehr befremdet. Glücklicherweise waren wir vorgewarnt und wussten, was uns erwartet. Kinder fangen mit drei Jahren an, aus großen Bambuspfeifen zu rauchen und schon Säuglingen wird der Pfeifenqualm von ihren Müttern ins Gesicht geblasen.

Für uns unbegreiflich

Mädchen können verheiratet werden, sobald sie ihre Tage bekommen. Häufig an deutlich ältere Männer. Es sei nicht ungewöhnlich, 13jährige mit einem großen Babybauch zu sehen, waren wir gewarnt worden. Die Mädchen gehören nach der Hochzeit zur Familie des Mannes, der durchaus auch mehr als eine Frau haben kann. Zumindest war dies traditionell so. Die laotische Regierung hat Polygamie inzwischen offiziell verboten, es gibt allerdings immer wieder Ausnahmen. Wo kein Kläger, da kein Richter. (Und wenn doch, lässt sich alles mit Geld regeln.)

Mehrere Generationen einer Familie leben zusammen in einem Haus. Das können bei einem älteren Ehepaar durchaus mehrere Dutzend Menschen sein, wenn ihre Kinder bereits verheiratet sind und eigene Kinder haben. Erst wenn beide Eltern gestorben sind, können ihre Kinder ausziehen und ihre eigenen Häuser bauen. Dafür wird der gesamte Besitzstand der Eltern an die Kinder aufgeteilt und auch Häuser werden „geteilt“. Mr. Hook selbst lebt mit seiner Mutter, seiner Frau und seinen Kindern, sowie seinem Bruder und dessen Familie zusammen.

Ein weiter Weg

Die ganz junge Generation stemmt sich zunehmend gegen die Traditionen ihrer Eltern und Großeltern. Sie wollen heiraten, wen sie möchten, sie wollen ihre eigenen Wege gehen. Auch schafft es ein bisschen mehr Bildung in die Dörfer. Davon darf man allerdings nicht zu viel erwarten. Viele Kinder können mühsam ein wenig lesen und schreiben, bevor sie die Schule abbrechen und wieder voll im heimischen Haushalt oder auf den Feldern helfen.

Da ist es nicht verwunderlich, dass sich viele vermeintlich abwegige Vorstellungen hartnäckig halten. Die älteren Dorfbewohner glauben fest daran, dass die Erde flach sei. (Sonst würden sie ja herunterfallen von dieser komischen Kugel.) Weiße Menschen haben zu viel grünes, rotes oder blaues „Wasser“ getrunken. (Wobei sie damit eigentlich Limonaden meinen, die es hier in allen Farb- aber nur einer Geschmacksrichtung gibt: Chemisch.) Auch Wissen darüber, wo viele Nahrungs- und Genussmittel herkommen und über eine ausgewogene Ernährung scheint trotz des landwirtschaftlichen Hintergrunds in erschreckend geringem Maße vorhanden zu sein.

Es gibt in Laos viele kleine Projekte, die Bildung und Wissen in das Land bringen sollen und die Menschen hier selbstbestimmter, autarker, in Gewissem Sinne freier werden lassen. Doch bis es so weit ist, scheint es noch ein langer Weg zu sein.

Jan ist platt

Die kurze Zeit in Kokphoungtai war lehrreich, bestätigte vieles, was wir bereits gesehen hatten, erklärte einige Hintergründe, stimmte uns aber auch sehr nachdenklich. Eine Stimmung, die anhielt, während wir Kilometer um Kilometer abspulten.

Bis Jan anfing, langsamer zu werden und sich immer wieder zu seinem Hinterreifen umzuwenden. Stimmt, dem ging gerade die Luft aus. Wir hatten noch unseren Moped-Vermieter im Ohr, der sagte, „Ruft nicht wegen eines platten Reifens an.“ Offenbar gehört das hier eher zur Regel denn zur Ausnahme.

Erwartungsgemäß war die nächste Werkstatt auch nicht weit. Mit viel Lächeln, wenig Englisch und wildem Gestikulieren hatten wir den Weg hierhin erfragt und fanden dort zwei junge Menschen vor, die bereits fleißig an Mopeds und Pick-Ups herumbastelten. Das sah alles beruhigend entspannt und routiniert aus.

Dass der Mopedreifen so schnell repariert sein würde, hätten wir allerdings nicht gedacht. Ganz klar, platte Reifen kommen hier ständig vor. Und das Ganze kostete uns nur wenig mehr als einen Euro – inklusive Flicken! Verrücktes Land, in dem eine Tuk Tuk Fahrt mehr als eine Übernachtung, ein Essen mehr als eine Reifenreparatur kostet.

Ein letzter Wasserfall

Der platte Reifen, Mr. Hooks sehr ausführliche Führung und der obligatorische Regenschauer am Nachmittag hatten uns einiges an Zeit gekostet. Zwar wollten wir heute gar nicht bis ganz nach Pakse zurück, aber es lagen trotzdem noch einige Kilometer vor uns. Wir beschränkten uns daher auf den Besuch eines einzigen weiteren Wasserfalls. Der Tad Yuang Wasserfall gilt als der schönste auf diesem Teil des BolavenLoops. Ohne die anderen gesehen zu haben würden wir das auf keinen Fall ausschließen.

Heimat an der Straße

Wir wollten am nächsten Morgen weiter Richtung Thakhek fahren, hatten aber keine Lust, noch eine Nacht im langweiligen Pakse zu verbringen. Deshalb steuerten wir knapp 35 Kilometer vor der Stadt einen Homestay an, der uns vom Moped-Verleiher empfohlen wurde. Nachdem wir in Kambodscha schon so gute Erfahrungen damit gemacht hatten, waren wir ohnehin scharf auf ein bisschen mehr Homestay. Dieser hier war zwar weniger familiär und herzlich, dafür gab es aber immerhin eine richtige Dusche. Ein wahrer Luxus nach der langen, staubigen Straße.

Die Schlafgelegenheiten waren allerdings ähnlich spartanisch wie auf Koh Trong: Dünne Matratzen auf dem Boden, darüber ein Mückennetz. Eine neue Erfahrung war die Lage direkt an der Straße. Bedenkt man, wie viele Dörfer sich in Südostasien entlang Straßen ziehen, bekamen wir hier einen Eindruck davon, wie ein Großteil der Bevölkerung wohnt und schläft. In einem Wort: Laut.

Da wir am nächsten Tag ohnehin vor Sonnenaufgang los mussten, war das für uns nicht ganz so schlimm. Es festigte jedoch die Erkenntnis, wie privilegiert wir eigentlich sind und wie dankbar wir dafür sein sollten. Für unseren Wohlstand, unsere Bildung, unsere Möglichkeiten.

4 Comments

    1. Das stimmt. Diese ganzen Floskeln “abseits der ausgetretenen Pfade”, “die Kultur kennen lernen”, “richtig eintauchen” kommen leicht von den Lippen, wenn man zu Hause sitzt und träumt. Vor Ort gestaltet sich das dann meist viel schwieriger. Du wirst es selbst wissen. Da stehen Sprachschwierigkeiten, logistische Hürden und natürlich auf allen Seiten gewisse kulturelle Vorurteile im Weg. Und mal ehrlich – wer würde denn Touristen bei sich aufnehmen, die nur zwei Tage da bleiben, einen Haufen Fotos machen und von denen jeder mehr Geld hat, als die eigene Familie in einer Generation verdient? Deshalb sind wir immer froh und dankbar, wenn wir die Möglichkeit haben, auf einen “Dolmetscher” und Erklärer zurückzugreifen. Ansonsten schauen wir gerne auch von außen und drängen uns halt nicht so auf. Da sind wir einfach nicht die Typen für.

  1. Von Laos erfährt man bei uns recht wenig, daher ist es so besonders schön, durch euren Bericht zumindest ein bisschen zu erfahren. Ganz toll finde ich immer, wenn ihr auch ein wenig von den Menschen berichtet, die euch auf eurer Reise begegnen.

    Kirsten55
    1. Wir versuchen jetzt wieder mehr, auch ein wenig über die Menschen zu berichten. Beim Schreiben fallen solche Dinge manchmal unter den Tisch, frag mich nicht, wieso.
      Außerdem ist es als Außenstehender tatsächlich schwer, wirklich Einblicke in das Leben der einheimischen Bevölkerung zu bekommen. Und wir wollen auch nicht so tun als ob… Aber wir werden wieder mehr darauf achten, das bisschen, das wir sehen und erfahren, auch einfließen zu lassen.

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